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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 1
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Kleist, Heinrich von: Katechismus des Deutschen: abgefasst nach dem Spanischen zum Gebrauch für Kinder und Alte
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0045

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Antw. Um ihnen diese Güter völlig verächtlich zu
machen, und sie anzuregen, nach den höheren und
höchsten, die Gott den Menschen beschert hat, hinan-
zustreben.

Fr. Und welches sind die höchsten Güter der Men-
schen?

Antw. Gott, Vaterland, Kaiser, Freiheit, Liebe und
Treue, Schönheit, Wissenschaft und Kunst.

Neuntes Kapitel.
Eine Nebenfrage.

Fr. Sage mir, mein Sohn, wohin kommt der, welcher
liebt? In den Himmel oder in die Hölle?

Antw. In den Himmel.

Fr. Und der, welcher hasst?

Antw. In die Hölle.

Fr. Aber derjenige, welcher weder liebt noch hasst:
wohin kommt der?

Antw. Welcher weder liebt noch hasst?

Fr. Ja! — Hast du die schöne Fabel vergessen?

Antw. Nein, mein Vater.

Fr. Nun? Wohin kommt er?

Antw. Der kommt in die siebente, tiefste und
unterste Hölle.

Zehntes Kapitel.
Von der Verfassung der Deutschen.

Fr. Wer ist der Herr der Deutschen?

Antw. Die Deutschen, hast du mich gelehrt, haben
keinen Herrn.

Fr. Die Deutschen hätten keinen Herrn? Da hast
du mich falsch verstanden. Dein eigner Herr, zum Bei-
spiel, ist der König von Sachsen.

Antw. Der König von Sachsen?

Fr. Ja; der König von Sachsen!

Antw. Das war dieser edle Herr, mein Vater, als er
noch dem Vaterlande diente. Er wird es auch wieder
werden, so gewiss als er zu seiner Pflicht, die ihm be-
fiehlt, sich dem Vaterlande zu weihen, zurückkehrt.
Doch jetzt, da er sich, durch schlechte und bestochene
Ratgeber verführt, den Feinden des Reichs verbunden
hat, jetzt ist er es, für die Wackeren unter den Sachsen,
nicht mehr, und dein Sohn, so weh es ihm thut, ist ihm
keinen Gehorsam schuldig.

Fr. So sind die Sachsen ein unglückliches Volk. —
Sind sie die einzigen, oder gibt es noch mehrere Völker
in Deutschland, die keinen Herrn haben?

Antw. Noch viele, mein lieber Vater.

__ _ _ _ _*

wo sie sie immer treffen mögen, erschlagen.

Fr. Hat er dies allen oder den einzelnen befohlen?

Ant. Allen und den einzelnen.

Fr. Aber der einzelne, wenn er zu den Waffen griffe,
würde oftmals nur in sein Verderben laufen?

* Hier fehlt ein Stück des Textes, das den Schluss des
zehnten Kapitals, das ganze elfte und den Anfang des
zwölften Kapitels umfasste.

Antw. Allerdings, mein Vater; das wird er.

Fr. Er muss also lieber warten, bis ein Haufen zu-
sammengelaufen ist, um sich diesem anzuschliessen?

Antw. Nein, mein Vater.

Fr. Warum nicht?

Antw. Du scherzest, wenn du so fragst.

Fr. So rede!

Antw. Weil, wenn jedweder so dächte, gar kein
Haufen zusammenlaufen würde, an den man sich an-
schliessen könnte.

Fr. Mithin — was ist die Pflicht jedes einzelnen?

Antw. Unmittelbar, auf das Gebot des Kaisers, zu
den Waffen zu greifen, den anderen, wie die hoch-
herzigen Tiroler, ein Beispiel zu geben, und die Fran-
zosen, wo sie angetroffen werden mögen, zu erschlagen.

Dreizehntes Kapitel.
Von den freiwilligen Beiträgen.

Fr. Wen Gott mit Gütern gesegnet hat, was muss
der noch ausserdem für den Fortgang des Kriegs, der
geführt wird, tun?

Antw. Er muss, was er entbehren kann, zur Be-
streitung seiner Kosten hergeben.

Fr. Was kann der Mensch entbehren?

Antw. Alles, bis auf Wasser und Brot, das ihn er-
nährt, und ein Gewand, das ihn deckt.

Fr. Wie viel Gründe kannst du anführen, um die
Menschen, freiwillige Beiträge einzuliefern, zu bewegen ?

Antw. Zwei: einen, der nicht viel einbringen wird,
und einen, der die Führer des Kriegs reich machen
muss, falls die Menschen nicht mit Blindheit geschlagen
sind.

Fr. Welcher ist der, der nicht viel einbringen wird?

Antw. Weil Geld und Gut, gegen das, was damit er-
rungen werden soll, nichtswürdig sind.

Fr. Und welcher ist der, der die Führer des Krieges
reich machen muss, falls die Menschen nicht mit Blind-
heit geschlagen sind?

Ant. Weil es die Franzosen doch wegnehmen.

Vierzehntes Kapitel.
Von den obersten Staatsbeamten.

Fr. Die Staatsbeamten, die dem Kaiser von Oster-
reich, und den echten deutschen Fürsten, treu dienen,
findest du nicht, mein Sohn, dass sie einen gefährlichen
Stand haben?

Antw. Allerdings, mein Vater.

Fr. Warum?

Antw. Weil, wenn der korsische Kaiser ins Land
käme, er sie, um dieser Treue willen, bitter bestrafen
würde.

Fr. Also ist es, für jeden, der auf einer wichtigen
Landesstelle steht, der Klugheit gemäss, sich zurück-
halten, und sich nicht, mit Eifer, auf heftige Massregeln,
wenn sie ihm auch von der Regierung anbefohlen sein
sollten, einzulassen.

Antw. Pfui doch, mein Vater; was sprichst du da!

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