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Wiens oder Drohne?
Im allgemeine» bietet die Scheidung der Bcvölkerungsklaffen in
Bienen und Drohne» keine Schwierigkeiten. Alle Lagdleute, von dem
reichsten Grundbesitzer bis zum Nübenmädchen und zum Gänsejungcn, alle
Fabrikanten und Handwerker, von Krupp und Stumm bis zum kleinsten
Flickschuster hinab, gehören zu der ersten Abtheilung, sämmtliche Pastoren,
Professoren, Gcheimräthe, Minister, Diplomaten, Osficiere u. s. w. zur
zweiten. Nicht überall aber geht die Sache so glatt, cs gibt auch Berufe,
deren Vertreter eine Zwitlerstellung zwifchcn Produeenten und Consumcntcn
clnnehmcn. Betrachten wir z. B. einmal die Stellung des Arztes.
Auf den ersten Blick wird man geneigt sei», den Arzt zu den NichtS-
als-Consumenten zu werfen, denn er schafft keine wirthschastlichen Wertste;
er beschäftigt sich nur damit, feinen Patienten die Gesundstcit oder wenigstens
das Leben 'zu 'erhalten, so lange cs eben gehen will. Nun gibt es aber
kaum einen Arzt, der nicht auch Angehörige der productiven Stände zu
behandeln hätte; der Landarzt curirt an den Gutsbesitzern und Bauern
herum, der städtische an Fabrikanten, Fabrikarbeitern und Handwerkern.
Da also der Arzt sich bemüht, die productiven Stände gesund und leistungs-
fähig"zu erhalten, so darf er wohl als indirectcr Produccnt bezeichnet
werden.
Eine Ausnahme bilden allerdings wieder die Irrenärzte, soweit sic
sich mit der Pflege von unheilbaren Geisteskranken beschästigcn. Wenn
z. B. ein Irrenarzt Ncdacteure und Zeitungsschreiber, die llbcrgeschnappt
sind, »och so sorgfältig überwacht und behandelt, so ist er doch nur ein
Nichts-als-Co»sumc»l. Er bleibt dies auch dann, wenn ihm bei dem
einen oder andern Patienten die Heilung glücken sollte, den» er hat dann
einen Mensche» curirt, von dem die Schaffung irgend welcher Wcrthe
nicht zu erwarten ist.
ßine Aaufrcde,
wie sic hätte gehalten werden mllssrn.
Du stolzes Schiff sollst den Namen des Handlangers führe», den
Namen, der untrennbar mit der Einführung jenes neuen Kurses sür unser
Staatsschiff verbunden ist, der eS in scharfen, aber bestimmten Wendungen
so aus sein Ziel znsührt, das, cs beständig volle Breitsciten daraus abgeben
kann. Wohin du in fernen Ländern auch kommen magst, überall wird
man dich, den Handlanger, um so freudiger begrüßen, als man weist, dast
jetzt die wahren Meister der Staatsknnst daheim am Ruder sind, und
die Gcwtsthcit, dast du nicht im Kaiser-Wilhelm-Kanal festgefahren bist,
wird aller Herzen höher schlagen lassen. Gleit hin in dein Element!
Ich taufe dich Fürst Handlanger.
Dichtcrloos.
Von Göttlich Jammeimann.
Ob ost auch knurrt mein Magen,
Der gründlich das Fasten kennt,
Mit Stolz darf ich es sagen:
Ich- bin ein Prodncenl!
Der -hehren Muse diene
Ich treulich mit reinem Sinn.
Gottlob, dast eine Biene
Und keine Drohne ich bin!
Begeistert produeir' ich
. Gedichte zu jeder Stund';
Viel weniger consumir' ich.
Und das hat seinen Grund.
'Nicht mehr bringt mir als den meisten
College» das Dichten ein;
Nicht immer kann ich mir leisten
Am Sonntag ein Gänscklein.
Dann seufze wohl bang iind schwer ich,
Ich armer Produccnt:
„O Himmel, wie gerne wäck ich
Ein Nichts-alS-Consument!"
