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Kunstsalon Keller & Reiner; Egger-Lienz, Albin [Ill.]
Professor Albin Egger-Lienz: November-Dezember Ausstellung im Kuntssalon Keller & Reiner — Berlin: Kunstsalon Keller & Reiner, [1913]

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https://doi.org/10.11588/diglit.74480#0036
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Die Malerei steht noch immer unter der Herrschaft des Tafelbildes, denn seit der
Erfindung der Oeltechnik ist die Wandmalerei allmählich an zweite Stelle gerückt,
besonders schnell im Norden, weil hier die Rauheit des Klimas die Lebensdauer der
Fresken allzusehr verkürzte. Dann aber kam die neue Technik dem Individualismus einer
neuen Zeit entgegen, mit ihr errang sich der Künstler die schrankenlose Freiheit, die
Grenzenlosigkeit des Vorwurfs. So ist die Malerei aus dem Leben der Gesamtheit verdrängt
worden; was ehedem eine Angelegenheit der Oeffentlichkeit gewesen war, wurde nun Besitz
des einzelnen.
Diese Zurücksetzung der Wandmalerei konnte für die Kunst selbst nicht ohne ernste
Folgen bleiben. Nicht allein, dass die Gesetze der Wandmalerei allmählich verloren gingen
und die Freskotechnik in Vergessenheit geriet, man baute auf das Tafelbild sogar neue
Gesetze, die man darüber hinaus auf die Kunst überhaupt ausdehnte. Es ist, als ob man
aus der Not eine Tugend hätte machen wollen. Das Tafelbild hatte keine Zwecke mehr,
die im Organismus des Volkes gebunden gewesen wären; so sagte man, die Kunst hat und
habe keine Zwecke, sie ist nur um ihrer selbst willen da. In berechtigter Feindschaft gegen
eine Kunstübung, deren Instinkte verbogen und verkrüppelt waren, weil sie ihre Zwecke
ausserhalb suchte, ging man soweit, der Kunst den geistigen Inhalt zu leugnen; man legte
allen Nachdruck auf die Form, so dass
Tafelbild konnte eine solche Auffassung
ad absurdum führen.
Dass wir heute bildermüde sind bis

für den Inhalt ^n P^^ m phr hlieh. Allein am
gross werden, =
zum UeberdrusE '^^

grossen Ausstellungen sind eine Qual, Bilder und kein I CM
hingehen, niemand weiss es; wie ein Alpdruck legt sich
schreienden Stimmen auf die Seele des betrachtenden Kt
wir dies heute nicht mehr ertragen? Wir sind reicher ge
die Kunst; sie ist uns Lebensbedürfnis geworden. Bilder
kaufen können, lockt uns nicht mehr, wir wollen unser:
ins Leben der Allgemeinheit zurück, will mitbauen helfen.;
als Schmuck und Blume des Daseins der Bevorzugten,:
Ausdruck geben, sie besinnt sich ihrer höheren Zwecli
reich und ernst; mit heissem Eifer arbeiten wir an der : CO
wir hinab zu den Wurzeln unseres innersten Seins. Es iii
Kunst ihren Teil daran hat, soviel auch heute mit ihr ge:
Daseins gehört wahrhaftig auch die Klärung unseres
spielt die monumentale Kunst, hier die Malerei, eine nii:
Gesamtheit, nicht nur an den einzelnen sich wendet, we™
und Tiefe unserer eigenen Zeit vor uns hinstellt. Zu den ;
gehört Egger-Lienz.
Monumentum, dies ist das Denkmal; in seinem
Dauer, die über dem Leben des einzelnen steht. Dar^
Malerei dem Dauerndsten an, dass Menschenhände a=
Architektur. Innerhalb dieser Abhängigkeit lebt das m= CO

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