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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 36.1920-1921

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Jessen, Peter: Buddhistische Plastik in deutscher Darstellung
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Neue Kunstliteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.14150#0125

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menschlich bewegter Handlung, von kalligra-
phischen Faltenschnörkeln zu flüssiger Ge-
wandung, bis zu dem fast naturalistischen Spiel,
wie es die genrehaften kleinen Tonfiguren bud-
dhistischer Legendenvorgänge aus dem Anfange
des 8. Jahrhunderts erfüllt. Die Abbildungen,
die dank der Güte des Verlages hier beigege-
ben sind, betonen besonders das Dekorative,
lassen aber den Ablauf vom Herben zum Ge-
fälligen erkennen. Ihn erläutern die Beschrei-
bungen des Textes und lehrreiche Zusammen-
fassungen, denen später eine weitere Gesamt-
darstellung folgen soll. Möge sie bald erschei-
nen: denn hier ist ein Werk, das der deutschen
Wissenschaft in jedem Betracht Ehre macht,
ohne deshalb derer zu vergessen, die sich an
erhabenen Beispielen schulen und starke, tiefe
Kunst genießen wollen. Wir freuen uns dop-
pelt der Ernte, die durch ein freundliches Ge-
schick noch eben vor dem Unwetter hat in die
Scheuer gebracht werden können.

Peter Jessen

NEUE KUNSTLITERATUR

Rembrandts sämtliche Radierungen in
getreuen Nachbildungen. Mappe I und III,
herausgegeben mit einer Einleitung von Hans
W. Singer. München, Holbein-Verlag.

Eine große würdige Gesamtausgabe von Rem-
brandts Radierungen fehlte seit längerer Zeit; die
französischen Publikationen aus den achtziger
Jahren sind längst vergriffen; das Werk von
D.Povinski mit seiner Wiedergabe aller bekannten
Plattenzustände nur den wenigsten Privaten zu-
gänglich, übrigens auch gar nicht als Arbeit, die
die Schönheiten des graphischen Werkes Rem-
brandts einem größeren Kreise zugänglich machen
soll, beabsichtigt; die handliche Ausgabe der
Klassiker der Kunst (Band VIII) ist auf das für
Radierungen ganz ungeeignete Kunstdruckpapier
abgezogen. Andere Ausgaben lassen die erwünschte
Vollständigkeit vermissen. Hocherfreulich ist es
darum, daß als Seitenstück zu seinem prächtigen
Kupferstichwerk Dürers der Verlag sich zu einer
Gesamtausgabe von Rembrandts Radierungen ent-
schlossen hatte. Jaro Springer hatte sie begonnen,
nur den zweiten Band, der die Produktion der
Jahre 1634 —1644 umfaßte, zu vollenden, war ihm
vergönnt, bevor er als Opfer des Weltkrieges in
Rußland s'arb. Nun ist der noch ausstehende
1. und 3. Teil, von H. W. Singer bearbeitet, auch
erschienen, so daß das ganze monumentale Werk,
das 312 Reproduktionen auf Tafeln und 63 allge-
mein für unecht gehaltene Werke als Anhang zu
der Einführung umfaßt, vorliegt. Über die Wich-
tigkeit von Rembrandts Radierwerk, die Genüsse,
die mit seiner Betrachtung verbunden sind, über
die doppelte Bedeutung sowohl für den, der rein
art:stisch-formale Anregungen in ihm sucht,und für
den, der von einem Kunstwerk auch einen ethisch-
moralischen Wert verlangt, über alle diese vielseiti-
genWirkungen,die das graphische Werk des größten
aller Radierer zu schaffen vermag, soll hier nicht
gesprochen werden; nur davon darf die Rede sein,