In Charlottenburg ist ein Buch erschienen „Auf nach Alaska! Ein
Führer sür Wagemuthige." Augenscheinlich hat man cs mit einer ver-
steckten Neclame zu thun, die vom Neichsmarineamt in Scene gesetzt
worden ist, um Stimmung für das Marine-Septennat zu machen.
Hin Hapitet vom Alkohol.
Die Welt wird immer wunderlicher. Da hat man jetzt im Lause
einer Woche in Hannover auf dem Congrest der Irrenärzte, in Braun-
schwcig aus der Versammlung des „Vereins abstinenter Aerzte" und aus
dem internationalen Congrest gegen den Mistbrauch geistiger Getränke in
Brüssel dem Alkohol förmlich den Krieg erklärt. Wohin soll denn das
führen? Schon Anakreon weist darauf hin, dast unter dem Himmels-
zelt alles nur trinkend gedeih-, und ein jüngerer Dichter fragt mit
Recht: „Was soll aus der Welt denn noch werden, wenn keiner mehr
trinken will?" Ja, ja, was soll daraus werden, wenn man den Alkohol
ganz über Bord wirft? Sollen unsere Studenten in Psesserminzthee
comnicrsiren? Wo bliebe da die Begeisterung beim Landesvater? Will
man alle Brauereien in Küchen nmwandcln, in denen Familien Kaffee
kochen können? Soll man sich in Zukunft des Mosel- und des Rhein-
Ihales bei Hafergrütze freuen? Ich danke schön. Und was soll aus der
ohnehin schon so nothleidenden Landwirthschaft werden? Mit dem
schwindende» Biergenust würde der Preis des Hopfens, der Gerste, des
Weizens immer, tiefer sinken und zuletzt die Umgegend. Hamburgs, deren
Noth jetzt schon die „Deutsche Tageszeitung" so rührend in jeder Nummer
schildert, ganz zur Wüste werden. Was wird aus den gesegneten Fluren
der goldenen Aue, wenn Nordhauscn keinen Korn mehr brennt? Was
aus denen des frommen wcstsälischen MUnsterlandes, wenn Kleriker und
Laie dem „alten Klaren" nicht mehr huldigen. Gehen die Spiritus-
brennereicn ein, wer soll die Brennsteuer ausbringen? Oder will mau
mit all dem Sprit, der beute fabricirt wird, nur Unisorm-Knöpfe putzen?
Nein, »ein! Schweigt, ihr Herren! Ohne Alkohol und ohne einen ge-
linden Rausch kann die Welt nicht bestehen. Nennt immerhin mit dem
alten Jakobs die Trunkenheit eine» kleinen Wahnsinn, vergeht aber nicht
hinzuzusügen, dast sie auch ein angenehmer und gar nützlicher Wahnsinn
ist. Ich denke aber auch, ihr Herren meint es gar nicht so schlimm, wie
eure Reden lauten. Ich bin überzeugt, wenn ich all die alkoholhaltigen
Getränke hätte, die ihr auf eure» Congressen alle vertilgt habt, ich würde
ein volles Semester lang keinen Durst leiden.
Fritz Lustig,
stuck, rar. alkohol., Gewohnheitstrinker.
Kerbstvikd v o m Lande.
Den Wational-Socialen.
ES Pflanzen sich, zu lesen
Ist das an manchem Ort,
Unzählige Lcbetvesen
Durch stete Spaltung fort.
Doch ob durch sleistige Spaltung
. Bacillen fröhlich gedeih», -
So dient sie kaum zur Erhaltung
Und Stärkung einem Verein.
Die Eisenbahnen haben sich überlebt. Welch ein Glück, dast sic »och
rechtzeitig vom Zweirad abgelöst worden sind. Ist einst auch das Zweirad
altersschwach geworden, jo wird der Luftballon eS ablösen. Was nach
diesem kommen wird, ist noch nicht mit Sicherheit zu sagen.
