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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Schäfer, Emil: Kriegsentschädigung in Kunstwerken
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0048

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PETRUS CRISTUS, GRABLEGUNG. BRÜSSEL, MUSEUM

KRIEGSENTSCHÄDIGUNG IN KUNSTWERKEN

VON

EMIL SCHÄFFER

In Lüttich und Brüssel wird bereits im Namen
des deutschen Kaisers Recht gesprochen, Namur
ist gefallen, über Mecheln und Antwerpen kreisen
Zeppeline, wenige Wochen, vielleicht auch nur
Tage, und der Generalquartiermeister von Stein
berichtet: das Königreich Belgien hat aufgehört
zu existieren. Verbleibt ihm seine Unabhängigkeit?
Wird es deutsches Reichsland werden? Niemand
vermag das heute zu prophezeien, und nur aus der
Kontribution, die der Residenz Brüssel auferlegt
wurde, können wir vielleicht einen Schluss auf die
Höhe der Kriegsentschädigung ziehen, die Deutsch-
land von den verblendeten Belgiern fordern dürfte.
Aber nicht bloss gemünztes Gold verlangen wir:
jede Stadt dieses Landes war voreinstens eine Heim-
stätte der Künste, jede Kirche ein Heiligtum der
Malerei. Vieles ging zugrunde, manches ward in
alle Welt verstreut, aber noch verblieben den En-

keln der van Eyck und Rubens Bilder genug, die
ausser ihrem unwägbar ideellen einen nur durch
Millionen ausdrückbaren materiellen Wert besitzen
und auch auf diesen Teil des feindlichen National-
vermögens sollte sich die Faust des Siegers legen.
Mit anderen Worten: die kostbarsten Stücke bel-
gischer Kunstbeute sollten in den Besitz deutscher
Museen übergehen. Ob das erlaubt ist nach dem
Brauch des Völkerrechtes? Belgische Frauen haben
wehrlosen Verwundeten die Augen ausgestochen,
belgische Männer deutsche Offiziere zur Tafel ge-
laden und über den Tisch erschossen. Ob das er-
laubt ist nach dem Brauch des Völkerrechtes? Und
wenn die Verbündeten derBelgierwieder einmal über
deutsche Barbarei zetern sollten, so werden wir die
Engländer daran erinnern,aufwelcheWeisedieSkulp-

turen des Parthenon ins Britische Museum gelangten
undihnen Lord Byrons zornglühende Verse vorlesen:

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