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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Wohnungs-Ausstattung und Kleidertracht im Mittelalter
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Das Austrocknen der Wohnräume oder wann kann mit dem Anlegen der Tapete begonnen weren?
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Beschreibung zu unserer Beilange
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Künstliche Marmorplatten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0110
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Seite 96.

Nr. 12.

„Fachblatt für ^snnen-Deksration".

bemalt als geschnitzt werden, namentlich aber das Hervortreten der
Struktur der Möbel, und zwar als Element der Dekoration, sind be-
zeichnend für den gothischen Stil; sie erst bedeuten den völligen Bruch
mit der antiken Tradition. Während früher ein eigentliches Bett kaum
existirte, bildet es jetzt einen Hauptschmuck des Zimmers mit reichen
Vorhängen; zugleich tritt das für gothische Formen so passende Schmiede-
eisen bei Kleingeräthe vielfach an Stelle der Bronze. Wie der gothische
Baustil aus Frankreich herübergekommen ist, so war. dieses auch in der
Tracht Vorbild; statt der faltenreichen Drapirungen werden jetzt die
Kleider eng und die Schwere beherrscht die Gestaltung des Kostüms.
Den maßlosen Uebertreibungen in den Längen der Schnabelschuhe, den
Kleiderschleppen, den Aermelweiten suchte man durch Kleiderverordnungen
vergebens beizukommen, bis eine neue Zeit das Mittelalter ablöste und
mit dem größten Theile dieser Abgeschmacktheiten aufrüumte.

Das Kustvocknen öev Wosrnräitme

oder

wann kann mit dem Anlegen der Tapete begannen werden?

wann ist der Raum

ie Frage

^ einer Wohnung trocken genug,
um denselben bewohnen zu können,
ist eine der wichtigsten mit, denn
Jedermann weiß, daß das Wohnen
in nassen Räumen sehr nachtheilig
für die Gesundheit ist. Wird diese
Frage dem Tapezierer vorgelegt be-
hufs des Anlegens von Tapeten, so
kann derselbe die Trockenheit der
Wand in der Weise untersuchen,
indem er einfach etwas Kalk von den
Wänden löst und denselben mit
Essig begießt. Braust der Essig auf,
so ist das Zimmer trocken, braust
der Essig nicht auf, so wird, nicht
etwa durch das Anlegen der Tapete,
wohl aber durch etwaiges Bewohnen,
sich Nässe an den Wänden
zeigen, die vorher nicht vermuthet
wird, da die Wand ganz trocKn
erscheint. Und das geht so zu: der
Kalk, der zur Mörtelbereitung be-
nutzt wird, enthält chemische Bestand-
theile, welche an und für sich wasser-
haltig sind. Diese Nässe kann nur
durch längere Einwirkung von Wärme
und Luft vertrieben werden.

Man betrachte z. B. ein Stückchen
Soda; dasselbe ist außen vollständig
trocken, enthält innen jedoch ebenfalls
chemische Bestandtheile, welche bei
der Einwirkung von Säuren selbst-
thätig hervortreten. Genau so ver-
hält es sich mit dem noch nicht
ganz trocken gewordenen Kalk, wenn

ein Zimmer bewohnt wird, d. h. wenn die Kohlensäure, welche jeder
Mensch ausathmet, in Verbindung mit dem nicht genügend trockenen
Kalk tritt, die Nässe tritt dann hervor. Dieser Umwandlungsprozeß
dauert so lange, bis sich auf den Wänden eine hinreichend starke Schicht
kohlensaurer Kalk, der im gewöhnlichen Leben als Kreide bekannt ist
gebildet hat. Die Wände sind so lange feucht, und erst, wenn jene
Schicht sich gebildet hat, ist ein Zimmer wirklich trocken. Es folgt da-
raus nun die Nutzanwendung, neugebaute Zimmer event. nicht gleich zu
tapezieren, weil die Tapete nie durchlässig genug ist, sondern die Wände
zuerst mit einer Wasser- bezw. Leimfarbe zu streichen. Am besten
ist es natürlich, wenn man die Zimmer so lange unbenutzt läßt, bis die
chemische Austrocknung vollzogen ist. Beschleunigt wird diese durch
das Aufstellen von Coakskörben und Kohlenbecken, die mit glühenden
Coaks bezw. Kohlen gefüllt sind, in den geschlossenen Zimmern. Selbst-

verständlich dürfen sich dann keine Menschen in den Räumen aufhalten.
Durch Heizen der Oefen wird die chemische Austrocknung jedoch nicht
beschleunigt, das wollen mir ausdrücklich hervorheben.

