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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Bötticher, Georg: Die Moderne Papiertapete
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0188
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unseren Querstraße 2?. — Erhältlich durch jede Buchhandlung des In- und Auslandes.— Nur „Spezial-Hefte" einzeln sANk. 2. erhält-
frei. Nachdruck, uw nicht ausdrücklich verboten, nur unter genauer (Quellenangabe gestattet, lich. Telegr.-Adr.: Verlag Roch, Darmstadt.


III. Jahrgang. Darmstadt, im September 1892. September-Heft.


ip modernp

apiertapete.

in den letzten 20 fahren einen größeren

Aufschwung genommen und ist- was die Formengebung betrifft, für
alle anderen Zweige dieses großen, nationalökonomisch eminent wichtigen,
Gebietes so vorbildlich und tonangebend geworden, als die Papiertapeten-
Fabrikation. Um so verwunderlicher erscheint dies, als das Material
derselben das denkbar geringste ist und die Geschichte des Kunstgewerbes
an mancherlei Beispielen zeigt, daß im Wettstreit der verschiedenen Ge-
werbe die vornehmeren, aus werthvollerem Material gegründeten, die
Führung zu übernehmen pflegen. Eine Erklärung liefert vielleicht der
Umstand, daß die Papiertapeten-Fabrikation eine verhältnißmäßig junge
ist, daß die Neuheit des Gegenstandes anreizend aus alle produktiven
Kräfte wirkte und diese veranlaßte, energisch sich demselben zu widmen,
ja sich auf denselben zu konzentriren. Wahrscheinlich auch, daß der all-
gemeine Aufschwung des Handels und der Gewerbe und das gesteigerte
Luxusbedürfniß jener Jahre dem Aufblühen eines neuen Industriezweiges

förderlich ward und daß die ungeheure und rapide Entwicklung der
Maschine diesen Vorgang noch unterstützte. Wie dem auch sei, Thatsachs
ist, daß die große stilistische Bewegung, die um die Mitte der 60 er
Jahre den ersten Vorstoß gegen den Naturalismus unternahm und nach
dem großen Uriege siegreich auf der ganzen Linie vordrang, im We-
sentlichen von der Papiertapete ausgegangen ist, in der Ausbildung
und Vervollkommnung dieses Produktes ihre größten Triumphe gefeiert
hat und erst nachher aus die Weberei und verwandte Gebiete der Kunst-
industrie übergesprungen ist. Es wäre der Mühe werth, diese Vor-
gänge einmal eingehender Schilderung zu unterziehen. Hier aber können
sie nur insoweit Erwähnung finden, als es zur Ausführung des ge-
stellten Themas nothwendig erscheint.

Wir sagten vorhin, daß die Papiertapeten - Fabrikation eine ver-
hältnißmäßig junge sei. Nun ist uns wohlbekannt, daß bereits im
XVII. Jahrhundert, vielleicht schon früher, in Deutschland und ander-
wärts Papiertapeten angefertigt wurden. Aber anderntheils ist uns
fast jede Kunde von den (Orten, wo diese Fabrikation ausgeübt ward,
verloren gegangen und von den Produkten derselben so wenig erhalten
geblieben, daß es fraglich bleibt, ob diese Produkte ihr Dasein einer
ordentlich betriebenen Industrie oder nur der sporadischen Thätigkeit
einzelner veranlagter Köpfe verdanken. Und wenn auch einige wenige
Etablissements, wie I. Zuber Tie. in Rixheim, ihren Ursprung bis ins
Ende vorigen Jahrhunderts zurückdatiren, so kann doch mit Fug und
Recht behauptet werden, daß in Deutschland die ordentliche Fabrikation
der Papiertapete erst Ende der 30 er, Anfang der HO er Jahre beginnt.
Fast gleichzeitig entstanden damals die Fabriken: Flammersheim und
Steinmann in Köln, H. Engelhard in Mannheim, August Schütz in
Wurzen und andere. Die Verwendung unendlichen Papieres und später-
hin der Maschinen zur Herstellung der anfangs nur mit der Hand ge-
fertigten Tapeten ließen allerorts neue Fabriken emporwachsen. Augen-
blicklich zählt Deutschland nach dem Koch'schen Adreßbuch Papier-
tapeten-Fabriken.

Blättern wir nun ein wenig in den Musterkarten der ältesten
Etablissements. Die allerersten Muster, die wir da zu sehen bekommen,
zeigen eine Art geistlosen Rokokos, eine Anhäufung banaler Schnörkel,
 
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