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Warum die Schillerfeier?
Non einem Modernen
Friedrich Schiller.
Was ist er. was will er?
Mir kommt ein Erinnern aus alter Zeit,
Aus der Jugend, die jetzt schon liegt so weit.
Jetzt bin ich ein Greis von dreißig Jahren,
Doch als wir frische Tertianer waren,
Ja, danials haben wir was gelesen
Von einem Schiller. Was ist's doch gewesen?
Die „Kraniche des Jbykus"
Und die „Bürgschaft" glaub' ich. Kein Genuß
War das, denn alles ward aufgegeben
Zum Lernen, das hat mir verbittert das Leben.
Seitdem Hab' ich wenig von Schiller vernommen.
Wenn mal das Gespräch auf ihn gekommen,
So riefen die Freunde gleich: „Ach, haltet
Bei dein euch nicht auf, der ist veraltet!"
Was geht mich also der Schiller an?
Die Leute mögen feiern bcu Mann,
So viel sie wollen, bald ist vorbei
Dies greuliche Sch illerfest ge schrei.
Bald wird es wieder still und stiller
Von Friedrich Schiller.
Schiller
vom reinvernünftigen Standpunkt aus betrachtet.
Schiller, sagt man, sind zu seiner Lebenszeit nicht genug Ehrungen
erwiesen worden, aber womit denn sollte er geehrt werden?
Geldgeschenke konnte man ihm nicht machen, weil er, wie die meisten
Dichter, den Mammon verachtete. Außerdem wußte er mit dem Gelde
nicht umzugehen.
Geadelt wurde er, aber der Adel blieb bei ihn: nicht sitzen. Wer
redet überhaupt noch von- einem Herrn v. Schiller?
Da er dem ärztlichen Stande angehörte, wäre am Ende der Titel
Obermedizinalrat für ihn passend gewesen, aber dazu waren doch
seine Leistungen auf dem Gebiet der Heilkunde nicht gehaltvoll genug.
Leute, die innner den Kopf voller Verse haben, werden nie geschickt
operieren.
Bei der „Vossischen Zeitung" konnte er nicht angestellt werden, weil
er für Ideale schwärmte. Eine reiche Partie hätte er wahrscheinlich
machen können, aber er versäumte die Gelegenheit dazu. Kurz, er war
ein Mensch, dem auf leine Weise zu helfen war.
Menne Damen und Hörren! Dör große Düchter, dön wir heute
feuern, üjt so bökannt, daß üch müch kurz fassen kann. Schüllerlöben
soll loben! Ümmör dörjönüge wölcher.
Herenfahrt
Frisch am ersten Morgen des Maien
Nahm ich den Wanderstab zur Hand;
Rüstig schritt ich schon aus im Freien,
Eh noch die Sonne am Himmel stand.
Bald den Straßen Berlins entronnen
Wandert' ich draußen ohne Beschwer.
Als ich den Grunewald fast gewonnen,
Kam ein Herein hinter mir her.
Ja. eine Here war es, doch grauste
Nicht mir. vor ihr, ich kenne sie gut.
Als sie an mir vorübersauste.
Schwang ich mit fröhlichem Gruß den Hut.
Und sie lachte und ries: „Wo waren
Sie so lange? Nur frisch heran!
Schon mit Meyers vorausgefahren
Ist mit dem Flaschenkorbe mein Mann.
Kommen Sie nach, hier gilt kein Besinnen!
Heut ist die Sau bucht unser Ziel."
Rief sie und stchr mit Gestank von hinnen,
Denn sie saß ja im Automobil.
Wenn solche Köpfe feiern!
Festsitzung im Staatsministerium
Ministerpräsident: Meine Herren! Es gilt Schiller zu feiern,
der da sagte: „Hier sind wir versammelt zu löblichem Tun"! (Zwischen-
ruf aus Pods Nachbarschaft: „Ist ja von Heine!") Also wie sein
Freund Heine sagte. Wie ehren wir den Dichter am besten? Ich
bitte um Vorschläge.
Kriegsminister. Wäre es nicht angebracht, ein Jägerbataillon
nach ihm zu benennen? Das Interesse, das er für die reitenden
Holkischen Jäger bewiesen hat ... .
