2Y2
Die V Internationale Kunstausstellung der „Münchener ?eression">
In scharfem Gegensatz dazu stehen die beiden'Jnterieurs
des Dänen Viggo Johannsen. Johannsen ist in
München nicht mehr unbekannt. Reizende, intime Zimmer-
bilder von ihm kamen wiederholt zu uns und immer
gehörten sie zu den besten Arbeiten. Heuer führt uns
der große Künstler in seine Familie ein. Er zeigt uns
seine Frau, umgeben von den Kindern. Die reichen
Farben der Gewänder, die kräftige, echt malerische Plastik
und die das Ganze beherrschende trauliche Stimmung
geben dem Bilde hohen Wert. Höher aber noch steht,
weil viel einheitlicher zusammengehalten, die Scene, wo
Johannsen mit seinen Freunden plaudert. Sie sitzen
bei einem Glas Wein in seinem Zimmer. Helles, aber
nicht zu starkes Lampenlicht flutet um die Männer, die
lebhaft bewegt der lustigen Erzählung ihres behaglich
lachenden Freundes lauschen. Die Art, wie hier der
Raum behandelt ist, sichert dem ausgezeichneten Werke
einen Hauptplatz in der Ausstellung. England und
Schottland haben sich nicht zahlreich beteiligt und wir
dürfen uns begnügen, auf die zarten, aber beinahe zu
zarten Pastelle Muhrmanns hinzuweisen, der nicht müde
wird, das Leben und Treiben an der Themse immer
wieder von neuem zu schildern. Swans berühmte Tier-
zeichnungen fesseln wie immer, obwohl man das Gefühl
der Monotonie nicht ganz verbannen kann. Aus Italien
sehen wir Bezzi mit einer sehr weichen Marine, die
ganz in schottischer Manier gehalten ist.
Die graphischen Künste bieten insofern nicht viel
Neues, als wir im großen und ganzen nur die Originale
zu Zeichnungen unserer illustrierten Kunstzeitschriften
sehen. Es sei aber eigens auf das köstliche Blatt Wilkes
hingewiesem: „Der Knallprotz". Es ist nicht leicht eine
bessere Karikatur zu finden.
Die Plastik Pflegt das Schmerzenskind der Münchener
Ausstellungen zu sein und ist es auch Heuer. Wir treffen
im wesentlichen nur die jüngere Münchener Schule, die mit
sehr viel technischem Geschick die Vorliebe fürs Weiche ver-
bindet, aber den kräftigen plastischen Sinn ein wenig
vermissen läßt. Hahns „Judith", ein wunderlich abge-
schnittenes, halb liegendes Frauenbildnis, ist in der Behand-
lung des Marmors ausgezeichnet; aber sie wird weder den
naiven Beschauer noch den ernsteren Künstler ansprechen.
Vielgenannt ist Taschners „Strauchdieb". Ein Lands-
knecht hat eine Henne gestohlen, und mit behutsam vor-
gebeugtem Oberleib schleicht er sich von der gefahrdrohenden
Stelle weg. Das nicht sehr glücklich bemalte Werk ist Holz-
schnitzerei und vortrefflich geschnitten. Hudlers männliche
Porträtbüste »seinper ickern« giebt einen melancholischen
Herrn sehr lebendig wieder. Die beiden Knabenakte des
Künstlers „Adam" und der lauschende „Narciß" streben nach
„seelenvollem Ausdruck" ; sind aber in der Formengebuug
sehr naiv und teilweise konventionell. Dittler, Kiefer,
Kaufmann sind alle charakteristisch für die jüngere
Münchener Schule, die sich scharf unterscheidet von dem,
was in Norddeutschland gemacht wird. Für dieses werden
wohl die Bildnisbüsten des Leipzigers Carl Seffner
am bezeichnendsten sein. Seit einigen Jahren spricht
man von Seffners Kunst auch bei uns viel. Diese
Büsten machen in der That den wohlthuenden Eindruck,
sehr ähnlich und außerordentlich fleißig gearbeitet zu
sein; 'aber sie werden wohl in der Plastik dasselbe
Prinzip vertreten, wie seiner Zeit Balthasar Denner in