Wiens oder Drohne?
Im allgemeine» bietet die Scheidung der Bcvölkerungsklaffen in
Bienen und Drohne» keine Schwierigkeiten. Alle Lagdleute, von dem
reichsten Grundbesitzer bis zum Nübenmädchen und zum Gänsejungcn, alle
Fabrikanten und Handwerker, von Krupp und Stumm bis zum kleinsten
Flickschuster hinab, gehören zu der ersten Abtheilung, sämmtliche Pastoren,
Professoren, Gcheimräthe, Minister, Diplomaten, Osficiere u. s. w. zur
zweiten. Nicht überall aber geht die Sache so glatt, cs gibt auch Berufe,
deren Vertreter eine Zwitlerstellung zwifchcn Produeenten und Consumcntcn
clnnehmcn. Betrachten wir z. B. einmal die Stellung des Arztes.
Auf den ersten Blick wird man geneigt sei», den Arzt zu den NichtS-
als-Consumenten zu werfen, denn er schafft keine wirthschastlichen Wertste;
er beschäftigt sich nur damit, feinen Patienten die Gesundstcit oder wenigstens
das Leben 'zu 'erhalten, so lange cs eben gehen will. Nun gibt es aber
kaum einen Arzt, der nicht auch Angehörige der productiven Stände zu
behandeln hätte; der Landarzt curirt an den Gutsbesitzern und Bauern
herum, der städtische an Fabrikanten, Fabrikarbeitern und Handwerkern.
Da also der Arzt sich bemüht, die productiven Stände gesund und leistungs-
fähig"zu erhalten, so darf er wohl als indirectcr Produccnt bezeichnet
werden.
Eine Ausnahme bilden allerdings wieder die Irrenärzte, soweit sic
sich mit der Pflege von unheilbaren Geisteskranken beschästigcn. Wenn
z. B. ein Irrenarzt Ncdacteure und Zeitungsschreiber, die llbcrgeschnappt
sind, »och so sorgfältig überwacht und behandelt, so ist er doch nur ein
Nichts-als-Co»sumc»l. Er bleibt dies auch dann, wenn ihm bei dem
einen oder andern Patienten die Heilung glücken sollte, den» er hat dann
einen Mensche» curirt, von dem die Schaffung irgend welcher Wcrthe
nicht zu erwarten ist.
ßine Aaufrcde,
wie sic hätte gehalten werden mllssrn.
Du stolzes Schiff sollst den Namen des Handlangers führe», den
Namen, der untrennbar mit der Einführung jenes neuen Kurses sür unser
Staatsschiff verbunden ist, der eS in scharfen, aber bestimmten Wendungen
so aus sein Ziel znsührt, das, cs beständig volle Breitsciten daraus abgeben
kann. Wohin du in fernen Ländern auch kommen magst, überall wird
man dich, den Handlanger, um so freudiger begrüßen, als man weist, dast
jetzt die wahren Meister der Staatsknnst daheim am Ruder sind, und
die Gcwtsthcit, dast du nicht im Kaiser-Wilhelm-Kanal festgefahren bist,
wird aller Herzen höher schlagen lassen. Gleit hin in dein Element!
Ich taufe dich Fürst Handlanger.
Dichtcrloos.
Von Göttlich Jammeimann.
Ob ost auch knurrt mein Magen,
Der gründlich das Fasten kennt,
Mit Stolz darf ich es sagen:
Ich- bin ein Prodncenl!
Der -hehren Muse diene
Ich treulich mit reinem Sinn.
Gottlob, dast eine Biene
Und keine Drohne ich bin!
Begeistert produeir' ich
. Gedichte zu jeder Stund';
Viel weniger consumir' ich.
Und das hat seinen Grund.
'Nicht mehr bringt mir als den meisten
College» das Dichten ein;
Nicht immer kann ich mir leisten
Am Sonntag ein Gänscklein.
Dann seufze wohl bang iind schwer ich,
Ich armer Produccnt:
„O Himmel, wie gerne wäck ich
Ein Nichts-alS-Consument!"
