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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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Wolf, Georg Jacob: Die Internationale Kunstausstellung der Münchener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0556

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Staatliche Museen

DIE INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG DER MÜNCHNER SECESSION

zu maskieren, einmal sehen wir sie als „Torero"
in Grün und Gold, dann „Im Velasquezkostüm"
ä la Königin Marianne im Madrider Prado.
Das letztere Bild lehnt sich in der Kompo-
sition stark an Velasquez an, seine Originalität
beruht nur im Kolorit. Das ist allerdings
von höchster Delikatesse. Wie z. B. der Vor-
hang, der den Hintergrund des Bildes füllt,
von Rosa allmählich zu Violett übergeht, ist
geradezu vorzüglich gemalt. Ein größeres
Bild Stucks „Im Kampf ums Weib" (Abb.
S. 527) spricht für die glänzenden anatomi-
schen Kenntnisse und für die zeichnerische
Zuverlässigkeit des Künstlers, aber es zeugt
auch von einer gewissen inneren Unbeteiligt-
heit. Stuck ist da nicht mit ganzer Seele
bei der Sache gewesen. Das dekorative Ele-
ment, das Stuck so sehr in seinen Bann zieht,
ist bei Ludwig Herterich zur Dominante
geworden, allerdings zu einer Dominante, die
durch die Zweckbestimmung der Herterich-
schen Gemälde hinreichend erklärt wird. Her-
terich ist kein Dekorateur im alten Sinne,
der sich an die Spätrenaissance oder an Tie-
polo anschließt. Er ist modern, wie in der
Malerei, so in den Motiven. Wir sehen von
ihm zwei Entwürfe zu dem Deckengemälde
im Hauptrestaurant der Ausstellung „Mün-
chen 1908" (Abb. S. 506/7). Der Vorwurf ist
ein Künstlerfest im Grünen. Da tauchen an
einer langen Tafel markante Künstlerköpfe
auf: Rudolf Seitz, Seidl, Keller, Uhde, Haber-
mann, Stuck, Eugen Kirchner, Hayek, Her-
terich selbst. Koloristisch ist das Gemälde
von schönstem Reiz, zumal der sonnenflir-
rende Sommerhimmel ist ausgezeichnet ge-
malt. Dekorativ im Sinne der „Scholle", von
der Art Eichlers und Weises, ist das große,
breit gemalte, sommerliche Damenbildnis (Abb.
gegenüber S. 505), das uns Oskar Graf zeigt,
dekorativ im Sinne der Japaner — und auch
in deren bewußter Flächigkeit — das inter-
essante Damenporträt des aufstrebenden Ernst
Kropp (Abb. S. 518). Groß heruntergestri-
chen, bunt und eindrucksvoll sind die Arbeiten
von Groeber und Nissl (Abb. S. 505), die
in der Behandlung des Handwerklichen von
erstaunlicher Sicherheit sind. In Theodor
Hummel sehe ich einen Maler von gleich her-
vorragenden technischen Qualitäten. Sowohl
im Porträt als im Stilleben ist er von über-
zeugender Treue und malerischer Ehrlichkeit.
Auch Carl Piepho, dessen Dame in weißem
Kleid ausgezeichnet gemalt ist, gehört hierher.
Streben alle die Genannten ins Monumentale,
so ist Hans Borchardt, den man in weiteren
Kreisen noch lange nicht nach Gebühr zu
schätzen weiß, der Mann der intimen Wir-

kungen. Seine kleinen, delikat gemalten Bild-
chen (Abb. S. 521) zeugen von erlesener male-
rischer Kultur. Die vornehme Schule Fritz
von Uhdes verleugnet sich' nicht. Man hat
Borchardt einmal nachgerühmt, daß er etwas
vom Geiste der Engländer des 18. Jahrhun-
derts in sich trage. Daran ist sicherlich etwas
Wahres. Er hat ihre vornehme, gehaltene
Ruhe. Das bestätigen so zärtliche Bilder wie
die Dame im Spitzenkleid oder das Paar im
Dämmerlicht oder die ganz von ferne an Con-
stable anklingende „Graue Stimmung". Lud-
wig von Zumbusch und der ihm wesens-
verwandte Rudolf Riemerschmid bringen
Akte (Abb. S. 514), aber beide sagen uns
nichts Neues; fast möchte es scheinen, daß
sie ein wenig in der Manier, die sie sich zu-
recht gelegt haben, stecken bleiben. Auch
hier hoffe ich aber — wie bei Stuck —, daß
der frische Blutumlauf nur auf die Dauer
einiger Pulsschläge stockt und nicht endgültig
unterbunden ist.

ivan thiele bildnis des herrn f. t.

Sommerausstellung der Münchner Secession

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