unseren Truppen, das greift einen doch gleich an,
ein bisschen so, als wenns ein Stück von einem selbst
wäre und man bekommt mehr Empfinduug für den
Begriff: der Feind.
Bei diesen Märschen entpuppten sich auch die
kriegstüchtigen Leute sehr schnell, die in jeder Si-
tuation sich zurechtfinden. Die, wenn eine Kuh
auf der Weide zu sehen ist, schnell hinlaufen und
sie melken und unter einem Trümmerhaufen ein
Fass Butter oder Wein finden und abends sicher
eine leidliche Schlafstelle haben. Aber allmählich
lernen es die anderen auch.
Dann sahen wir das erste Schlachtfeld mit
Massengräbern von Deutschen und Belgiern; man
versuchte sich das Gefecht vorzustellen: es muss
doch sehr, sehr böse sein, über so ein freies Ge-
lände bergan und der Feind liegt so schön ver-
steckt und gedeckt. Abends gings weiter durch
Hohlwege, stockfinster, durch das brennende Vise
an der Maas entlang, mit der aufgeregt-schönste
Anblick, den ich im Kriege gehabt habe; dann im
hohen nassen Gras die Nacht schlafen, zum ersten
Male und jeder glaubt: das hältst du nicht lange
aus. Der Weg, den wir einschlagen, ist bald nörd-
lich bald südlich und kreuz und quer, Gott, wo
sind wir überall zu Gast gewesen. Jeder Tag voll
von allen möglichen Erlebnissen und Eindrücken.
In dem ersten grösseren Etappenort sahen wir zum
ersten Male lebendige Feinde in den verschieden-
sten Uniformen, meistens Belgier, nach ein paar
Tagen auch Franzosen; sie wurden in die schöne
grosse Kirche eingesperrt und dann, wie es gerade
passte, abtransportiert.
Auf den Märschen hörten wir die Siegesnach-
richten, was immer mit „lieb Vaterland magst
ruhig sein" und den „Vöglein im Walde" verbun-
den war. Mein Gott, wie oft ist damals schon,
Ende August, Beifort gefallen! Aber den Rekord
hatte Antwerpen. — Zeitungen und Briefe erreich-
ten uns nicht; erst als wir durch das brennende
Löwen marschierten und ausserhalb der Stadt Halt
machten auf einem Hügel, da wurde zum ersten-
mal nach meiner Erinnerung Post verteilt. Ein
schöner Abend, ein Brief von der Geliebten und
dazu der rote Himmel zwischen den grünen Bäu-
men. Nur schade, dass Krieg war. — Dann
gings weiter an Brüssel vorbei durch wunder-
volle Buchenwälder, die wir jetzt im Winter wie-
dergesehen haben und die Stelle, wo wir damals
lagerten an einem sehr heissen Tage und auf der
Stelle einschliefen. —
Und dann gings immer südlicher nach Mons.
Hier sahen wir die ersten gefangenen Engländer
und bekamen einen guten Eindruck von diesen
WALDEMAR RÖSLER, IM SCHÜTZENGRABEN
ein bisschen so, als wenns ein Stück von einem selbst
wäre und man bekommt mehr Empfinduug für den
Begriff: der Feind.
Bei diesen Märschen entpuppten sich auch die
kriegstüchtigen Leute sehr schnell, die in jeder Si-
tuation sich zurechtfinden. Die, wenn eine Kuh
auf der Weide zu sehen ist, schnell hinlaufen und
sie melken und unter einem Trümmerhaufen ein
Fass Butter oder Wein finden und abends sicher
eine leidliche Schlafstelle haben. Aber allmählich
lernen es die anderen auch.
Dann sahen wir das erste Schlachtfeld mit
Massengräbern von Deutschen und Belgiern; man
versuchte sich das Gefecht vorzustellen: es muss
doch sehr, sehr böse sein, über so ein freies Ge-
lände bergan und der Feind liegt so schön ver-
steckt und gedeckt. Abends gings weiter durch
Hohlwege, stockfinster, durch das brennende Vise
an der Maas entlang, mit der aufgeregt-schönste
Anblick, den ich im Kriege gehabt habe; dann im
hohen nassen Gras die Nacht schlafen, zum ersten
Male und jeder glaubt: das hältst du nicht lange
aus. Der Weg, den wir einschlagen, ist bald nörd-
lich bald südlich und kreuz und quer, Gott, wo
sind wir überall zu Gast gewesen. Jeder Tag voll
von allen möglichen Erlebnissen und Eindrücken.
In dem ersten grösseren Etappenort sahen wir zum
ersten Male lebendige Feinde in den verschieden-
sten Uniformen, meistens Belgier, nach ein paar
Tagen auch Franzosen; sie wurden in die schöne
grosse Kirche eingesperrt und dann, wie es gerade
passte, abtransportiert.
Auf den Märschen hörten wir die Siegesnach-
richten, was immer mit „lieb Vaterland magst
ruhig sein" und den „Vöglein im Walde" verbun-
den war. Mein Gott, wie oft ist damals schon,
Ende August, Beifort gefallen! Aber den Rekord
hatte Antwerpen. — Zeitungen und Briefe erreich-
ten uns nicht; erst als wir durch das brennende
Löwen marschierten und ausserhalb der Stadt Halt
machten auf einem Hügel, da wurde zum ersten-
mal nach meiner Erinnerung Post verteilt. Ein
schöner Abend, ein Brief von der Geliebten und
dazu der rote Himmel zwischen den grünen Bäu-
men. Nur schade, dass Krieg war. — Dann
gings weiter an Brüssel vorbei durch wunder-
volle Buchenwälder, die wir jetzt im Winter wie-
dergesehen haben und die Stelle, wo wir damals
lagerten an einem sehr heissen Tage und auf der
Stelle einschliefen. —
Und dann gings immer südlicher nach Mons.
Hier sahen wir die ersten gefangenen Engländer
und bekamen einen guten Eindruck von diesen
WALDEMAR RÖSLER, IM SCHÜTZENGRABEN