Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

DOI Artikel:
Board, Hermann: Eduard von Gebhardt: zu seinem siebzigsten Geburtstage am 13. Juni 1908
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0486

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-b^> EDUARD VON GEBHARDT 0=5=^

bolik aber auf die Darstellungen im
Innern des Gotteshauses vorbereiten.
„Das gelobte Land", „Israels Zug
durch die Wüste" und „Das eherne
Meer" stehen hier im Mittelpunkte,
daneben die symbolischen Tiergestal-
ten des Löwen und des Greifen.

Der Schwerpunkt des ganzen Wer-
kes liegt selbstverständlich in den
Wandgemälden des Hauptschiffes, die
auch in den verkleinerten Abbildungen
noch für sich sprechen. Hier haben
wir Gebhardtsche Kunst in ihrer rein-
sten und kraftvollsten Aeußerung. Wie
ein gewaltiger Orgelton braust der
farbige Akkord durch den Raum. Mit
der Gewinnung des richtigen Stand-
punktes geht die ganze Herrlichkeit
der im schönen Schein verklärten
Welt auf, einer Welt, die uns mit
allem, was auf ihr lebt und webt, ab-
strakt, gewissermaßen in ihren Grund-
elementen gegeben, die durch den
gedankentiefen Reichtum einer Re-
ligion der Liebe veredelt wird. Die
subtilste Differenzierung, die schla-
gendste Gegensätzlichkeit spricht uns
an, — verstecktes Leid und jubelnde
Lebensfreude ziehen an uns vorüber
mit all dem Weh, das keinem er-

EDUARDVON GEBHARDT« STUDIENKOPF(NATHANAEL spart mjt a,[er Lust dje uns yer.

IM ABENDMAHL VON 1870) • _ ' . . », «, . -

gönnt ist. Als Mensch spricht Geb-
hardt zum Menschen, — als ein
hinziehen. Die zwischen den Fenstern der Mensch, dessen Liebe in den Erfahrungen des
Seitenwände stehen gebliebenen Pfeiler er- Lebens immer reicher wurde und in freund-
gaben den Platz für die bereits erwähnten lichem Verstehen ausklingt,
alt- und neutestamentarischen Bilder. Wer in den Gesichtern der hier dargestellten

In scharf ausgesprochener Scheidung ist die Menschen zu lesen weiß — und wer sollte es
Trennung zwischen dem Hause der Gläubigen nicht, da sie so lebhaft auf uns einsprechen
und dem Presbyterium, dem Chore, erfolgt. — der rückt ein gutes Stück der Erkenntnis
Um die Scheidung augenfällig zu machen, ist und damit der Weisheit letztem Schlüsse näher,
die Dekoration der Apsis gegenüber der reali- der liebevollen Duldung. So ist Gebhardt mit
stischen Darstellungsweise im Langhause nach seiner Kunst nicht nur ein dramatischer Schil-
stilisierenden Prinzipien erfolgt; damit jedoch derer, ein neuer Erklärer der heiligen Ge-
nicht genug, hat Gebhardt auf den Leibungen schichten, sondern auch ein Lenker zur Em-
des trennenden Triumphbogens den Maßstab kehr, dessen Lehre die Gemeinde, die ihn
gewechselt, als er in bedeutend größeren Ver- beherbergt, niemals wird überhören können,
hältnissen die Figuren der zwölf Apostel darauf In der siebenjährigen Schaffenszeit für die
anbrachte (Abb. S. 441). Sie umgeben die Drei- Friedenskirche hat Gebhardt, gleichsam, um
einigkeit, — im Scheitelpunkte des Triumph- durch Ablenkung auf andere Stoffe sich aus-
bogens Gottes Schwurhand, flankiert von den zuspannen, wiederholt das ihm lieb gewordene
Gestalten des Tages und der Nacht, darunter Thema der gelehrten Disputation behandelt,
die Taube, die sich auf den Gekreuzigten, der Eins der köstlichsten Bilder dieser Art ist
als plastische Figur in der Choröffnung hängt, das 1901 entstandene, im Besitze des Geh.
niederläßt. Rats Prof. Dr.Jäger in Bonn befindliche „Verba

Stilisierte Darstellungen finden sich auch magistri" (Abb. Jahrg. 1901 /2, S. 213). Eine

in der Vorhalle der Kirche, wo sie lediglich „Streitfrage" aus dem Jahre 1902 ist aus dem

dekorativen Zwecken dienen, durch ihre Sym- Besitze der Kunsthandlung Pfaffrath in Düssel-

446
 
Annotationen