Berlin, den <». Mai 18l»0.
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Nr. 21.
13. Jahrgang.
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WochenKatender.
Montag, den 7. Mai.
Ein Mitglied des Landtages erhält wegen
seiner Dienste gegen das Ministerium ein
silbernes Tafel-Service.
Dienstag, den 8. Mai.
Ein Andrer erhält wegen seiner Reden
gegen die Wuchergesetze eine Sendung west-
fälischer Schinken.
Mittwoch, den 9. Mai.
Ein Dritter erhält für seine geistreichen
Witze gegen die Juden einen vor Jahren
ausgestellten versilberten Wechsel.
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Wochenkalender.
Donnerstag, den 10. Mai.
Ein Vierter erhält von den kleinen Her-
ren seines Kreises wegen seiner Opposition
gegen die Grundsteuer ein Vertrauensvotum.
Freitag, den II. Mai.
Ein Fünfter erhält wegen seiner Abstzni-
mung gegen das Ehegesetz ein kleines Ehren«
Serail.
Sonnabend, den 12. Mai.
Ein Sechster erhält zum Danke für seine
Treue gegen die Regierung — eine Sen.
düng von Theekesseln.
Kladderadatsch.
4)umortfltfd)=ratr)iifcQes Wochenblatt.
Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage. — Man abonnirt mit 21 Szr. vierteljährlich für 15 Nummern bei allen Buchhandlungen,
sowie bei den Postanstalten des In- und Auslandes. — Einzelne Nummern <wenn solche noch vorhanden) h 2j Sgr.
Maien - Lust und Leid,
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eine Dlüthen, seine Strahlen,
Zeine Lieder streut der Mai;
was in Landen lag gefesselt,
weckt er auf und macht er frei.
Und zum Aufcrstehungsfcste
Must sich rüsten Äung und Alt:
Selbst der trägen Schläfer Häupter
Hebt zum Licht er mit Gewalt.
Denn er fragt die dürre Rinde
Und der Knospe Hülle nicht:
„willst Lu schwellen, witlsi'du brechen,
willst Lu blühen?" — er zerbricht.
Und er fragt nicht Fels noch Gletscher,
Ob genaht die rechte Zeit,
Daß die Erde sich verjünge.
Freiheitglühend — er befreit.
Und sie gehn zu Fels und Klippe:
„Mächtig droht der Strom der Zeit;
Isi's ertaubt, daß ich euch sprenge?
Sagt, ob ihr's zufrieden seid!
Sagt, ob einst auf euren Trümmern
Sprossen darf ein neu Geschlecht! '
Ach, wie seid ihr doch so schweigsam,
Starre Felsenherzen, sprecht!"
Und sie gehn zur morschen Rinde:
„willst du brechen, willst du blühn?
welke Knospe, willst im Strahle
Du des neuen Lenzes glühn?"
Nnd sie gehn zum dürren Holze:
„Alles treibt jetzt sonder Ruh,
will empor zu Licht und Legen;
Atter Stammbaum, treib' auch du!"
Laß die winterlichen Raben
Krcischrn auf vermorschtem wall:
Il/vcr Sehnsucht Frühtingsklänge
Schmettert taut die Nachtigall;
Und die Lerche, die zum Arthcr
Sich als Frciheitsbotc schwingt,
Fragt nicht tauge: „Darf ich fingen?"
Rein, sic steigt empor und singt.
Und sie gehn zu Kräh' und Dohle»
Und der Rabe krächzt und schreit:
„wehe, weh' der frechen Länger!
Dreimal weh' der ueucn Zeit!"
„wehe!" — ruft die Lute blinzelnd —
„Roch mehr Lonne? welch ein Graus!"
„wehe!" — ruft zum Schloßthurm siattcrnd
Die erschreckte Fledermaus.
wenn die Mächtigen der Lrde
Thätcn wie der König Mai,
wenn sie glauben, daß der Freiheit
Lcnzcstag gekommen sei!
Aber, ach, die gehn zum Gtctschcr
Und sie reden freundlich zu:
„Lieh, um dich will Alles schmelzen —
Lieber Lletscher, schmilz auch du!"
Und die Unke warnt: „Ihr kehret
Gegen euch den eignen Stahl!
Ruft nicht wach, euch zur Vernichtung,
Einer hcißrcn Lonne Strahl!"-
Und drum warten wir vergeblich
Auf der Freiheit Stundenschlag,
Und so bleibt's für jetzt rinsiweilcn
Roch beim alten — Dundestag.
Kladderadatsch.
Nr. 22 mtb 23 erscheinen nit 13. Mat.