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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Tahi, Anton: Karl Lotz
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0221

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~a-4ö> KARL LÖTZ -C&u^

den Händen des kumanischen Kriegers die
geraubte Ungarnmaid befreit, und schliesslich
beim Bau der Kirche von Nagy-Värad (Gross-
wardein). Das seiner Vollendung entgegen-
gehende neue Parlamentsgebäude besitzt zwei
Deckenbilder des Künstlers: „Die Apotheose
Ungarns" und „Die Apotheose der Gesetz-
gebung". Das räumlich grösste Werk des
Künstlers befindet sich im Treppenhause der
königl. Kurie (oberster Gerichtshof). Wirsehen
hier als Hauptfigur Justitia, rechts von ihr die
schützende Thätigkeit der Gerechtigkeit, dar-
über der Genius des Friedens, links die
Verfolgung des Verbrechens, des Mörders,
der Verführung, darüber die Gruppe der
Eumenyden ; die entgegengesetzte Seite der
Decke zeigt uns die segensreiche Wirkung
der Gerechtigkeit, in der Mitte Wohlstand,
Ordnung, Ruhm, rechts die Künste und
Wissenschaften, links Handel, Industrie und
Agrikultur (vergl. Abb. a. S. 203).

An Staffeleibildern hat Lötz in der letzten
Zeit nur Bildnisse gemalt, welche uns an die
besten modernen englischen Porträts erinnern,

das beigefügte Bild seiner Tochter (Seite 202)
dürfte unsere Behauptung bekräftigen.

Zum Schluss, um es einigermassen begreif-
lich zu machen, welch hohe Bedeutung Lötz
in der ungarischen Kunst besitzt, wollen wir
einige Zeilen GUSTAV Keleti's, des eminenten
Künstlers und Kritikers, citieren. Keleti sagt:
„Denken wir uns die lange Reihe der inhalts-
reichen und formvollendeten Gemälde, welche
Lötz in den letzten fünfunddreissig Jahren,
sowohl in der Provinz als auch in den Kirchen,
öffentlichen und privaten Bauten der Haupt-
stadt gemalt hat, als nicht existierend oder
als gar nicht geschaffen an, denken wir uns
die Riesenmasse dieser edelsten Kunstprodukte
auf einmal aus dem Schatze unserer nationalen
Kultur verschwunden, so wird uns die plötz-
liche Finsternis, das auf unseren Herzen
lastende Horror vacui auf erschreckende
Weise daran erinnern und uns den wahren
Masstab für die ausserordentlich grosse Fähig-
keit der künstlerischen Produktion, welche
wir in dem gottbegnadeten Talent und in der
bewundernswerten Thatkraft unseres greisen

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