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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 8
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Elias, Julius: Aus der Akademie der Künste
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Berliner Städtische Hochbauverwaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0408

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selbst hinausgewachsen. Keiner kannaus seiner Haut. Wer
imNebenamte Kunstbeurteiler ist, wird bei wiederholter
Besichtigung jener Studien-, Skizzen-, Croquisreihe, die
mitfliegendem Stift aufgenommen und (manchmal ziem-
lich phantastisch) mit der Farbe oberflächlich erhöht sind,
eine gewisse Abschwächung seiner Eindrücke spüren.
Wohl aber darf man sagen: hier hat ein begabter Mensch
das Letzte seiner Kraft zusammengenommen und hat
sich mit äusserstem Mut dem Kriegsschauspiel entgegen-
geworfen, nicht wie einem Abenteuer, sondern wie einer
grossen Herzensangelegenheit, die Wahrheit suchend,
selbst da, wo sie an höchstes Grausen, an nervenzerrüt-
tende Gewaltsamkeit rührt. Was er in solcher Stim-
mung niederschrieb, hat typische Bedeutung, hat einen
dokumentarischen Wert empfangen, der diesen artisti-
schen Aufzeichnungen eine Art Ewigskeitsdauer ver-
bürgt. Und eben weil sie mehr die Kunst als ein Erleben
suchten, bleiben ähnliche (sehr abgekühlte) Arbeiten
Rheins, Fabians, Vogels hinter dem glut- und blutvollen
Kriegsmuseum Ludwig Dettmanns zurück. Mehr Er-
läuterungen und Umschreibungen als Wirklichkeiten . . .
Zwei Mitgliedern der Akademie wird in stark aufgefüll-
ten Kabinetten nach ihrem Tode gehuldigt. Josef
Scheurenberg war ein guter Lehrer, hatte aber als
produktiver Künstler nicht viel zu sagen; seine Porträts
bleiben in der Berliner Tradition stecken und seine
Genrebilder und religionsmalerischen Versuche sind von
süsslicher Art. Karl Köpping war eine Grösse dank
seiner unendlich treuen Liebe zur Arbeit. Durch sein
Leben und Wirken ging ein Riss, ein Zwiespalt, der über
diesen Künstlerwandel einen Schleier verklärender Me-
lancholie warf: dieser Radierer war von Natur und An-
lage zum reproduzierenden Künstler bestimmt und
trauerte doch dem mehr und mehr entschwindenden
Ideale des Schöpfertums nach. Seine Originalarbeiten

sind — so hart es klingen mag — unpersönlich und phan-
tasiearm und stehen überdies unter englischem und fran-
zösischem Einfluss; wohl eine Suche der Natur, doch
eine krampfhafte: während andrerseits, wenn ihm die
fertige Natur in köstlichem Gefäss dargeboten wurde,
ihm, durch naiv aufspürendes Eindringen in geniale
Wesenheit, die Umschmelzung fremder Werte in feinen
und exakten Steigerungen gelang: eine Gruppe Radie-
rungen nach Rembrandt und Gainsborough wird bleiben
als geschmackvolle Liebhaberkunst; auch die ehrlichen
und zarten Porträts. Den schwarzen Munkacsy zu über-
schwärzen, lohnte freilich der Mühe nicht. Köpping hat
Ziergläser von entzückendem Fluss gemacht, in einem
Verfahren, das ihm später gestohlen wurde — warum
hat man nichts davon ausgestellt? . .. Unter den Leben-
den ist diesmal Max Liebermann der lebendigste. Er
kommt in die Jahre, aber die Jahre kommen nicht zu
ihm. Mit malerischer Frische und Kraft, mit genialer
zeichnerischer Aufbauung und Kondensierung einer
Körperlichkeit und mit psychologischem Spürsinn malt
er ein mustergültiges Porträt nach dem andern. Auch
er hat dem Krieg einen Tribut entrichtet, indem er
malerisch das Feldgrau verewigte. So und nicht anders
wird die Farbe der Zeit in die Kunstgeschichte kommen,
die Farbe und die Fahne unserer Zeit. Bei Liebermann
wundervoll-dezidierte, klassische Einheit von Form und
Farbe, bei Slevogt — in einem Militärporträt — eine
blühend-helle, höchst persönliche Betonung der Farbe,
bei Hugo Vogel aber weder Farbe noch Form. Inmittel-
mässigere Hände konnte Hindenburg gar nicht fallen.
Eins von den herkömmlichen Porträts, von denen drei-
zehn aufs Dutzend gehen. Ein Kunstgewerbe, ein Still-
leben, eine Dekoration, — nicht das Abbild eines Mannes
und Menschen im Spiegel malerischer Stärke und Be-
deutung.

BERLINER STADTISCHE HO CHB AU VERWALTUNG

Die baukünstlerischen Unternehmungen der Stadt
Berlin haben bisher, unter der klugen und sehr ge-
schickten Leitung des Stadtbaurats Ludwig Hoffmann,
einen günstigen und meist auch erfolgreichen Verlauf ge-
nommen. Es ist HofFmanns unbestrittenes Verdienst, die
städtische Bauverwaltung aus den Fesseln eines bureau-
kratisch beschränkten Schematismus befreit zu haben,
und seinem persönlichen Einfluss ist es zu danken, wenn
das Berliner Hochbauwesen ein künstlerisches Niveau
erreicht und festgehalten hat, das andern städtischen
und staatlichen Bauverwaltungen als vorbildlich emp-
fohlen und einmütig von ihnen auch als nachahmenswert
anerkannt worden ist. In diesem befriedigenden und
höchst erfreulichen Zustand beginnt sich neuerdings nun
eine beunruhigende Veränderung bemerkbar zu machen.
Nicht nur, dass die letzten Neubauten der Stadt Berlin
ein auffallendes Nachlassen und Ermatten der künstle-

rischen Schaffenskraft ihres Urhebers erkennen lassen,
auch die übrigen von HofFmann nicht selbst bearbeiteten,
aber seinem beratenden und praktisch fördernden Ein-
fluss zugänglichen Bauprojekte Berlins leiden unter einer
gewissen Sorglosigkeit, ja Gleichgültigkeit hinsichtlich
der Behandlung und Bearbeitung ihrer architektonischen
Probleme. Um diese Behauptung unterBeweis zu stellen:
der vielgerühmte Märchenbrunnen im Friedrichshain
zum Beispiel, im Grunde eine arge Geschmacksverirrung,
ist doch nur eine recht trockene Akademikerarbeit
ohne selbständige Erfindung, und die aufwändige und
phrasenhafte Säulenfront der neuen Baugewerkschule
in der Kurfürstenstrasse, die, weil Hoffmann als ihr
Schöpfer gilt, von der Berliner Presse kritiklos bis in
den Himmel gelobt wurde, wäre als Werk der Staats-
bauverwaltung zweifellos und mit besserem Recht von
derselben Presse in den Grund der Hölle verdammt

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