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Kekulé von Stradonitz, Reinhard
Zur Deutung und Zeitbestimmung des Laokoon — Berlin, Stuttgart, 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.13447#0015
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So gewaltig ist die griechische Kunst, dass sie noch in
späten Ausläufern auf Naturen wie Goethe und Winckelmami
übermächtig wirkte. Es fällt uns schwer, das echtgriechische
im Laokoon heute so zu empfinden, wie es ihnen möglich war.
AVir dürfen uns glücklich preisen, dass wir unsere Anschauung
ans so viel reineren und volleren Quellen schöpfen können. Die
stellvertretende Wirkung, welche ein getrübtes und teilweises
Erkennen der Wahrheit ausüben kann, ist eine der Tröstungen,
die dem Menschen in sein geistiges Ringen mitgegeben sind.
Aber sie soll nicht träge im Forschen nach der vollen Wahr-
heit machen. Der Glaube an den Laokoon als an eine recht
eigentlich vorbildliche höchste Leistung der griechischen Kunst
lässt sich nicht festhalten. Er ist für uns nicht mehr ein leuch-
tendes Meteor im Dunkel von Jahrhunderten, sondern er fügt
sich in eine feste Reihe ein.

An den Arbeiten, welche den jetzt lebenden zufallen, suchen
die nachfolgenden Erörterungen über den Laokoon bescheident-
lich Teil zu nehmen. Ich habe mich dabei bestrebt, mich an
das wesentliche und entscheidende und an das mit Worten be-
stimmt ausdrückbare zu halten, dagegen das Gebiet des persön-
lichen und wechselnden Empfindens so viel als irgend möglich
einzuschränken.
 
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