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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 39.1923-1924

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Schumacher, Fritz: Vom Schaffen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14151#0249
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Zahllose Mißverständnisse auf dem Boden „schwer", „heiter", „hell", „laut", — alle diese

populärer Geschmacksurteile liegen darin, daß Bezeichnungen sind nichts als rohe Vergleiche

die Phraseologie unserer Alltags-Ästhetik die mit anderen Sinnesempfindungen. Es zeigt, daß

Begriffe, die zwischen schön und häßlich lie- hier ein Reich ist, dessen Wesen wir erst zu

gen, nicht herausgebildet hat. Die meisten ahnen beginnen.

Menschen meinen, daß man alles, was man *

nicht häßlich findet, schön finden muß. Wer kennt nicht vielbeachtete Menschen,

deren ganze geistige Betätigung in nichts an-
derem besteht als in Überschriften. Diese

Der weise Mann, welcher den Spruch auf- Überschriften werfen sie mit großer Geste in

stellte: „Über Geschmack läßt sich nicht strei- die Debatte des Lebens. Der eigentliche Text

ten", war ein Egoist. Er wollte sich die törich- interessiert sie nicht mehr.

ten Stunden ersparen, die man vergeudet, wenn *

man mit Schwerhörigen über Musik rechten Es gibt Dinge, die aufhören zu existieren,

muß. wenn sie sich beweisen lassen.

Aber aller Egoismus rächt sich. Hinter dem «-

Schutzwall dieses Spruches diktieren nunmehr Was im technischen Sinne „moralisch" ist,

die Schwerhörigen im Reiche der bildenden kann reizlos, gleichgültig, herausfordernd, aber

Kunst ungestört ihre Musikansichten der gan- nicht häßlich sein. Es gibt keine Häßlichkeit,

zen Welt. die nicht im technischen Sinne zugleich mora-

* lisch wäre.

Wie kommt es, daß der Mensch nur für Daraus geht nicht hervor, daß. nun alles

das Wesen der Farbwirkungen keine eigenen, Technisch-Moralische zugleich schön wäre,

diesem großen Reich unserer Eindrücke eigen- Zwischen schön und häßlich liegen neutrale

tümlich entwachsenen Wortbegriffe geprägt hat. Zwischenwerte.

„Warm", „leuchtend", „stumpf", „gebrochen", *

L. QUAGLIO D. J. GEBIRGSLANDSCHAFT MIT IN-

NEREM EINES BAUERNHOFES

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