Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Auktionshaus Albert Kende <Wien> [Editor]
Nachlaß Heinrich Eisenbach, Wien: 1. Abteilung, Gemäle und Aquarelle von Meistern des 19. Jahrhunderts ; 2. Abteilung, Ostasiatische Sammlung ; Versteigerung Montag, den 19. bis inkl. Donnerstag, den 22. November 1923 (Katalog Nr. 72) — Wien, 1923

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.15363#0009
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
VORWORT

Mit HEINRICH EISENBACH ist am 14. April 1923 der letzte große Vertreter
einer ganz im Wiener Boden wurzelnden, ihm entwachsenen Schauspielkunst dahingegangen,
die mit Nestroy einsetzte und mit Girardi und Eisenbach zu Grabe getragen wurde.
Girardis und Eisenbachs Bühnengestalten sind vielleicht die einzigen, die unserer Generation
zeitlebens unvergeßlich bleiben werden, weil sie uns erschütterten. Eisenbachs künstlerische
Würdigung kann jedoch nicht der Zweck dieser Zeilen sein. Wir wollen sie uns nur
wieder vergegenwärtigen, um ihn auch als Sammler ganz zu verstehen, denn seine Ein-
Stellung auf die Welt spiegelt sich in seinen Kunstsammlungen ebenso wie in seiner
Schauspielkunst.

Auch seine Sammlertätigkeit war keine zufällige, kein Spiel der Laune oder gar des
Snobismus, sondern eine organisch verständliche Geste seiner Vitalität. Er sammelte
auf zwei einander scheinbar völlig fremden, heterogenen Gebieten: Genremalerei des
neunzehnten Jahrhunderts und Ostasiatische Kunst. Allein diese beiden Gebiete haben
einen gemeinsamen Nenner, der ebenso auch unter den Eisenbachschen Bühnengestalten
stand: Eben die Darstellung des Alltäglichen, Menschlich — Allzumenschlichen, wohl
auch Intimen, oft klein, ja lächerlich Erscheinenden, aber trotzdem, ja gerade deshalb uns
immer wieder Rührenden und Berührenden. Seine Charakterisierung und ins Komische
reichende Übertreibung ist Aufgabe des volkstümlichen Charakterdarstellers. Und Eisenbach
fand ein paralleles Bemühen in den Bildern der Friedländer, Grützner, Hugo
Kauffmann, Gabriel Max, Adolf Menzel, Robert Schleich, Waldmüller
und der vielen anderen so gerichteten Maler des 19. Jahrhunderts, und er fand es eines
Tages, als ihm ein Freund einige japanische Elfenbeinstatuetten von genremäßigen Gestalten
der Straßen Yokohamas und Tokios schenkte, zu seiner großen Verwunderung auch an
ihnen. Ihre Schöpfung erfordert nicht nur eine meisterhafte Kraft der Synthese unermüdlich
beobachteten Lebens, sondern auch eine, uns Europäern schlechthin unfaßliche Geduld
und Meisterschaft der Technik.

Und diese Technik war es auch, die den Künstler Eisenbach packte und packen mußte
und die ihn dazu trieb, sich mit Werken solcher Art zu umgeben, um in ihnen uner*
schöpflichen Ansporn und Anregung, auch für seine Gestalten, zu finden. Was immer
er von solchen Werken der japanischen Kleinkunst in die Hände nahm, sie boten ihm
stets neue Wunder technischen Könnens und beherrschter Sorgfalt der Darstellung, von
den hinterschnittenen Elfenbeinwerken aus einem Stück (Abb. 266, 269), bis zu den
Werken der Lackkunst, deren unergründliche Tiefe 30 bis 60 Schichten von Lack, die
 
Annotationen