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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 5
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Rösler, Waldemar: Ein Feldpostbrief: mit Zeichnungen vom Kriegsschauplatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0234

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WALDEMAR RÖSLER, „STEH' ICH IN FINSTRER MITTERNACHT"

EIN FELDPOSTBRIEF

MIT ZEICHNUNGEN VOM KRIEGSSCHAUPLATZ

VON

WALDEMAR RÖSLER

"ir haben mal wieder ein paar Tage Erholung.
Wir waren fünf Tage und fünf Nächte im
' Schützengraben in erster Linie, 200—joom
von den Schützengräben vom Feind entfernt. Von den
Schützengräben macht man sich eine falsche Vorstellung
nach der Bezeichnung: Schützengräben. Es sindeinzelne
Erdlöcher, in die man rein kriecht auf allen Vieren, oben
zugedeckt mit alten Thüren und Zäunen aus benach-
barten zerstörten Dörfern, Decken oder Stroh darauf
gedeckt und Erde darauf. Bei mir lagen schöne ge-
häkelte Decken über einer zerbrochenen Thür. Leider

ist das alles nicht wasserdicht, was bei dieser feuchten
Witterung nicht köstlich ist. Heute haben wir sogar
richtigen Schnee. Dazu ist hier ein Lehmboden, der
einem die Stiefeln auszieht.

Hinter uns liegen tote Kühe, die hier überall auf
den Feldern liegen, die erschossen oder sonst verendet
sind, weil sie nicht gemolken worden sind; auch ein
toter Engländer lag da seit längerer Zeit und wenn
der Wind ungünstig stand, hatte man den Geruch im
Erdloch. Der Erdboden ist so zäh, dass jede Schaufel
mit den Fingern abgekratzt werden muss; und da das

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