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WALDEMA.R RÖSLER, VOR MESSINES
FELDPOSTBRIEFE AUS DEM WESTEN
VON
WALDEMAR RÖSLER
IV
d. 2. 2. IJ.
Besten Dank für den Brief v. 28. 1. Wie man
doch im Kriege ordentlich wird und auf Datum
usw. achtet; uns war das öfter sehr wichtig, wenn
wir so ganz von der Aussenwelt abgeschnitten
waren und die genialen Frauen nie ein Datum
schrieben. Ja, wenn man hier so an die sechs ver-
gangenen Kriegsmonate denkt, an all das, was man
gesehen und erlebte und dann wieder an den abge-
brochenen Sommeraufenthalt vorher an der Ost-
see, wo die schönen Mädchen unserm Fischer-
wagen nachwinkten, wie wir plötzlich abfahren
mussten, (das „Winken" galt meinem Freunde, der
als einer der ersten bei Tannenberg fiel), und wir
ihnen zuriefen: wir kommen bald wieder; man
muss sein Gedächtnis schon sehr anstrengen, damit
man sich noch dunkel entsinnen kann, dass man
mal Maler war. — Und dann in Berlin die Tage,
wo man sein Haus bestellte, für einige Monate:
„denn lange kann so ein Weltkrieg ja nicht dau-
ern", und jetzt sind es schon sechs Monate, und
alle Welt scheint sich dran gewöhnt zu haben und
all' die mörderischen Nachrichten werden so selbst-
verständlich hingenommen als wenns noch so jahre-
lang weitergehen könnte.
Und wie man dann zu Fuss von Aachen aus in
Feindesland einmarschierte. Diese wundervolle
Landschaft, so grün alles und fruchtbar, so fried-
lich; nur ein umgekippter Wagen oder ein ver-
branntes Auto brachte einem ins Gedächtnis, dass
Krieg war. Und dabei konnte man sich so gar
nichts denken.
Dann zogen wir weiter und sahen die Schrecken
des Krieges: ganz abgebrannte Dörfer, totes Vieh,
Kinder ohne Eltern, schöne Möbel auf der Strasse,
Und dann mal ein zerschossener Packwagen von
320
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•lUrC* ritt fr
WALDEMA.R RÖSLER, VOR MESSINES
FELDPOSTBRIEFE AUS DEM WESTEN
VON
WALDEMAR RÖSLER
IV
d. 2. 2. IJ.
Besten Dank für den Brief v. 28. 1. Wie man
doch im Kriege ordentlich wird und auf Datum
usw. achtet; uns war das öfter sehr wichtig, wenn
wir so ganz von der Aussenwelt abgeschnitten
waren und die genialen Frauen nie ein Datum
schrieben. Ja, wenn man hier so an die sechs ver-
gangenen Kriegsmonate denkt, an all das, was man
gesehen und erlebte und dann wieder an den abge-
brochenen Sommeraufenthalt vorher an der Ost-
see, wo die schönen Mädchen unserm Fischer-
wagen nachwinkten, wie wir plötzlich abfahren
mussten, (das „Winken" galt meinem Freunde, der
als einer der ersten bei Tannenberg fiel), und wir
ihnen zuriefen: wir kommen bald wieder; man
muss sein Gedächtnis schon sehr anstrengen, damit
man sich noch dunkel entsinnen kann, dass man
mal Maler war. — Und dann in Berlin die Tage,
wo man sein Haus bestellte, für einige Monate:
„denn lange kann so ein Weltkrieg ja nicht dau-
ern", und jetzt sind es schon sechs Monate, und
alle Welt scheint sich dran gewöhnt zu haben und
all' die mörderischen Nachrichten werden so selbst-
verständlich hingenommen als wenns noch so jahre-
lang weitergehen könnte.
Und wie man dann zu Fuss von Aachen aus in
Feindesland einmarschierte. Diese wundervolle
Landschaft, so grün alles und fruchtbar, so fried-
lich; nur ein umgekippter Wagen oder ein ver-
branntes Auto brachte einem ins Gedächtnis, dass
Krieg war. Und dabei konnte man sich so gar
nichts denken.
Dann zogen wir weiter und sahen die Schrecken
des Krieges: ganz abgebrannte Dörfer, totes Vieh,
Kinder ohne Eltern, schöne Möbel auf der Strasse,
Und dann mal ein zerschossener Packwagen von
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