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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 3
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Waldmann, Emil: Krieg und Schlacht in der Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0138

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T1NTORETTO, DIE SCHLACHT AUF DEM GARDASEE. DECKENBILD

VENEDIG, DOGBNl'ALAST

Kapital haben dann noch viele Nachfahren gezehrt,
auch abgesehen von den Scharen italienischer Künst-
ler;, welche den Karton abzeichneten.

Auch Raffael hat ein grosses Schlachtenbild in
Auftrag bekommen, die Konstantinsschlacht im
Vatikan. Doch hat ihn diese Aufgabe wenig ge-
reizt. Das Bild, das von Schülerhand ausgeführt
ist, verrät so wenig von seiner grossen Kompositions-
kunst, dass man nicht annehmen mag, auch nur der
Karton dazu stamme von ihm. Er wird auch die
ganze Anlage Schülern überlassen und sich mit
wenigen Angaben begnügt haben, sowie mit der
Hergabe einzelner Detailstudien. Hätte Raffael sich
der Sache mit dem gleichen künstlerischen Eifer
angenommen, wie in den Werken der beiden ersten
Freskenzyklen der Stanzen (Zimmer der Disputa
und Zimmer des Heliodor), so hätte er sicher, wie
Michelangelo und wie Lionardo, gesehen, dass der
Aufgabe nur mit der Beschränkung auf einen Aus-
schnitt beizukommen war und dass man keine ganze
Schlacht malen kann. Das kompositioneile Hilfs-
mittel, das darin besteht die Hauptfigur der Kon-
stantinsschlacht für das Auge durch die scharfen

Akzente der Lanzen, Stangen und Fahnen kenntlich
zu machen,sowie durch die Hinzufügung einiger über
ihm in der Luft schwebenden Engel herauszuheben,
(die einzigen Figuren von typisch raffaelischer Zeich-
nung — also wohl Zuthaten während der Ausfüh-
rung) kann das im Prinzip falsche Ganze nicht retten.
Und so wie Rarfael, war es auch Tizian
höchst unbequem, ein Historienbild zu malen. Im
Jahre i 5 13 hatte er sich verpflichtet, für den Saal
des Grossen Rats im Dogenpalast ein Wandgemälde
auszuführen, das die Schlacht bei Cadore (2. März
1508) darstellen sollte, in welcher die Venezianer
den Soldaten Karls V. eine schwere Niederlage bei-
brachten. Aber immer wieder hat er sich trotz
häufiger Mahnung dieser Arbeit entzogen, und erst
1537, ais sein Konkurrent Pordenone in Venedig
auftrat, und er 1800 Dukaten Strafe zahlen musste
und man ihm das Einkommen aus seinem Makler-
patent entzog, Hess er sich endlich dazu herbei, sein
Versprechen zu halten. Wenn auch äussere Gründe
für seine Saumseligkeit mitbestimmend gewesen
sein mögen — der leichtere Verdienst durch Staffelei-
bilder und Bildnisse, sowie seine Abneigung gegen

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