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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 10
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Kunstausstellungen
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MAX BECKMANN, WANDMALEREI

■ UNSTAUSSTELLUNGEN

BERLIN

Im Salon Cassirer waren einige
Sammlungen von guter Sezessions-
kunsr, Entwicklungskunst zu sehen,
vorwiegend landschaftsmalerische Dinge, die in runder,
reifer Form sich mit den atmosphärischen Bedingungen
der Natur auseinandersetzen, man könnte sagen: pro-
grammatisch, wenn nicht die Reize der Persönlichkeit
fein betont, hinzukämen. Ulrich Hübners Herz hängt
nach wie vor an den deutschen Niederungen, wo die
feuchte Luft toniger Breite, farbigem Glanz und
Schimmer so sehr entgegenkommt. Hamburg, Trave-
münde und Lübeck; dann aber auch unsere Havel.
Durch einen grossen Reichtum wechselnder Motive
führt Hübner sein Monetideal hindurch. Diesen Licht-
romantizismus hat seine deutsche Seele allmählich ganz
in sich verarbeiten können. Sein neugeborenes Auge
sieht klar und rein den spezifischen Stimmungsgehalt
jener heimischen Landstriche, wo des Meeres Nähe
fühlbar wird, wo Wasser, Wald, relieflose Landschaft
sich einen. Ist hier farbige Bewegung das Wesentliche,
so ist bei Fritz Rhein mehr farbige Stille, ein Nachdruck
auf latente zeichnerische Gestaltungen, Motive aus
Holland, Mecklenburg, von Potsdam und Rheinsberg.
Die malerische Poesie liegt hier in der Schiefwinkligkeit

kleiner Häuserreihen, versteckter Gässchen, uralter
Fassaden, in der Bürgerlichkeit typischer Märkte, im
Zickzack verschwiegener Flussläufe. Überall ist der
Rhythmus der Linie betont; die Farbe ist von unpathe-
tischer Gehaltenheit,manchmal etwas zögernd und schwer.
Rhein hat draussen im Felde Zeit gefunden, Porträts zu
malen; zumal das Bildnis eines Offiziers im Sessel zeigt
eine erfrischte, dem reinen, vertraulichen Ausdruck
zustrebende Beobachtungsabe. J. E.

Es stellt sich mehr und mehr heraus, dass in dieser
Zeit Ausstellungen am meisten interessieren, in denen
eine Übersicht unseres Kunstbestandes gegeben wird.
Wer sich jetzt mit der Kunst beschäftigt, thut es, in-
dem er eine Bilanz zu ziehen sucht. Was solchen
Versuch fördert, ist willkommen — zum Beispiel die
beiden Ausstellungen bei Fritz Gurlitt oder die von
Bildern alter Meister aus Berliner Privatbesitz, bei Paul
Cassirer, die im nächsten Hefte besprochen werden soll —,
unwillkommen sind dagegen Ausstellungen, in denen die
revolutionäre Geste, die wir aus der Zeit vor dem Krieg
kennen, wiederholt wird, ohne dass doch wesentlich
Neues gezeigt werden könnte. Veranstaltungen wie die
der Neuen Münchener Sezession in den Räumen des
Graphik-Verlages am Pariser Platz oder wie die Mai-

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