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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 5
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Glaser, Curt: Die Zerstörung von Brüssel im Jahre 1695
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0257

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AUGUSTIN COPPENS, DAS ZERSTÖRTE BRÜSSEL

die Söldnerscharen Ludwigs des Vierzehnten, nachdem
längst die Gräber der Menschen vergessen sind, die da-
mals den Tod fanden. Und die Geschichte jener Brand-
schatzung, die nicht kriegerische Notwendigkeit war,
sondern planmässige Verwüstung und Plünderung eines
wehrlosen Landes blieb lebendig in jenen steinernen
Zeugen, deren Schicksal die Väter ihren Söhnen künden.
„Lespierres parlent," „die Steine reden: sie erzählen
von den Leiden, den Kämpfen und Siegen der Väter",
diese Worte sprach vor noch nicht langer Zeit ein Brüs-
seler Bürgermeister, und er dachte an die Greuelthaten
jener selben französischen Kriegshorden, die 1689 auf
Louvois' Befehl Heidelberg, Mannheim, Speier, Worms
und Hunderte von kleineren Orten der Pfalz verbrannt
hatten. Sechs Jahre später teilte Brüssel das Schicksal
jener blühenden deutschen Städte. Zur Vergeltung für
den Fall von Namur, das in einem der früheren Feld-
züge die Beute Ludwigs XIV. geworden war, und das
nun Wilhelm von Oranien zur Übergabe zwang, ver-
hängte Marschall Villeroi ein Bombardement über die
wehrlose Stadt. Dreitausendvierhundert Häuser fielen
der Feuersbrunst zum Opfer, viele andere wurden schwer
beschädigt. Der alte Marktplatz, der Stolz der Stadt,
war nicht mehr. Mit dem Stadthause verbrannten die
vielbewunderten Gerichtsbilder des Rogier van der

Weyden, das berühmte Kambysesbild des Rubens und
das stolze Gruppenporträt Brüsseler Rarsherren, das Van
Dyck geschaffen hatte-

„Ruinae Bruxellenses." „Gallischer Grausamkeit
trauriges Zeugnis" steht auf dem Titelblatt einer Folge
von Radierungen, die in jenem Trauerjahre kSqj er-
schien, um das Bild einer ebenso grauenhaften wie sinn-
losen Zerstörung für alle Zeiten zu bewahren. Augustin
Coppens ist der Zeichner. Fünf von den zwölf Blättern
radierte er selbst, die übrigen Richard van Orley. Eine
Folge von Kopien, die der rührige Peter Schenk heraus-
gab, zeugt von der Verbreitung der Stiche.

Da sieht man die Trümmerhaufen, die ehemals Stras-
sen waren, leere Mauern, die noch von der einstigen
Pracht städtischer Paläste und Zunfthäuser zeugen, Rui-
nen ausgebrannter Kirchen und Plätze, auf denen aus
Schutt und Asche Walle sich türmen. Nicht lange stand
dieses Bild der Verwüstung, das Coppens in meisterlicher
Anschaulichkeit bewahrte. Die Brüsseler haben mit er-
staunlicher Schnelligkeit ihre Stadt wieder zu errichten
gewusst.

Der Generalstatthalter Maximilian Emanuelvon Bayern
stellte aus eigenem die Mittel zur Verfügung, und binnen
weniger Jahre war eine neue Stadt aus den Ruinen er-
standen. Als endlich nach zwei Jahrhunderten mit dem

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