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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 5
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Glaser, Curt: Die Zerstörung von Brüssel im Jahre 1695
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0258

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Neubau des Brothauses der Hauptmarkt wieder seinen
monumentalen Abschluss gefunden hatte, war wohl das
Gedächtnis an jene Vergangenheit noch nicht erloschen.
Aber politische Rücksichten realerer Art dämpften die
Gefühle, die ehemals an solche Erinnerungen sich
knüpften.

Das Beispiel von Brüssel zeigt, dass Völker vergessen
können. Es lehrt aber auch, dass das Gedächtnis der
Steine länger währt als das der Menschen. Dessen
sollten sich alle bewusst sein, die heut keine Schonung
für Kunstwerke kennen wollen, wo Menschenleben auf
dem Spiele stehen. Wir dürfen zufrieden sein, dass
unsere Heeresleitung sich ihrer Verantwortung auch

gegenüber den Denkmalen der Kultur besser bewusst
blieb. Das grosse Ziel des Krieges ist jetzt einziges
Gebot. Was ihm entgegen steht, muss fallen. Die
Ruinen, die auf dem Wege bleiben, sollen aber nicht
von leichtfertig sinnloser Zerstörung zeugen wie die
Trümmerhaufen, die Ludwigs XIV. Heere hinter sich
Hessen. Wenn die Steine von Löwen reden, so sollen
sie von der Missethat der Einwohner erzählen, die aus
dem Hinterhalt auf deutsche Soldaten schössen, die ver-
stümmelten Statuen der Reimser Kathedrale von der
Schuld der Franzosen, die deutsche Truppen zwangen,
mit ihren Granaten diesem edlen Bauwerk schweren
Schaden zu thun.

CHRONIK

VOR DEM FEIND GEFALLENE KÜNSTLER
UND KUNSTARBEITER

In Nordfrankreich fiel, vierunddreissig Jahre alt,
Professor Dr. Karl Heinrich, der Leiter der fürstlichen
Bibliothek und der Sammlungen in Donaueschingen. Ur-
sprünglich Philologe, aber aus innerem Drang künstler-
ischen Interessen zugewandt, gedachte er die ihm erst
seit zwei Jahren unterstellten Sammlungen in modernem
Sinn völlig umzuordnen und nach einem gut ausgear-
beiteten Programm zu ergänzen. Er hatte bereits in
Donaueschingen und Schloss Heiligenberg aufs glück-
lichste begonnen.

Im Westen ist der Berliner Maler Alfred Liedke
im neununddreissigtenLebensjahre gefallen. SeineLand-
schaften gehörten in den Jahresveranstaltungen der
Grossen Berliner Ausstellungen stets mit zu den besten
und lebendigsten, sie waren geistreich im Motiv und in
der Technik und erfüllt von einer innigen Heimatsemp-
findung. Der Verlust wird vor allem in den Kreisen
der Berliner Künstler schmerzlich empfunden.

Ebenfalls im Westen ist der Baurat Paul Drescher
gefallen. Er gehörte dem Ministerium der Öffentlichen
Arbeiten an und hat sich besonders auf dem Gebiet der
Denkmalspflege hervorgethan. Daneben hat er eine
lebhafte Thätigkeit als Erbauer von Villen und Land-
häusern entfaltet.

Ernst Gabler
Keine Berichtigung kann mit grösserer Freude ge-
geben werden als die, dass sich die Meldung, der Ber-
liner Maler Ernst Gabler sei im Westen gefallen, als
falsch herausstellt. Gabler hat an Berliner Freunde
ein Schreiben gerichtet, worin er mitteilt, dass er vier-
fach verwundet worden und — nachdem er zwanzig
Stunden unbeachtet auf dem Schlachtfeld gelegen
hätte — von französischen Samaritern aufgehoben und
als Gefangener in ein französisches Hospital geschafft
worden ist. Gabler teilt ferner mir, dass seine Wunden

gut heilen, und dass er in zufriedenstellender Weise
verpflegt und behandelt wird. Es erfüllt uns und alle
die von Gabler wissen mit Genugthuung, dass sein vor-
nehmes Menschentum und sein feines Talent der
deutschen Kunst erhalten worden sind. Wie wir hoffen:
ohne weitere Gefährdung.

BERLIN

Bei Ed. Schulte hatte Artur Kampf einen Karton
und sechsundzwanzig Studien zu dem der Berliner
Universität bestimmten Monumentalgemälde „Fichte
als Redner an die deutsche Nation" ausgestellt. Diese
Ausstellung von Studien vor Beendigung der Haupt-
arbeit ist ungewöhnlich und wohl nur mit dem Krieg und
dem Sujet zu erklären. Besondere Hoffnungen erwecken
die Vorarbeiten nicht. Die Modelle der Einzelstudien
sind zweckvoll und nützlich zurechtkostümiert worden,
dadurch wirken diese Arbeiten unnaiv; der Karton
ist eine aus „Stellungen" aufgebaute Komposition
im Stil der alten Historienmalerei. Kampf sucht aus
Studien eine Einheit herzustellen; der hoffnungsvollere
Weg wäre es, wenn er eine künstlerisch gefundene
Einheit in Studien hinteiher zerlegen würde.

Alte und neue Bilder von Th. v. Brockhusen waren
bei Paul Cassirer zu sehen. Der Gesamteindruck des
Bildersaales war vorzüglich: reich, freudig und doch
ruhig. Leider ist die Wirkung nicht so ausdauernd
und tiefgehend wie sie stark ist, weil die Romantik von
Brockhusens nachdrücklicher Landschaftslyrik zu grossen
Teilen auf der Technik beruht. Immerhin gehört
dieser Maler heute schon in die Reihe der guten Land-
schafter dieser Epoche, ein Platz in der Geschichte der
neueren deutschen Malerei ist ihm sicher.

Bei Fritz Gurlitt hatte Curt Herrmann eine Anzahl
seiner wohlgepflegten Bilder auf einem leuchtenden
blauen Wandton mit ungewöhnlichem Geschmack arran-
giert und eine gute dekorative Gesamtwirkung er-
zielt. Dieselbe Sicherheit im Herausarbeiten dekorativer

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