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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 3
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Waldmann, Emil: Krieg und Schlacht in der Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0139

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ALBRECHT DÜREK, BELAGERUNG VON HOHENASPERG. ZEICHNUNG

BERLIN, KUI'IERSTICHKABINETT

das Fresko — der tiefere Grund wird doch der
gewesen sein, dass dieser Stoff mit seiner strengen
Bindung, wie sie die verlangte historische Treue
dem Zeitereignis gegenüber verlangte, ihm die male-
rische Phantasie lähmte, zumal da eine entschiedene
Stellungnahme in politischer Hinsicht bei den da-
maligen zerfahrenen politischen Verhältnissen für
ihn, den Ritter von deutschen Kaisers Gnaden, be-
sonders schwierig und heikel war. Er hat sich dann
auch, als er endlich 1537 an die Arbeit ging, soweit
vom Historischen entfernt, wie nur irgend mög-
lich. Kostüm und Uniform ignorierteer, die Kaiser-
lichen steckte er in antike Panzer, die Venezianer
tragen nur das allgemeine Ritterkostüm ohne Ab-
zeichen und auf der Sturmfahne, wo man
den Markuslöwen erwarten muss, brachte er
das Wappen des Cornaro an. Historisch treu ist
nur das Lokal, Tizian kannte die Gegend von
Cadore genau, es war ja seine Heimat, und wenn
die Betrachter seines Bildes sich sagen mochten:
„Ja, so war es in Wirklichkeit", so ist daran im
wesentlichen die Berglandschaft mit ihren schroffen
Karstfelsen schuld. Denn im übrigen hat Tizian

nur das Allgemeinste gegeben, die Reiterschlacht,
die um eine Brücke tobt, die ruhig anreitenden
Venezianer auf der einen, die wild durcheinander-
gewühlten Kaiserlichen auf der andren Seite, und
als Hauptpunkte ein paar besonders schöne und
von allen alten Beschreibern hervorgehobene Details,
ein prächtiges Pferd, eine schöne pathetisch schreien-
de Frau, einen verkürzt liegenden Akt, und vorn
rechts bei einer Kanone den venezianischen Feld-
herrn, dem ein Knappe den Panzer anlegt, mit feinen
koloristischen Spiegeleffekten im Eisen der Rüstung.
Ein Mittelding zwischen Schlacht und Episode, mit
aller Kenntnis von Lionardo und „Raffael", auch
mit Verwertung des „Kletternden" aus Michelangelos
Karton. Gegliederter als die Konstantinsschlacht,
aber zerfahrener als Lionardos Reiterkampf, im
einzelnen malerisch sicher von grosser Schönheit,
wenn wir nach der alten Teilkopie in den Uffizien
schliessen dürfen, aber doch als Leistung zwitter-
haft — es fehlen die grossen Akzente, denn die
Gruppe des Feldherrn versinkt am unteren Bild-
rande.

(Fortsetzung folgt.)

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