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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 23.1925

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Heft 6
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Schüler, Edmund: Der Wolkenkratzer
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https://doi.org/10.11588/diglit.4653#0243
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NEW YORK, BLICK AUF DAS HOCHHAUSVIERTEL

DER WOLKENKRATZER

VON

EDMUND SCHÜLER

111 Hl

Irgendwo an der Anhalter Bahn liegt Jüterbog.
Flach in der Ebene. Die Väter haben dafür ge-
sorgt, daß des Geräusches wegen der Bahnhof eine
halbe Stunde vom Ort entfernt blieb. 15 000 Ein-
wohner in fest zusammenhängendem Haufen gleich
hoher Häuser. In der Mitte die beiden hohen
Türme von St. Nikolai. Da, wo sie zur letzten
Verjüngung ansetzen und wo zugleich ein weit
geschwungener Bogen sie verbindet, springen sie
ein kräftiges Stück zurück. Von der Höhe dieses
Umgangs, der mit Schmiedegitter umgeben ist,

lassen in aller Frühe die Bläser der Stadt ihren
Choral ertönen: der Tag des Herrn ist ange-
brochen.

Dort oben wohnt auch der Türmer. Er und
seine Vorgänger mit ihren Familien bewohnen seit
fünfhundert Jahren ihren Wolkenkratzer, ohne daß
sich jemand darüber entsetzt. Der Bogen sichert
sie bei Feuersgefahr; sie können im Notfall auch
den anderen Turm zum Abstieg benutzen, eine
vorteilhaftere Lösung, als die noch heut bei vielen
alten und neuen Häusern in Amerika gewählte,

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