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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Kuzmány, Karl Michael: Die Krakauer "Sztuka"
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0327

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-3^> DIE KRAKAUER „SZTUKA"

heit wurde (Abb. S. 305). Julian Falat
bringt außer den von ihm gewohnten Far-
benabenteuern in Schneelandschaften (Abb.
S. 307) auch ein schwermütiges Architektur-
stück, Karol Tichy Kohlezeichnungen in
breiterManier. Theodor Axentowicz, delikat
im Farbengeschmack, selbst wenn er Bäue-
rinnen schildert (Abb. S. 291), verleugnet ihn
auch nicht in dem lebensgroßen Gruppenbild
seiner Familie, einer Riesenleistung zärtlicher
Pastellkreiden, die mit adeligen Tönen dem
Auge zu schmeicheln verstehen (Abb. S. 301
und auch 311). Ein Widerspiel dazu sind
die Porträts einer Dame, Olga Boznanska
(Paris), denn sie rauht alle Farben auf, wo-
durch sie ein Flimmern, sogar des Schwarz,
in bisher selbst von ihr nicht erreichter
Lufttreue, wenn man so sagen darf, erreicht.
Wojciech Weiss, als Luminist, der den Lam-
penschein liebt, von früher her bekannt,
schaut die Natur mit vergeisterten Augen,
so daß sich vom Sturmwind durch die Lüfte
getragene Vogelscheuchen und Strohmänner
ihm zu Gespenstern wandeln, was ein wun-
derliches, bunt gesprenkeltes Silhouetten-
flattern ergibt. Gebieter in dem Bereich der
Phantasie ist Jozef Mehoffer. Merkwürdig,
wie den Polen das Erdachte, Phantasierte
fast immer auch zum Phantastischen wird.
Die Anregung mag oft von einem bloßen

Farbenreiz ihren Ausgang nehmen. Mehoffer
schlingt modernen Frauenköpfen die Ringel-
leiber von Schlangen ins Haar, silbergraue
der mit den braunen Augen und dem Smaragd-
schmuck, gelbliche der mit den grünen Augen
und den Perlen, und so sehen sie als Medusen
drein, unheimlich wie Lionardos Lächeln. Und
die kleine Prinzessin (Abb. S. 309) des früh-
zeitig tyrannischen Kinderspiels trägt einen
Kranz von krankroter Kapuzinerkresse; ge-
spannt und furchtsam blicken auf ihre Herrin
die mit vergoldetem langstieligem Enzian be-
gabten Knaben. Seinen Reichtum an Stil-
gefühl entfaltet Mehoffer in dekorativen Ent-
würfen für Friese und für die Ausmalung der
armenischen Kathedrale in Lemberg. Sein
großes Panneau „Die Unterjochung der Ele-
mente", das titanische Leiber in schwerwie-
gende Farben taucht, ist darauf berechnet,
sich in dem von ihm, einem erprobten Fres-
kanten, üppig ausgestalteten Sitzungssaal der
Krakauer Handels- und Gewerbekammer zu
behaupten.

Der Heimatkunst, woran die an Frömmig-
keit und konservativen Sitten festhaltenden
Polen eher als die Atelierkünstler der Groß-
stadt glauben machen, gehört manches gute
Malerwerk. Wlodziaiirz Tetaiajer, der selbst
auf dem Lande haust, schildert die in praller
Augustsonne vor sich gehende „Kräuterweihe",

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