daß diese mancherlei Anregungen des großen Zau-
berers durch diese wertvolle Publikation weiteren
Kreisen erschlossen werden. Deutsche Gründlich-
keit und Gediegenheit feiern hier, unter all der
Not der heutigen Zeit, Triumphe ; dem noch unter
günstigeren Verhältnissen erschienenen früheren
Teile stehen die jetzt herausgekommenen Mappen
in der Klarheit und Sauberkeit des Druckes, der
vorzüglichen Ausstattung nicht nach. Zu bedauern
bleibt höchstens, daß der zweite Bearbeiter nicht
ebenso wie Jaro Springer die Plattenzustände, die
der Reproduktion zugrunde gelegt wurden, an-
gegeben hat. Denn nicht nur den Kunstliebhaber
wird diese gediegene Publikation erfreuen, sondern
auch den Gelehrten unter gewissen Umständen
neben den Originalen gute Dienste leisten. Der
weiteren Verbreitung steht auch der für heutige
Verhältnisse geringe Preis von 150 M. pro Mappe
nicht im Wege. Dr. W.B.

Käthe Kollwitz. Handzeichnungen in ori-
ginalgetreuen Wiedergaben. Dresden, Emil Richter
Verlag.

Bei kunstausübenden Frauen ist als eine nicht
eben seltene Erscheinung ein überstarkes Auftra-
gen, ein gewaltsames Übertreiben zu konstatieren,
leicht erklärlich aus dem Bestreben, die sonst den
Frauen nachgesagte Eigenschaft des lyriscl en
Rosafärbens, der Süße zu vermeiden. Bei den Ar-
beiten der Frau Käthe Kollwitz stellt sich nie die
Empfindung ein, daß sie Stoff oder Form über-
treibt, um ihr Geschlecht vergessen zu machen,
billige Effekte zu erzielen und damit leicht er-
rungenen Lorbeer heimzuholen. Die Form, in die
sie ihre ernsten, je aus den Nachtseiten des Le-
bens gewählten Themen kleidet, ist aus den letz-
teren herausgewachsen, beide sind zu einer un-
löslichen Einheit verschmolzen. Sie gibt nicht, wie
z. B. Walter Crane, sozialistische Agitationskunst
im Gewände der Pastoralen des 18. Jahrhunderts.
Ist ihr graphisches Schaffen überhaupt eine Agi-
tation skunst, wie so oft behauptet wird? Hierauf
wird wohl ebensowenig mit Ja zu antworten sein,
wie wenn man Rembrandt als Vorkämpfer der
sozialen Bewegung feiern würde, weil zerlumpte
Bettler und Ghettogestalten in sein graphisches
Werk Eingang gefunden haben. Eher dürfte man
behaupten, daß die Künstlerin ihre Modelle manch-
mal in zu gesteigerter, monumentaler Form um-
schafft, eine Form, die dann merkwürdig zu dem
realistischen Thema steht. Denn diese geistvolle
Gestalterin menschlichen Elends und Lasters sieht
in ihren Geschöpfen nur die große Linie, während
alles kleinlich naturalistische Beiwerk unterdrückt
wird. So bleibt nur eindringliche, große Kuns>t;
Hauptträgerin dieser Gestaltungsweise sind die
Handzeichnungen; mit deren gediegenen Publika-
tion diese Seite des Schaffens der Künstlerin wei-
teren Kreisen zugänglich zu machen, ist ein großes
Verdienst. Auf die Ausstattung ist ganz besondere
Sorgfalt verwendet worden, die sich nicht nur auf
die sichere Reproduktion der Technik, sondern
selbst auf die Wiedergabe des Originalpapieres
erstreckt. Die Auswahl der 24 Zeichnungen, denen
noch eine Originallithographie der Künstlerin bei-
gegeben ist, ist eine sehr geschickte; Entwürfe zu
den großen Radierungszyklen, zu einzelnen graphi-
schen Blättern, selbständige Zeichnungen und ein
kraftvolles Selbstbildnis der Künstlerin sind darin
enthalten. So ist die Mappe in hohem Maße ge-
eignet, der großen Gemeinde der Freunde von Käthe
Kollwitz neue Mitglieder zuzuführen. Dr. w. B.

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