Neschreikulttg zu unsrer Beilage.

n unsrer heutigen Beilage bringen wir die perspektivische Ansicht der
Fensterwand der Al t f r i e s is ch e n Bauernstube, wovon
bereits in Nummer 8 dieser Zeitschrift die Hintere Wand sowie der
Grundriß abgebildet waren. Die Entstehung und Einrichtung dieser
Stube haben wir seiner Zeit schon kurz beschrieben, sodaß uns nur noch
Einiges zu bemerken übrig bleibt. Vor Allem wird Jeder darin mit
uns übereinüimmen, daß das ganze Zimmer einen behaglichen. Jeden
anheimelnden Eindruck macht, daß die ganze Einrichtung mit verhältniß-
mäßig wenig Mitteln, aber einem feinen, ausgebildeten Geschmack getroffen
ist. Belrachten wir die Einrichtung und Ausstattung genauer und ziehen
Vergleiche in Bezug auf Stilrichtung und Konstruktion, so werden wir
zwischen diesem altsriesischen Zimmer bezw. dessen Einrichtung kaum
einen stark bemerkenswertsten Unterschied finden gegen die Einrichtung

in einem skandinavischen, süddeutschen

. - oder gar Schweizer-Bauernhaus.

Hier tritt es klar zu Tage, daß
die ursprünglichen einfachen Möbel
lediglich nur zum wirklichen Gebrauch
hergestellt und demgemäß konstruirt
waren, daß die künstlerische oder
vielmehr ornamentale Ausschmückung
sich nur auf einfache Linien, Schweif-
ungen, Schnitzereien usw. beschränkt
und niemals den Zweck des Gegen-
standes verläugnets. Die ganzen
Möbel sind aus der Nothwendigkeit
entstanden und tragen hier wie dort
einen fast einheitlichen Karakter. Der
Bauernschemel, Tisch oder Stuhl
aus Tölz, aus Norwegen oder Liv-
land, aus der Schweiz oder aus
Italien haben kaum hervorragende
stilistisch nationale Merkmale unter-
einander, alle zeigen vorzugsweise
eine solide, dem täglichen Gebrauch
entsprechende Konstruktion.

Abbildung Nr. 42. Wüffet. In Nußbamn-Holz.
ibn'wor'en und cuzgefnhr:

von Theodor Encke, Pariet-Fabrik in Magdeburg.

Uimstli ch e Marmore
W kalten.

Ein schön geäderter und leicht
zu polirender, künstlicher Marmor
.j wird nach folgendem Verfahren her-
j ^ gestellt:

Guter Portland - Csinent wird
mit cementächten Farben mit Hülfe
von möglichst wenig Wasser zu einem
Teig verarbeitet. Für jede Farbe
wird ein besonderer Teig bereitet. Zur Herstellung der Marmormaffe
werden dann die verschiedenen Theile lagenweise in verschiedenen dicken
Schichten aufeinander gelegt und die ganze Masse wird von allen Seiten
zusammengeklopft, mehr oder weniger breit geschlagen und so eine zu-
sammenhängende, je nach der Bearbeitung dichtere oder dünnere Aender-
ung erzielt. Schließlich wird der Cementkuchen in Scheiben geschnitten,
so daß die Schnittfläche durch die gefärbten Lagen geht. Diese Scheiben
werden direkt in die Form gepreßt, nach zwölf Tagen die fertigen
Gegenstände herausgenommen und bis zur völligen Abhärtung feucht
gehalten. Nach dem Erhärten findet das Schleifen wie bei natürlichem
Marmor, das Poliren unter Zuhilfenahme von Wasserglas statt. —
Der in Paris lebende Bildhauer Fr. Beer, ein geborener Oesterreicher,
hat ebenfalls ein Mittel gefunden, Marmor in ähnlicher Weise wie
„Gips" zum Guß von Ornamenten, Statuetten usw. zu verwenden.
 
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