Die V Internationale Kunstausstellung der „Münchener ?eression">
In scharfem Gegensatz dazu stehen die beiden'Jnterieurs
des Dänen Viggo Johannsen. Johannsen ist in
München nicht mehr unbekannt. Reizende, intime Zimmer-
bilder von ihm kamen wiederholt zu uns und immer
gehörten sie zu den besten Arbeiten. Heuer führt uns
der große Künstler in seine Familie ein. Er zeigt uns
seine Frau, umgeben von den Kindern. Die reichen
Farben der Gewänder, die kräftige, echt malerische Plastik
und die das Ganze beherrschende trauliche Stimmung
geben dem Bilde hohen Wert. Höher aber noch steht,
weil viel einheitlicher zusammengehalten, die Scene, wo
Johannsen mit seinen Freunden plaudert. Sie sitzen
bei einem Glas Wein in seinem Zimmer. Helles, aber
nicht zu starkes Lampenlicht flutet um die Männer, die
lebhaft bewegt der lustigen Erzählung ihres behaglich
lachenden Freundes lauschen. Die Art, wie hier der
Raum behandelt ist, sichert dem ausgezeichneten Werke
einen Hauptplatz in der Ausstellung. England und
Schottland haben sich nicht zahlreich beteiligt und wir
dürfen uns begnügen, auf die zarten, aber beinahe zu
zarten Pastelle Muhrmanns hinzuweisen, der nicht müde
wird, das Leben und Treiben an der Themse immer
wieder von neuem zu schildern. Swans berühmte Tier-
zeichnungen fesseln wie immer, obwohl man das Gefühl
der Monotonie nicht ganz verbannen kann. Aus Italien
sehen wir Bezzi mit einer sehr weichen Marine, die
ganz in schottischer Manier gehalten ist.
Die graphischen Künste bieten insofern nicht viel
Neues, als wir im großen und ganzen nur die Originale
zu Zeichnungen unserer illustrierten Kunstzeitschriften
sehen. Es sei aber eigens auf das köstliche Blatt Wilkes
hingewiesem: „Der Knallprotz". Es ist nicht leicht eine
bessere Karikatur zu finden.
Die Plastik Pflegt das Schmerzenskind der Münchener
Ausstellungen zu sein und ist es auch Heuer. Wir treffen
im wesentlichen nur die jüngere Münchener Schule, die mit
sehr viel technischem Geschick die Vorliebe fürs Weiche ver-
bindet, aber den kräftigen plastischen Sinn ein wenig
vermissen läßt. Hahns „Judith", ein wunderlich abge-
schnittenes, halb liegendes Frauenbildnis, ist in der Behand-
lung des Marmors ausgezeichnet; aber sie wird weder den
naiven Beschauer noch den ernsteren Künstler ansprechen.
Vielgenannt ist Taschners „Strauchdieb". Ein Lands-
knecht hat eine Henne gestohlen, und mit behutsam vor-
gebeugtem Oberleib schleicht er sich von der gefahrdrohenden
Stelle weg. Das nicht sehr glücklich bemalte Werk ist Holz-
schnitzerei und vortrefflich geschnitten. Hudlers männliche
Porträtbüste »seinper ickern« giebt einen melancholischen
Herrn sehr lebendig wieder. Die beiden Knabenakte des
Künstlers „Adam" und der lauschende „Narciß" streben nach
„seelenvollem Ausdruck" ; sind aber in der Formengebuug
sehr naiv und teilweise konventionell. Dittler, Kiefer,
Kaufmann sind alle charakteristisch für die jüngere
Münchener Schule, die sich scharf unterscheidet von dem,
was in Norddeutschland gemacht wird. Für dieses werden
wohl die Bildnisbüsten des Leipzigers Carl Seffner
am bezeichnendsten sein. Seit einigen Jahren spricht
man von Seffners Kunst auch bei uns viel. Diese
Büsten machen in der That den wohlthuenden Eindruck,
sehr ähnlich und außerordentlich fleißig gearbeitet zu
sein; 'aber sie werden wohl in der Plastik dasselbe
Prinzip vertreten, wie seiner Zeit Balthasar Denner in