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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Ruge, Clara: Moderne amerikanische Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0272
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MODERNE AMERIKANISCHE MALER

aber schon mit leb-
hafter Sprache dafür
predigten, daß Ameri-
ka echtes Kunsttalent
beherberge, denn man-
cher — so vor allem
F. G. Church, der
niemals in Europa stu-
dierte, hat dies bewie-
sen. Daneben traten
immer mehr jüngere
Malerauf, die eine Art
Stimmungsmalerei be-
trieben, und schließ-
lich gewannen sie die
Oberhand und gaben
den Ausstellungen der
„Academy" einen ganz
anderen Charakter. So
entwickelte sich die
„Tonal school" und
sie hat nach und nach
den Impressionismus
fast ganz verdrängt
und auch in unserer
„Society of Ameri-
can Artists" die Füh-

j. s. sargent studie rerschaft übernom-

men.

nauigkeit ersetzt wurde; aber sowohl in der Als Unterströmung hat natürlich diese
Technik als in der oft etwas anekdotenhaft Richtung längst existiert, aber erst seit den
berührenden Wahl der Sujets zeigt sich die letzten Jahren ist sie an die Oberfläche ge-
Düsseldorfer Beeinflussung, wenn auch da- langt und viele der Pioniere, deren Werke
mals schon eine völlige Amerikanisierung jetzt hoch bezahlt werden, sind selbst durch
stattgefunden hat. Der Maler E. L. Henri, schwere Jahre der Entbehrung gewandert,
der noch jetzt jede Ausstellung beschickt Da war vor allem George Iness, der mit
und sehr naturwahre Bilder aus dem hiesigen seinen wundersamen Farbensymphonien heute
Farmerleben von allerdings mehr ethnographi- als bedeutendster amerikanischer Landschafter
schem als künstlerischem Wert malt, ist ein anerkannt ist. Er war erst ein Maler der
echter Repräsentant der auf hiesige Motive „Hudsonriverschool", aber als er Frankreich
übertragenen, mit mehr Trockenheit versetz- und die Meister von Barbizon studierte,
ten alten Düsseldorfer Schule. Albert Bier- wurde er sich auch über sich selbst erst
stadt war ebenfalls ein solcher auf aus- klar. „Den Eindruck, den die Natur in einer
schließlich landschaftlichem Gebiet. empfänglichen Künstlerseele hinterläßt, solle

Mit den sechziger Jahren des letzten Jahr- man malen", ward Iness'Losungswort, nachdem
hunderts setzte hier der französische Einfluß er den Poeten in sich entdeckt, geschaut
ein und mit ihm beginnt unsere eigentliche hatte, wie andere Künstlerpoeten die Reflexe
Moderne. Zuerst schlugen der Impressionis- der Natur auf ihre Empfindung in Farben
mus und die Freilichtmalerei hier gewaltige wiederzugeben vermochten. Iness war keines-
Wogen. Es ist noch kein Dezennium her, wegs ein Nachahmer der Barbizonisten, son-
daß die Ausstellungen der „Society of American dern hatte nur durch deren Verständnis seine
Artists" fast ausschließlich deren Kund- eigenen Fähigkeiten gefunden, denn seine
gebungen zeigten; sie ist die Vereinigung Kunst ist höchst eigenartig, ohne Vorbild,
unserer jüngeren Elemente. Die „Academy ohne direkte Schüler. Seine leuchtende und
of Design" war konservativ geblieben und doch gebrochene Farbenskala, seine schein-
für lange brachten ihre Ausstellungen eine bar willkürliche und doch so vielsagende
Alischung älterer Elemente, die zum Teil Technik machen seine Werke sofort kennt-
mehr aus Ehrfurcht geduldet waren, zum Teil lieh. Homer, Martin, Wyant sind mit Iness

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