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Kladderadatsch: Humoristisch-satyrisches Wochenblatt — 21.1868

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Hefte 56-60, Dezember 1868
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https://doi.org/10.11588/diglit.2250#0346
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35ei Mbeke.

o t i { i s ch c 05 cij)bicrfl%tbcn-^!)cspj:ächc.

Kohlhase. Guten Abend, meine Herren!

Bolle. Ju'n Abend, Herr Feheiinrath! Sie kommen well aus die
Futterschachtcl von die alte Kanonen?

Fiilleborn. I bewahre. So was siebt Herr Zcheimrath nicht! Sie
waren jewiß bei Callcnbachcn i» Zepter und Roscnstengcl?

Kohlhasc. Nein, meine Herren, zu derlei Hab' ich weder Zeit noch Geld!
Wilhelm, meine Spitze!

Zibbe. Kein Feld? Ein Mann wie Sic, der die Jesehe kennt!
Sie können doch jedes Je schüft machen!

Kohlhasc. Etwaige Unkenntniß der Gesetze hindert Sie doch auch
nicht daran?

Zibbe. Na jciviß. Wie kann ich mir denn aus etwas einlaßcn, wenn
ich nicht weiß ob Krieg ob Friede? Wird Krieg, den» nimmt mich der Staat
det Jeld und die Menschen weg; und bleibt Friede, denn sinken meine Arbeiter
und meine Hypotheken werden mir jekündigt, weil denn AllenS sein Capital
in KurskuSk-Ural-Balkan-Diebitsch-Kamschadalen anlcgt.

Siehrach (tte dritte Wetbc leerend). Finnen 7j, Lappe» 4» Brief, Sa-
mojeder ist sich selbst der Nächste, hupp! Willem, jeden Sie mir noch eine
.Seelenbraut"! (reicht das SchnarSglaS bin.)

Kohlhasc. Aber, meine Herren, was haben denn die Geschäfte mit den
Gesetzen zu thun, und der Kenntnis; derselben?

Zibbe. Sic stehen Ihm jedoch näher als unser Ei»S, und wenn Sie
Credit haben wolle», denn brauchen Sie Ihm blos zu bitten, das; er mit
Ihnen Arm in Ar», die Linden laug jeht, wenn jradc die Börse aus ist,
denn sind Sie ein jcniachtcr Mann!

Siehrach. Denn jeht Ihnen die Börse nie aus! Hupp!

Kohlhase. Aber ich frage ja nur, was hat denn das mit den Gesetzen —

Bibbcr. DaS versteht sich. ER und Er! Was die,Beiden wollen,
daS wird Jcsep vor Europa. DaS Andere iS bloS Paragraf vor Laekcrn!

Zibbe. So iS et! Wenn vom Ministertisch erklärt wird, wer keine
Steuern zahlt, wird in die Spree jeschmisien, denn lern ick morgen schwimmen.

Kohlhale. DaS sind ja schöne Ansichten von Gesetz und Recht unter
den Herren Bürgen,! Ei, ei!

Siehrach. Willem, zwei Eier vor Herrn Feheimrath!

Kohlhasc. Nicht doch, ich werde später eine 'Omelette genießen, weil ich
wegen meiner'Schlaflosigkcit nur etwas Leichtes vertragen kann.

Siehrach. Also eine Omelette, Willem, mit so viel Fruit wie mög-
lich, wegen die Schlaflosigkeit!

Fllllcbor». Sie können also kein Auge mehr zudrückcn, Herr Feheimrath?

Bibbcr. DaS scheint jetzt alljcmcin zu sein. Gcstenr sind ja auch wieder
sämmtliche Wiener Zeitungen consiscirt worden.

Zibbe. Wegen Correspondenzcn über die Jeschichtc mit das Souper wo
man nicht davon sprechen darf, weil-

Siehrach (fmat nach der Melodie de» Plellchlledcili
Ach, wo ist mein Hinkeldey?

Hinkeldey! Hinkcldey!

Sämmtliche Gäste (ans den Tlsch schlagend)

Hinkcldey! Hinkeldey!

Kohlhasc. Meine Herren, „das schickt sich nicht!"

Alle. Bravo! Bravo!

Flllleborn. Ja, so'n Mann wie der seligeTaddcl kommt nicht wieder!

Zibbe. Na hören Sie, Twcstcn und Airchow neulich in der Kammer
waren doch auch nicht von schlechten Eltern!

Bibbcr. Im Jcgcnthcil, höchst achtungöwerther Abkunft! Nicht wahr,
Herr Feheimrath?

Kohlhasc. Mein Eid verbietet mir, mich darüber z-u äußern!
(illlgemclnc Heltrrle». Srdr gut!)

Siehrach. Bravo! Ja in Berlin soll man blos Eener ustnucken, dann
wird er gleich Redensart! Geben Sic mir noch einen Wclfenbittcr, Willem!
(reicht dag Echnarsglas bin.)

