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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Rücklin, Rudolf: Dekorative Gefäße, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0195
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September-Heft.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Seite




.










dekorativ^

von R. Rückt in, Pforzheim. «Schluß.)

Mittelalter als bedeutungslos bei Seite lassend,
wenden wir uns der Renaissance zu, die eine überaus
große Mannigfaltigkeit an
Formen und besonders an Materialien
aufweist. Da sind vor Allem die
italienischen bemalten Fayencevasen,
die großentheils fürstlicher Liebhaberei
ihr Dasein verdanken und dementspre-
chend ohne Rücksicht auf Zeit und
Rosten hergestellt sind. Was Technik,

Behandlung und künstlerischen Werth
betrifft, so kann aus das über die
gleichzeitigen Teller Gesagte hinge-
wiesen werden. Der Renaissance —
auch noch der Spätrenaisiance — eigen
sind die aus verschiedenen Materialien
montirten Arbeiten, worunter nament-
lich diejenigen aus edlen Steinarten mit
Bronzemontirung von unserem Gesichts-
punkte aus einen hervorragenden Platz
einnehmen. Es lebt die echte Fantasie
und die ganze Farbenfreude jener
Blüthezeit der dekorativen Runst in
diesen, aus geflammten, geäderten oder
bunt marmorirten Steinarten geschnit-
tenen Gefäßen mit ihren Ehimären-
henkeln und fantastischen Bekrönungen.

Freilich läuft bei dem Bestreben, den
von der Natur gebotenen Steinfindling
möglichst auszunützen — es gilt dies
hauptsächlich von deutschen Arbeiten
— gar manches Wunderliche und
Barocke mit unter, während anderes,
der allzu komplizirten, goldschmiede-
mäßigen Ausstattung wegen, nur als
Prunk- und Liebhaberstück betrachtet
werden kann. Die folgende Zeit, das
s8.Jahrhundert, steht unter dem Zeichen
des Porzellans. Während die ersten,
durch den Handel erworbenen Stücke
als besondere Rostbarkeiten öfters in
Metall gefaßt und so zu Ziergefäßen
umgewandelt wurden, warf man sich,
sobald man die Herstellung des be-
gehrten Stoffes gelernt hatte, besonders auf die plastische Aus-
gestaltung der Porzellanvase, die durch eingerahmte Bildflächen
unterbrochen wurde. Zn dieser Art ist das Porzellan das künst-
lerische Schoßkind des Rokoko, dessen Formen seinem innersten
Wesen heute noch am besten zu entsprechen scheinen. Die meist
unter fürstlichem Schutze stehenden Porzellanmanufakturen, unter

denen Ssvres und Meißen die bekanntesten sind, wetteiferten
besonders darin, Prachtvasen von luxuriösester Ausstattung und
theilweise ganz ungewöhnlicher Größe herzustellen. So stehen
z. B. in einem Saale des kgl. Schlosses zu Madrid vier Vasen
von je 2 m Höhe, die zu den feinsten Prachtstücken dieser Gattung

gezählt werden müssen. Gegen das
Ende des Jahrhunderts lieferte das
Wedgevood-Etablissement in England,
auf antike Formen zurückgreifend, in
Steingut eine Menge origineller und
wirkungsvoller Ziervasen, unter denen
die Gesteinsimitationen, Granit, Achat,
Porphyr, Jaspis durch ihre staunens-
werthe Naturtreue auffallen.

Die Erzeugnisse der Neuzeit in
Ziervasen stehen hinter keiner ver-
gangenen Epoche zurück, und besonders
unser deutsches Runstgewerbe weiß
seinen Platz zu behaupten. Ohne mich
auf eine Uebersicht moderner Arbeiten
einzulaffen, möchte ich doch auf zwei
Erscheinungen von durchschlagender
Originalität Hinweisen. Die eine sehe
ich in den Vasen in Zinnguß, wie sie
einige französische Plastiker der Neuzeit,
vor Allem Ledru, in freier, künstlerischer
Eigenart schufen. Es sind Arbeiten
von weichem, fließendem Umriß, Zinn-
gefäße, an deren Bauch, Henkel und
Halsöffnung sich Frauen- und Rinder-
gestalten, Nymphen und Amoretten
mit jener lässigen Grazie anschmiegen,
die der neueren französischen Bildnerei
eigen. Ohne die Eigenheit des Ganzen
irgendwie zu beeinträchtigen, leben sich
diese Figuren doch so voll und freudig
aus, daß man ganz vergißt, daß sie
schmückende Zuthat sind; so gewähren
sie einen Runstgenuß, der keiner Inter-
pretation bedarf. Mit einer zweiten
Neuerung, die allerdings im Wesent-
lichen auf einen technischen Rniffhinaus-
läust, hat uns die Ehicago-Ausstellung
bekannt gemacht. Es sind dies Fayence-
gefäße, die aus galvanischem Wege
einen Silberüberzug erhielten, aus dem
das gewünschte Muster herausge-
schnitten wird. Flott behandelt, machen diese Gefäße einen sehr
angenehmen Eindruck durch den Rontrast der blitzenden Metall-
fassung auf den tiefen, saftigen Tönen der Fayence. Im Allge-
meinen kann noch gesagt werden, daß, soweit es sich nicht um
Luxusarbeiten handelt, unsere Runstindustrie besonders in der Her-
stellung dekorativer Glasgefäße exzellirt, die, entweder mit Metall-

Abbildung Nr.-4 Laterne im Bibliotheks-Treppenhaus.
 
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