VORWORT
Auch das moderne Sammelwesen hat bereits seine Geschichte. Nicht allzuoft kommen
in Deutschland Sammlungen unter den Hammer, die ein Spiegelbild der Entwicklung des
Geschmackes geben und zugleich ein Kapitel der modernen Kunst umschreiben, und nur selten
findet man bei solchen Gelegenheiten die Möglichkeit, von dem Kunstschatz selbst auf die
Persönlichkeit des Besitzers schließen zu können. In dem Maße, wie sich in den letzten Jahr-
zehnten das Großkapital in Deutschland überhaupt vermehrt hat, in dem Maße hat sich auch
im Norden und Süden unseres Vaterlandes die Freude zur Kunst entwickelt und nicht nur in
den Kunstmetropolen, sondern ebensosehr in der Provinz hat die Sammeltätigkeit einen
ungeahnten Aufschwung genommen. Nun ist es ja leider Tatsache, daß Reichtum nicht immer
auch die persönliche Kultur verbürgt, und daß ein großer Teil unseres Bilder kaufenden
Publikums sein Geld in künstlerische Werte steckt, die sich niemals mit Zins und Zinseszins
realisieren lassen. Trotzdem wird man auch in solchen Fällen das aktive Eintreten der
Amateure für zeitgenössische Kunst höher schätzen als eine von oben herab urteilende Kritik,
die im Verdammen stark — im eigenen Wagen aber meist sehr beschränkt ist, und das Beispiel
eines Sammlers, der selbst hier und dort im Künstlerischen arg daneben haut, ist volkswirt-
schaftlich von ungleich größerem Nutzen, als es der Wert des erworbenen Objektes an sich
glauben macht. —
Sammlungen, die überhaupt Ausdruck einer gewissen persönlichen Höhenkultur sind,
dürften im ganzen in Europa heute noch zu zählen sein. In Amerika existieren sie bis dato
so gut wie gar nicht, trotzdem dieses Land der Kunst im ganzen weit beträchtlichere Summen
opfert, als es die Muttererde Europa je vermögen wird. Noch seltener aber sind die
Kollektionen, bei denen die Besitzer aus dem Werden der Moderne heraus Werte für die
Zukunft entdecken. Wer freilich heute zu sammeln beginnt, ist viel glücklicher daran, als der
Kunstfreund, der vor zwei oder drei Jahrzehnten sein Geld in Bildern anlegte; denn es steht
unbedingt fest, daß der auf allen Kunstgebieten um die Jahrhundertwende entfesselte Kampf
im großen den Blick für Qualität geschärft und viel mehr auch auf das Gemeinsame der Völker
hingelenkt hat. Und eben daher kommt es, daß alle modernen Kunstsammlungen der jüngsten
Zeit mehr oder minder internationales Gepräge haben. Denn ebenso wie das Kunsterbe der
Vergangenheit längst Gemeingut der Nation geworden ist, ebenso werden die relativen Kunst-
werte, die die Gegenwart zeugt, im Abstand der Historie gleichmäßig wachsen. Dabei ist es
noch gar nicht sicher, daß Dinge, die wir heute vielleicht überwunden zu haben glauben, nach
einem Jahrhundert eine ähnliche Kurssteigerung erfahren können, wie es z. B. bei den lange
verachteten Holländern gegen Ausgang des 19. Säkulums der Fall gewesen ist.
Über derlei allgemeine Gedanken muß man sich erst einmal klar werden, bevor man
einer Sammlung, wie der des Geheimen Kommerzienrates Karl Eschebach gegenüber
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Auch das moderne Sammelwesen hat bereits seine Geschichte. Nicht allzuoft kommen
in Deutschland Sammlungen unter den Hammer, die ein Spiegelbild der Entwicklung des
Geschmackes geben und zugleich ein Kapitel der modernen Kunst umschreiben, und nur selten
findet man bei solchen Gelegenheiten die Möglichkeit, von dem Kunstschatz selbst auf die
Persönlichkeit des Besitzers schließen zu können. In dem Maße, wie sich in den letzten Jahr-
zehnten das Großkapital in Deutschland überhaupt vermehrt hat, in dem Maße hat sich auch
im Norden und Süden unseres Vaterlandes die Freude zur Kunst entwickelt und nicht nur in
den Kunstmetropolen, sondern ebensosehr in der Provinz hat die Sammeltätigkeit einen
ungeahnten Aufschwung genommen. Nun ist es ja leider Tatsache, daß Reichtum nicht immer
auch die persönliche Kultur verbürgt, und daß ein großer Teil unseres Bilder kaufenden
Publikums sein Geld in künstlerische Werte steckt, die sich niemals mit Zins und Zinseszins
realisieren lassen. Trotzdem wird man auch in solchen Fällen das aktive Eintreten der
Amateure für zeitgenössische Kunst höher schätzen als eine von oben herab urteilende Kritik,
die im Verdammen stark — im eigenen Wagen aber meist sehr beschränkt ist, und das Beispiel
eines Sammlers, der selbst hier und dort im Künstlerischen arg daneben haut, ist volkswirt-
schaftlich von ungleich größerem Nutzen, als es der Wert des erworbenen Objektes an sich
glauben macht. —
Sammlungen, die überhaupt Ausdruck einer gewissen persönlichen Höhenkultur sind,
dürften im ganzen in Europa heute noch zu zählen sein. In Amerika existieren sie bis dato
so gut wie gar nicht, trotzdem dieses Land der Kunst im ganzen weit beträchtlichere Summen
opfert, als es die Muttererde Europa je vermögen wird. Noch seltener aber sind die
Kollektionen, bei denen die Besitzer aus dem Werden der Moderne heraus Werte für die
Zukunft entdecken. Wer freilich heute zu sammeln beginnt, ist viel glücklicher daran, als der
Kunstfreund, der vor zwei oder drei Jahrzehnten sein Geld in Bildern anlegte; denn es steht
unbedingt fest, daß der auf allen Kunstgebieten um die Jahrhundertwende entfesselte Kampf
im großen den Blick für Qualität geschärft und viel mehr auch auf das Gemeinsame der Völker
hingelenkt hat. Und eben daher kommt es, daß alle modernen Kunstsammlungen der jüngsten
Zeit mehr oder minder internationales Gepräge haben. Denn ebenso wie das Kunsterbe der
Vergangenheit längst Gemeingut der Nation geworden ist, ebenso werden die relativen Kunst-
werte, die die Gegenwart zeugt, im Abstand der Historie gleichmäßig wachsen. Dabei ist es
noch gar nicht sicher, daß Dinge, die wir heute vielleicht überwunden zu haben glauben, nach
einem Jahrhundert eine ähnliche Kurssteigerung erfahren können, wie es z. B. bei den lange
verachteten Holländern gegen Ausgang des 19. Säkulums der Fall gewesen ist.
Über derlei allgemeine Gedanken muß man sich erst einmal klar werden, bevor man
einer Sammlung, wie der des Geheimen Kommerzienrates Karl Eschebach gegenüber
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