von Hermann Katsch.
dar, und
mit
Schere
und Leim-
topf han-
tierend
baut der
Meister
gerade eine
zierliche
Treppe
mit Podest
in einer
Ecke des
Miniatur-
theaters
(Fig- 5).
Aber trotz
der Nähe
des Weih-
nachts-
festes sehen
wir auf
den ersten
Blick, daß das keine Ueberraschung für Kinder ist, die da
entsteht: die künstlerische Skizzenhaftigkeit des Details und
die Korrektheit des Konstruktiven belehren uns, daß wir es
mit einer recht ernsten Männerarbeit, mit dem Modell für
die Dekorationen eines großen Theaters zu thun haben.
Und nun wollen wir, von dem Meister belehrt, den
Gang antreten, den die Arbeit eines Theatermalers von
der Bestellung einer Dekoration an nimmt, dann werden
wir, hinaustretend in den großen Malraum, keine Rätsel
mehr vor uns sehen.
Ehe den Malern ein Auftrag für Anfertigung einer
Dekoration erteilt werden kann, muß in einer Konferenz
zwischen dem Regisseur und dem Chef des ganzen toten
Inventars einer Bühne nach Dnrchlesung des Buches
festgestellt werden, welche Dekorationen für das Stück
notwendig, wie viel möglich sind. Es muß der Charakter
des Stückes, je nachdem es einen ernsten, feierlichen, frohen
Grundzug hat, für die ganze Jnscenicrnng von vorne-
herein festgelegt, und es muß vor allem der Anteil, den
die Dekoration an dem Eindruck des Stückes haben soll,
genau erörtert werden. Gemeinhin wird in einer Oper,
wo die Musik sich an unser Gefühlsleben wendet, mit
der Stimmung der Dekoration viel mehr zu rechnen sein
als in einem Schauspiel, wo die Scene eigentlich nichts
weiter zu thun hat, als die Illusion des Vorgangs zu
unterstützen. Nach Feststellung des eventuellen Bedürf-
nisses und der Möglichkeit für die Dekorationen werden
dieselben „eingeschachtelt", d. h. es wird genau erwogen,
wie die einzelnen Bilder in der Aufeinanderfolge wirkungs-
voll abwechseln sollen, und wie das Wechseln und Tauschen
der einzelnen Teile in gewissen Pausen ermöglicht werden
kann. Die Mitteilungen herüber erhält der Maler und
diese sowie seine bisherigen Erfahrungen setzen denselben in
den Stand, Entwürfe für die Dekorationen einzureichen.
Den Auftrag nun für dieselben, die aus dem Pro-
spekt oder der das Ganze abschließenden Hinteren Gardine,
aus den seitlichen Teilen oder Kulissen, aus den oberen,
das Bühnenbild abschließenden Stücken oder Soffiten
besteht, erhält der Maler auf eine derartige Skizze hin,
die wie ein Bild angefertigt ist, eine Illustration zu
einem Akt, ohne daß in dieser Skizze eine Teilung des
Ganzen in einzelne Teile, der Tiefe oder Breite nach
zum Ausdruck kommt. Doch ist das nur scheinbar, der
geübte Theatermaler kann gar keinen Plan für eine De-
koration entwerfen, ohne von vorne hinein, durch seine
Erfahrung geleitet, schon die Möglichkeit und Notwendig-
keit der Zerlegung der Skizze in einzelne Teile der
Arbeit zu Grunde zu legen. Es mag wohl mancher
Künstler ohne spezielle Kenntnis der Bühnenerfordernisse
eine recht schön aussehende Skizze für eine Dekoration
entwerfen können, mit der Ausführbarkeit auf dem Theater
ist das ein eigenes Ding, und die Notwendigkeit, durch
Hinter- und Uebereinanderanbringen der einzelnen Teile
das Bild zu zerlegen, wird die von einem Nichtfachmann
entworfene Skizze gewaltig verändern, wie man sich
leicht vorstellen kann. Ist nun also die Skizze ge-
nehmigt, dann erhält der Künstler einen Situtionsplan
der Bühne mit genauen Maßen und technischen Angaben.
Wir verdanken der Liebenswürdigkeit des Herrn Ober-
inspektor Brandt von den Königlichen Bühnen in Berlin
den als Fig. 6 abgedruckten Plan des Kgl. Opernhauses.
Der eingezeichnete Grundriß rührt von dem bekannten
Theatermaler Bukacs her, in dessen Atelier wir unsere
Studien machen durften, und stellt einen Plan für ein
Wirtshaus für die Oper „Czar und Zimmermanu" dar.
In dem hier abgebildeten Situationsplan bedeuten die
Quadrate eine Einteilung in laufende Meter, die stärkeren,
quer über die ganze Bühne gezogenen Linien die „Züge",
d. h. diejenigen Stellen, an welchen Dekorationen in
die Höhe gezogen werden können, entsprechende Mar-
kierungen deuten die zu Versenkungen benutzbaren Räume
an. Die langen Striche L°z rc., die wir außerdem
erblicken, sind optische Hilfslinien, vermöge deren der
Künstler berechnet, wie breit die von vorn nicht sicht-
baren, weil durch davorstehende Coulissen verdeckten, De-
korationen mit Rücksicht auf die seitlich sitzenden Zu-
schauer konstruiert werden müssen, damit deren Augen nicht
etwa das Ende der ganzen Herrlichkeit und gar nicht
zur Dekoration gehörige Stellen der Bühne erblicken.
Nach diesem in den Situationsplan des Theaters hinein-
Fig. 6. Grundriß einer Dekoration für „Czar und Zimmermann",
eingezeichnet in den j)lan der Bühne des Agl. Opernhauses zu Berlin.
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