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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 7
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Scheffler, Karl: Kriegsspiele
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0336

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RUDOLF GROSSMANN, SOLDATENSPIEL

KRIEGSSPIELE

VON

KARL SCHEFFLER

Rudolf Grossmann, der als Maler und Zeichner
recht eigentlich ein Spaziergänger durch Gross-
Berlin ist, hat uns einige Szenen kindlicher Soldaten-
und Kriegsspiele gezeichnet, wie der Zufall sie ihm
vors Auge gebracht hat. Wie fast in allen seinen Blät-
tern, ist auch in diesen die Stimmung der Vorstadt. Die
Kinder, die er uns zeigt, wohnen in Portierkellern
oder in Hinterhäusern, es sind, soviel leichte Anmut
die Wahrheit unter Grossmanns zeichnender Hand
auch annimmt, durchaus proletarische Erscheinun-
gen; es sind Kinder wie wir sie täglich auf den
volkreichen Strassen des Ostens und Nordens von
Berlin spielen sehen. Aber um so eindringlicher nur
wirkt auf dem Kopf der blassen, mageren Knaben
der Helm, auf dem Ärmel des einfach gekleideten
Mädchens das rote Kreuz; um so bedeutungsvoller

erscheint das Spiel dieser Kleinen mit dem Soldaten-
handwerk und dem Krieg. Es giebt jetzt in allen
Städten Deutschlands für unsere Kinder ja nur dieses
eine Spiel. Auf allen Gassen marschieren die Kinder
in Kolonnen, mit Fahnen und Gewehren; auf jedem
stillenPlätzchenstürmenundkämpfensieunderfüllen
sie die Luft mit ihrem jungen fröhlichen Gelärm.
Wer ihnen aufmerksam zusieht, erkennt bald, dass
es sich in ihren Spielen keineswegs nur um Nach-
ahmung handelt und um etwas Zeitweiliges; man er-
kennt vielmehr, dass in diesen kindlichen Spielen
schon der Ernst des Alters leise verborgen ist und
dass der Knabe in seinem primitiven Soldatentum
die zukünftige Bestimmung des Mannes ahnt. Der
Krieg hat stets lebendigen Instinkten zurzeit nur
ein weiteres Phantasiefeld bereitet. Auch sonst

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