Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:
Neue Bücher
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0513

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kunstentwicklung sprechen kann, gestanden hat. Wohl-
thuend berührt, namentlich in den früheren Aufsätzen,
die schon aus den siebziger Jahren stammen, das behag-
liche und liebevolle Sichversenken in die Materie, mit
dem sich sachliche Kürze des Historikers eint, während
spätere Versuche mystischer Ausdeutung vorwiegend
den Theologen spüren lassen. Ganz singulär steht in
der übrigen Folge ein Aufsatz über Peter Halm und
seine Druck Verzierungen; die hierzu gegebenen Zinko-
typien bilden ebenso wie die übrigen von Halm her-
rührenden Druckverzierungen, Schlussvignetten und
dergleichen mehr den besten Teil des Buchschmucks im
vorliegenden Bande; von dem übrigen reichen Illustra-
tionsmaterial ist manches unzulänglich. Entschiedene
Verdienste hat Schneider um die provinzielle Denkmals-
pflege : manches bedrohte Werk ist durch sein energisches
und verständnisvolles Eintreten vor dem Untergange be-
wahrt geblieben. — Die vorliegende Auswahl hat Erwin
Hensler mit Geschick aus einer sorgfältigen Bibliogra-
phie der in Zeitschriften, Zeitungen und Privatpublika-
tionen verstreuten Aufsätze Schneiders getroiFen.

Arnold Fortlage.

„Der Bildhauer Franz Anton Zauner und
seineZeit, ein Beitrag zur Geschichte des Klassizismus
in Österreich", von Hermann Burg. Wien 1915, Kunst-
verlag Anton Schroll & Co.

Wenn wir heute in einer weder zur Frage noch zur
Kritik gestellten, sondern ganz selbstverständlichen
Waffenbrüderschaft mit Osterreich stehen, so ist dies
nicht nur eineFolge vonBündnisverträgenodereineFolge
der mehr oder weniger offenen Feindschaft fast aller an-
deren Staaten, sondern auch die Frucht einer Kulturge-
meinschaft. Zwar betont man gegenüber dem durch den
Krieg gezüchteten geistigen Partikularismus mit Recht,
dass Kunst und Wissenschaft innerhalb Europas stets ein
übernationales Ganzes bilden mit gemeinsamen grossen
Entwicklungsphasen. Die besondere Durchbildung aber,
die jede dieser Entwicklungsformen im Schosse eines
jeden Volkes nach dessen Eigenart erfährt, ergibt den
nationalen Besitz, so dass man mit Recht zum Beispiel
vom Zeitalter des Barock, zugleich aber von einem italie-
nischen, einem französischen und einem deutschen Barock
spricht. Und in diesem Sinne verbindet die öster-
reichischen und die deutschen Künstler seit Jahr-
hunderten eine natürliche Verwandtschaft, ja zeitweise
hat Wien die deutsche Kunst vorwiegend beherbergt
und ihr so den Anschluss an die grosse Entwicklung der
europäischen Kunst erhalten. Auch als die politische
Gemeinschaft vor hundert Jahren zerfiel, hat sich die
geistige Gemeinschaft zwischen Deutschland und Oster-
reich erhalten. Man vergegenwärtige sich ausser dem
durch die gemeinsame Sprache gewährleisteten gemein-
samen Besitz in der Litteratur auch den in der Musik
und den bildenden Künsten.

Schon in dieser Hinsicht interessant ist Hermann
Burgs „Zauner und seine Zeit", der während des Krieges

erschienen ist, und der österreichische Staat hat wohl
nicht nur den sachlichen, sondern auch diesen nationalen
Wert des Werkes im Auge gehabt, wenn er die Heraus-
gabe und sorgfältige Ausstattung dieser Arbeit eines
reichsdeutschen Verfassers übernahm.

Es ist Burg gelungen, aus sorgfältig gesammelten
Urkunden die Meister jener Zeit und die Zeugen ihrer
Thätigkeit uns greifbar nahe zu bringen, eine Reihe vor-
züglicher Abbildungen ihrer Werke kommt ihm dabei
zu Hilfe. In solchem Zusammenhange begreifen wir den
in Zauner und seinen Zeitgenossen sich vollziehenden
Übergang vom Barock zum Klassizismus als eine Lebens-
äusserung, wir begreifen, dass er das Durchbrechen und
Emporwachsen eines frischaufspriessenden Kunsttriebes
aus einem absterbenden ist. Wir erleben, wie ein Künstler,
in der Schule des späten Barock erzogen, dieselbe tech-
nisch beherrscht, aber unaufhaltsam und instinktiv zur
Vereinfachung, zur klaren Erscheinung, zum ge-
schlossenen Aufbau, (um mit dem mehrfach von Burg
herangezogenen Riegl zu sprechen „vom optischen zum
taktischen Kunstwollen") kurz zum Wesen des Klassi-
zismus strebt und dasselbe in Meisterwerken verkörpert,
die den Arbeiten des gleichzeitig in Norddeutschland
den Klassizismus in der Plastik heraufführenden Schadow
ebenbürtig sind.

Wie richtig und überzeugend diese Darstellung der
historischen Thatsache als eine Lebensäusserung ist, fühlt
wohl gerade heute jeder. Denn wenn auch nicht mit
dem Klassizismus selbst, so doch mit dem Wesen des
Klassizismus im ausgeführten Sinne setzt sich jeder mo-
derne Mensch, insbesondre der Künstler, auseinander
und weiss, dass es keine Doktorfrage, sondern eine
Lebensfrage ist. Und diese besondre Art der Aus-
einandersetzung mit dem lebendigen Geiste des Klassizis-
mus, nämlich dem Streben nach grösstmöglicher Ein-
fachheit und Klarheit der Linie und Geschlossenheit der
Form finden wir auch heute in Osterreich wieder, das
durch Männer wie Wagner mit seiner Schule, Metzner,
Lederer und andere, die Führung dieser im Wesen klas-
sizistischen Moderne hat.

Otto Bartning

Josef Ponten, Griechische Landschaften.
Text (2J3 Seiten) und Bilder. 2 Bände. Deutsche Ver-
lagsanstalt. Stuttgart 1914.

Es wäre verkehrt, wollte man das Buch in Einem
durchlesen; man merkt bald, wie recht die Roman-
schreiber thun, wenn sie landschaftliche Schilderungen
vermeiden, die an die Vorstellungskraft des Lesers starke
und oft unerfüllbare Anforderungen stellen. In Ka-
piteln genossen bietet dagegen das Werk viel Schönes,
zumal wenn man die betreffende Gegend kennt, und
so der mühevollen Umsetzung von Worten in vorgestellte
Bilder überhoben ist. J. Ponten lässt den Leser die
Landschaften in epischer Weise mitgeniessen, so wie er
sie selbst vom Maultier, Wagen und Schiff aus genossen
hat; er beobachtet mit warmem Gefühl, lässt alles Schöne

483
 
Annotationen