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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 23.1907-1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.12504#0594

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-^g> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <^p-

VON AUSSTELLUNGEN ein liebevolles Interesse wachzurufen. Man ist eben

MMR CAH/IMI MMrCM in der Kunst oft gezwungen, mit zweierlei Maß zu

UlNU oAMIVILUlNlj tlN messen, und gerade hier beweisen die wenigen, die

eine vom Strome der Zeit ihnen aufgezwungene
DERL1N. Im Kunstsalon Schulte, der übrigens Entwicklung durchgemacht haben, wie wenig gut
entgegen einer durch viele Tagesblätter gegange- sie daran taten. Die anderen, die ihrem einmal fest
nen Meldung nicht daran denkt, seine ausgezeich- normierten Ideal treu blieben, die offen erklärten,
neten Säle wieder mit seinen früheren, im jetzigen mit den Anschauungen eines neuen, jungen Ge-
Hotel Adlon belegenen Räumen zu vertauschen, schlechtes nicht mitzukönnen, zeigen ein viel ein-
werden dem Beschauer zwei Kollektivausstellungen heitlicheres, festeres Charakterbild. Nur dem Genie
geboten, wie sie gegensätzlicher und dabei lehr- gelingt der Sprung über sich selbst hinaus. Um
reicher kaum gedacht werden können. Es ist der die ganze Gruppe, der mehr als ein halbes hun-
Bund der >Achtundvierzigers in München und die dert Künstler angehören, zu kennzeichnen, genügt
Brüsseler Künstlervereinigung, die sich unter dem es, einige wenige Namen herauszugreifen. G. von
Motto iK/e et lumieret zusammengeschlossen hat. Canal, A. Erdtelt, Grützner, H. Kaulbach,
Bei den einen die warmen braunen Töne, der ro- Toby Rosenthal, R. Schleich, L. Willroider
mantische Naturalismus der Schule, die der deut- sind vollgültige Repräsentanten ihrer Zeit und Schule,
sehen Kunst im 19. Jahrhundert ihre Marke am feste- Das Gegenspiel: Vie et lumiere. Ein eigentüm-

sten aufgeprägt hat, bei den anderen die radikalsten licherName als programmatisches Motto, denn beides
Symptome der Revolution, die den Alten den Todes- ist das Lirpostulat jeglicher Malerei jeder Richtung,
stoß versetzt hat. Hier kann einem zur Genüge nur durch die besondere Art der Stilisierung unter-
klar werden, ein wie festes Band technischen Gleich- schieden. Die Mitglieder dieser Gruppe sind nun
maßes und künstlerischer Gleichgesinnung die Ge- aber auch bei aller individuellen Eigenheit durch
neration zusammenhielt, der diese > Achtundvier- einen gemeinsamen Grundzug verbunden, durch den
ziger< angehören, und wenn sie auch nicht zu den Willen zu einem konsequenten Impressionismus,
Ueberragenden, zu den Genies ihrer Zeit zählen, der sie in den denkbar größten Gegensatz stellt zu
so sind die Werke dieser Männer sicher geeignet, jenen Achtundvierzigern, zumal alle überleitenden

Zwischenglieder fehlen. Bei jenen die
Absicht, der Form mit allen zu Gebote
stehenden Mitteln nachzugehen, bei die-
sen das völlige Abstrahieren von der
Form an sich, und allein derWille,einen
überzeugenden optischen Eindruck her-
vorzubringen. Einige von ihnen schies-
sen dabei weit über das Ziel hinaus, so
daß sie, wie z. B. Alois de Laet, über-
haupt zu keiner Bildwirkung, sondern
nur zu völlig zerfahrenen Farbkonglo-
meraten kommen. Die meisten gefallen
sich in weichen, verschwommenen, oft
blassen und flauen Tönen, wie wenn sie
die Welt nur im dampfenden Frühnebel
beobachtet hätten, so Edm. Verstrae-
ten, R. de Saegher und Jenny Mon-
tigny ; nur wenige kommen zu festeren
Gestaltungen, wie etwa der stark farbige,
mit kräftigen Kontrasten arbeilende
Paul Deman. Immerhin aber eine
beachtenswerte Künstlergruppe.

Ferner sind ausgestellt eine Reihe
ungemein plastisch wirkender Alpen-
landschaften von Carl Reiser, gute
tonige Aquarelle von Charles Paul
Gruppe (Katwyk), sowie ein kraftvolles
Bild von A. Egger-Lienz, zwei mähende
Bauern vor hartblauem Himmel darstel-
lend. Erwähnt seien endlich noch Land-
schaften von Leistikow und Paul
Ehrenberg (München) und die sehr
feine Bronzefigur eines sitzenden Mäd-
chens von Ludwig Dasio.

Auch Keller & Reiner bringen eine
ganze Reihe von Landschaften zur Aus-
stellung. Fr. Overbeck ist mit einer
großen Mooransicht vertreten, die aller-
dings nicht auf der Höhe seiner sonsti-
gen Arbeiten steht, Hermann Widmer
mit mehreren annehmbaren Bildern aus
der Mark und Fritz Douzette mit ei-
nem lebensvollen »Sonntag an der Ha-
vel« sowie einer feinen silbrigen Mond-
johannes götz susanna Stimmung aus Holland. Besonders hin-

Kunstaussteilung Dresden 1908 weisen möchten wir auf zwei Bilder

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