Zibbe. Was halten Sic denn überhaupt vom Eid, Herr Siehrach?

Siehrach. Bon welchem? Von mein'» Eid oder von dem Eid,
den mein seliger Freund Poppendem 'mal jeschworen hatte, kein Glas
Schnaps mehr zu drinkcn?

Zibbe. Wie war denn das?

Siehrach. Poppenberg ließ sich nämlich nach seinem Schwur jeden Abend
ein Quart Küinnicl hole», joß ihn in'n Suppenteller, holte sich einen Löffel
und suppte ihn aus. So hielt er seinen Eid, kein Jlas Schnaps mchr zu
drinlcn und ging doch jeden Abend sticrhagcldick besoffen zu Bette. Ju'n

Bibbcr. Nanu, wo wollen Sic denn schon hin?

Siehrach. Der Papst läßt morgen fnüh zeitig töppen, ick muß nach Hause!

Kohlhasc. Die Welt wird schöner mit jedem Tag,

Man weiß nicht, was noch werden mag!

Bolle. Wat soll denn werden? Dümmer soll Asiens werden! Das

Kohlhasc. Auch ich kann nur die Zeit verdammen,

Untröstlich scheint niir'S allcnvärtS.

Die Alte» sind nicht zu entstammen.

Und unsre Jugend hat kein Herz!

Zibbe. Zündnadelsprüchc und Jesangbuchverse! Ich sage
Ihnen, meine Herren, cö wächst eine Jeneration heran. — St! Stille
Kinder, um Jotteswillen, da drüben sitzt ja — Disselhorst!

Flllleborn. Nanu, waS ist denn?

Zibbe. IS ja ein Frommer!

Flllleborn. Na was jeht denn das uns an?

Zibbe. Ja euch nich', aber mir! Er iS bei die Einkommcnsteucr-
abschätzungScommission! Wenn ick den ärgrc, denn kann mir das
theuer zu sieben kommen. Zweite Klaffe mit Krupp und Bcrsig!

Kohlhasc. Ausgcstrcnct ist der Samen
lieber alles Deutsche Land!

Bolle. Fifat Justitia! Percat mundus!

Fllllcboin. Na denn lasten wir uns doch die Hilfsrichter für'S Ober-
Tribunal aus Clcrmont kommen!

Kohlhasc. Wilhelm, ich bitte um mein Omelette!

Zibbe. Aber Herr Geheimrath, zu Weißbier Omelette? Da lassen
Sic sich ja jlcich Ernst Schulzen aus 'n Hotel Russic holen, daß er Ihnen
die Jesichter dazu schneid't, dct Leibschneiden werden Sic schonst

Flllleboru. Der Mimiker Schulz ist übrigens ausgezeichnet! Wenn
der Mann seinen Vortheil verstünde, der könnte eine Menge Geld zusainmen-
schlagcn!

Zibbe. Mit seinem BiSmarckkoppportrait?

Flllleborn. Müßte so plötzlich an die Börse gehn. —

Bibbcr. Und Bleichrödern oder Meyer Cohn auf die Achsel kloppen
und sagen: „Haben Sie mir Franzosen gctoost?"

Bolle. O weh! DaS Stachstürzcn auf Franzosen von die janze Kille.
DaS Nachllcttcrn auf die Hausse, fünfzig Fuß übern Meeresspiegel.

Siehrach. Und denn plötzlich wie beim Ücbergang von der Miß
Victoria über die Spree! „Iroßlopp! Jroßlopp! cs jill ein Menschen-
leben! Der Mastbaum wackelt!"

Bolle. Wen halten Sic denn nu cijcnllich für größer? IHM oder
IHN? Bismarckcn oder Louis?

Sicbrach. Da ist doch gar keine Frage? Slroußbcrg!

Kohlhasc. Nicht an wenig stolze Namen,

Ist der Licdcrlrciö gebannt!

Siehrach. Morgen sch' ich mir sein Palais in der WilhelmS-

Kohlhase. Ist cS denn wirklich so schcnSwcrth?

Siehrach. Es soll a» Eleganz die Gerichtslaube noch übertrcffcn!

Zibbe. Na denn jch' ich mit. Ju'n Abend, meine Herrn! »

lAoitiegung folgt.)

Feuilleton.

Der wahre Jako st.

Respect vor mir! — Nicht der Zündnadcl Kraft,

Noch der Schulmeister trockne Wissenschaft
Hat, wie man'o oft von bösen Zungen hört,

Einst bei Sadowa euch den Sieg verschafft.

Stein, wie euch Herr von Selchow jüngst gelehrt:

Ich war der Sieger, ich! Das Preußische Pferd.

Wie stimmt das?

Täuschen Sie sich nicht! Jch habe gar keine liberalen Neigungen.

Der Justizminister.

Täuschen Sie sich nicht! Wir habe» gar keine rcactionärcn Neigungen-
Zwanzig Millionen Andere^
 
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