Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

DOI issue:
Heft 7
DOI article:
Chronik
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0358
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
/%U*Attfct*{ &~. ^<-*"';''-.-



WALDEMAR ROSLER, SCHLACHTFELD BEI MESSINES

Andacht, wo aufbrechende Bergleute sich innerlich
für die gefährliche Fahrt vorbereiten. Oder Kuehl
malt Renaissance-Kirchen, die hüpfenden Formen ihrer
Architektur und all die barocken Heiligtümer, grosse
flammende Altarsonnen, wehmütige Madonnen, die in
die rosigsten Farben der Weltlust getaucht sind. Im
Chorraum Mädchen und Knaben, gekleidet in lebendiges
Rot oder Weiss — breites Licht weht über die Scharen
hin, wie ein Gottessegen . . .

In männlicher Reife kam Kuehl nach Dresden, und
er wurde der Maler von Neu-Dresden. Im Anfang
hatte seine malerische Auffassung ihre liebe Not. Seine
Farbe hatte mit der Trockenheit der Atmosphäre in
diesem Landstrich zu ringen. Und für den Anfang mag
richtig gewesen sein, was Cornelius Gurlitt mir einmal
sagte: Kuehl sehe Sachsen mit den Augen Hollands
an. Nun aber suchte Kuehl wesentlich die Zeiten
des bedeckten Wetters, der Niederschläge, des Taus,
des Geniebels, des Regens, der feuchten Winde und
des Schnees, und voll bewährten Elans betrieb sein Plei-
nair jetzt charakteristischer die malerische Geographie
Dresdens: von der Höhe der Brühischen Terrasse, aus
dem Fenster seines Meisterateliers beobachtete er die
Landschaft und die farbige Bewegung der Stadt. Er
malt die Augustusbrücke und die Elbe, zumal am Abend,
wenn sie durch Reflexe und Streiflichter erhellt ist, in

ungezählten Stimmungen, wie Monet, Pissarro und
Sisiey Brücken und Flussläufe in grossen französischen
Provinz- und Küstenstädten malten, fortschreitend mit
dem auf- und absteigenden Tageslichte; er malt die
grossen Goldbronze-Figuren der Terrasse, während ein
kühler Herbstwind drüber streicht, und die schneebe-
decktenDächer der angrenzenden grossen altertümlichen
Staatsgebäude.

Wie er sein Dresden sah, so kommt es vielleicht
in die Kunstgeschichte, sicher aber in die Kulturge-
schichte. In seinen besten Zeiten und Werken war
Kuehl von einer schönen Sachlichkeit der Empfindung
und Auffassung und von einer geistreichen, anmutigen
und anregenden Palette. Julius Elias

FERDINAND VON HARRACH f

Graf Ferdinand von Harrach, der im Februar, 83
Jahre alt, gestorben ist, wird dem Kunstfreund als
Bildnismaler verehrungswürdig bleiben. Seine roman-
tischen Geschichtsbilder und religiösen Darstellungen
werden eines Tages aus den Museen entfernt werden,
aber seine Bildnisse aus der Berliner Gesellschaft werden
von jedem feinsinnigen Museumsleiter respektiert
werden, wie immer sich die Kunstanschauungen auch
wandeln. Denn sie haben manches von derzeichnerischen

334
 
Annotationen