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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Rohe, Maximilian Karl: Die Sommerausstellung der Münchner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0525
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DIE SOMMERAUSSTELLUNG DER MÜNCHNER SECESSION

FRANZ VON STUCK INFERNO

Copyright Franz Hanfstaengl, München

Auge, eine Arbeit von üppigem Kolorit und mit Zu Meditationen Veranlassung gebend ist
jener mondänen Eleganz heruntergestrichen, es, daQ mit die bedeutsamsten Schätze, die
über die der Künstler wie kaum einer verfügt, in der Abteilung Malerei zum Vorschein
Von den Stimmführern auswärtiger Seces- kommen, von zwei Toten gespendet sind,
sionen und bekannteren korrespondierenden deren Vertretung hier heute fast schon wie
Mitgliedern haben sich Kalchreuth, L. Co- ein Herüberreichen aus einer uns leider fremd
rinth, G. Sauter und Dill eingestellt. Ueber gewordenen Welt empfunden wird. Da ist
des Zuletztgenannten zwei Landschaften erübrigt Leibls „Hand des Rembrandtdeutschen", ein
es sich, Worte zu machen. Dieser Karlsruher Werk, von dem ich nicht anstehe zu er-
Künstler hält seit einerReihe von Jahren gleich- klären, daß nichts in all den Ausstellungs-
mäßig und sicher den Platz inne, wie er ihn räumen mich mit ähnlicher Intensität berührt
mit nur wenigen seiner Mitstrebenden von ehe- hat, ich müßte denn ein paar Plastiken aus-
mals errungen und beschert uns fortdauernd nehmen, von denen ich später zu reden haben
Arbeiten von feinstem Stimmungszauber und werde. Auf der Leinwand sieht man eine ruhig
sorgfältigster Abwägung der Tonwerte. In dia- daliegende, aus dem umgebenden Dunkel her-
metralem Gegensatz zur Weichheit seiner vorleuchtende Hand, nichts weiter—aberweich
Empfindungswelt steht Kalckreuths herbe unerhörter Ausdruck ist in diese Hand gelegt!
Weise, die in seiner Marine fast bis zur Nüch- Wer malt heute so etwas auch nur annähernd
ternheit geht, während sie dem Porträt des Dom- so gut, wer achtet überhaupt noch auf das
kapitulars Schnütgen (Abb. S. 504) zu sehr ein- Psychische, das so eine Hand auszudrücken
dringlicher Charakteristik verhilft. Dies Bild- imstande ist—ich wüßte keinen lebenden Maler
nis ist in der Tat eine der stärksten Gaben zu nennen und das in einer Zeit, die das Wort
der Schau, obgleich das Zeichnerische daran Expressionismus auf ihre Fahnen schreibt,
sich gegenüber dem Malerischen allzusehr in Auch Uhdes „In der Laube" zählt dem Wen-
den Vordergrund schiebt. Schlimm steht es vollsten zu, was die Schau zu bieten hat
um Corinths Aktkomposition „Nacktheit", die und nicht nur der goldenen Patina wegen, die
direkt abstoßend wirken würde, versöhnte nicht das Werk schon heute zeigt, fällt es aus seiner
das in ihr niedergelegte eminente Können. Umgebung heraus: es ist eine Impression,

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