In Charlottenburg ist ein Buch erschienen „Auf nach Alaska! Ein
Führer sür Wagemuthige." Augenscheinlich hat man cs mit einer ver-
steckten Neclame zu thun, die vom Neichsmarineamt in Scene gesetzt
worden ist, um Stimmung für das Marine-Septennat zu machen.
Hin Hapitet vom Alkohol.
Die Welt wird immer wunderlicher. Da hat man jetzt im Lause
einer Woche in Hannover auf dem Congrest der Irrenärzte, in Braun-
schwcig aus der Versammlung des „Vereins abstinenter Aerzte" und aus
dem internationalen Congrest gegen den Mistbrauch geistiger Getränke in
Brüssel dem Alkohol förmlich den Krieg erklärt. Wohin soll denn das
führen? Schon Anakreon weist darauf hin, dast unter dem Himmels-
zelt alles nur trinkend gedeih-, und ein jüngerer Dichter fragt mit
Recht: „Was soll aus der Welt denn noch werden, wenn keiner mehr
trinken will?" Ja, ja, was soll daraus werden, wenn man den Alkohol
ganz über Bord wirft? Sollen unsere Studenten in Psesserminzthee
comnicrsiren? Wo bliebe da die Begeisterung beim Landesvater? Will
man alle Brauereien in Küchen nmwandcln, in denen Familien Kaffee
kochen können? Soll man sich in Zukunft des Mosel- und des Rhein-
Ihales bei Hafergrütze freuen? Ich danke schön. Und was soll aus der
ohnehin schon so nothleidenden Landwirthschaft werden? Mit dem
schwindende» Biergenust würde der Preis des Hopfens, der Gerste, des
Weizens immer, tiefer sinken und zuletzt die Umgegend. Hamburgs, deren
Noth jetzt schon die „Deutsche Tageszeitung" so rührend in jeder Nummer
schildert, ganz zur Wüste werden. Was wird aus den gesegneten Fluren
der goldenen Aue, wenn Nordhauscn keinen Korn mehr brennt? Was
aus denen des frommen wcstsälischen MUnsterlandes, wenn Kleriker und
Laie dem „alten Klaren" nicht mehr huldigen. Gehen die Spiritus-
brennereicn ein, wer soll die Brennsteuer ausbringen? Oder will mau
mit all dem Sprit, der beute fabricirt wird, nur Unisorm-Knöpfe putzen?
Nein, »ein! Schweigt, ihr Herren! Ohne Alkohol und ohne einen ge-
linden Rausch kann die Welt nicht bestehen. Nennt immerhin mit dem
alten Jakobs die Trunkenheit eine» kleinen Wahnsinn, vergeht aber nicht
hinzuzusügen, dast sie auch ein angenehmer und gar nützlicher Wahnsinn
ist. Ich denke aber auch, ihr Herren meint es gar nicht so schlimm, wie
eure Reden lauten. Ich bin überzeugt, wenn ich all die alkoholhaltigen
Getränke hätte, die ihr auf eure» Congressen alle vertilgt habt, ich würde
ein volles Semester lang keinen Durst leiden.
Fritz Lustig,
stuck, rar. alkohol., Gewohnheitstrinker.
Kerbstvikd v o m Lande.
Den Wational-Socialen.
ES Pflanzen sich, zu lesen
Ist das an manchem Ort,
Unzählige Lcbetvesen
Durch stete Spaltung fort.
Doch ob durch sleistige Spaltung
. Bacillen fröhlich gedeih», -
So dient sie kaum zur Erhaltung
Und Stärkung einem Verein.
Die Eisenbahnen haben sich überlebt. Welch ein Glück, dast sic »och
rechtzeitig vom Zweirad abgelöst worden sind. Ist einst auch das Zweirad
altersschwach geworden, jo wird der Luftballon eS ablösen. Was nach
diesem kommen wird, ist noch nicht mit Sicherheit zu sagen.