Ministerpräsident. Schön, schön, wir werden sehen.
Moeller. Könnte nicht vielleicht die Büste des Mohren, der seine
Schuldigkeit getan hat und gehen kann, mit der entsprechenden Unter-
schrist in dem Arbeitszimmer eines jeden von uns aufgestellt werden?
Die Königliche Porzellan-Manufaktur wird gewiß gern ....
Ministerpräsident. Davon später.
v. Budde. Ich bin für Einführung eines Schillerpreises, und
zwar soll der erhöhte Preis für die Eisenbahnfahrkarten, der vom
9. d. M. ab die Reform der Personentarise einzuleiten hätte, so genannt
werden. Das wird die Reform populär machen.
Frhr. v. Rheinbaben. So sympathisch mir vom Standpunkt der
Finanzverwaltung dieser Vorschlag ist, halte ich doch eine allgemeine
Schillerlotterie für angebrachter. Wodurch könnte man den Reichs-
gedanken mehr festigen. (Pod: Durch Nieten!)
Studt. Mir will scheinen, als ob hier fiskalische Erwägungen
zu sehr mitsprechen. Es fehlt Schiller immer noch an Denkmälern;
es gibt eine große Zahl von Städten, in denen kaum eine Gipsbüste
des Dichterheros vorhanden ist. Berlin z. V. hat nur eins. Wie war'
cs nun, wenn man in: Tiergarten eine ganze Allee mit lauter Stand-
bildern Schillers schmückte: Schiller als Karlsschüler, Schiller als
Regimentsmcdikus, Schiller neben Laura am Klavier, beim Dichten
seiner verschiedenen Dramen, als Professor in Karlsbad auf einem
Esel reitend, faule Äpfel in seinem Tischkasten legend, kurz in allen
möglichen Phasen seines ruhmreichen Lebens! Mit Leichtigkeit könnten
hier 60—80 notleidende Bildhauer Beschäftigung finden, und die Reichs-
Hauptstadt wäre um ein Schaustück ersten Ranges bereichert.
Einmütig wurde dieser Vorschlag angenonunen und die Sonne
Horners, siehe sie lächelt.
Zum Schillertag
von Amandus Wünsche
Die Blüten duften und die Vöglein trillern,
Die ganze Welt sieht heut man prächtig schillern.
Schillerfeier bei Schultzes
Das Fest begann um die Zweitfrühstückszeit mit der Verteilung
belegter Schillerschrippen. Dann Aufstellung der Schillerbüste,
die ihren Ehrenplatz zwischen den Büsten Müllers und Schultzes
erhielt. Hierauf rezitierte die 16jährige Else Schultze die „Kindes-
mörderin", wodurch das dabei anwesende Dienstmädchen Minna
wiederholt zu Tränen gerührt wurde.
Beim Mittag Verteilung von Schillerapfelsinen, am Abend
Schillerskat, an dem Müller und Neumann teilnahmen. Dabei
kam es leider zu einem Zerwürfnis zwischen den Freunden, in Folge
dessen die drei Büsten entzweigingcn. Nachher Versöhnung und Ab-
singen von „Freude, schöner Götterfunken!"
Warum die Schillerfeier?
Non einem Modernen
Friedrich Schiller.
Was ist er. was will er?
Mir kommt ein Erinnern aus alter Zeit,
Aus der Jugend, die jetzt schon liegt so weit.
Jetzt bin ich ein Greis von dreißig Jahren,
Doch als wir frische Tertianer waren,
Ja, danials haben wir was gelesen
Von einem Schiller. Was ist's doch gewesen?
Die „Kraniche des Jbykus"
Und die „Bürgschaft" glaub' ich. Kein Genuß
War das, denn alles ward aufgegeben
Zum Lernen, das hat mir verbittert das Leben.
Seitdem Hab' ich wenig von Schiller vernommen.
Wenn mal das Gespräch auf ihn gekommen,
So riefen die Freunde gleich: „Ach, haltet
Bei dein euch nicht auf, der ist veraltet!"
Was geht mich also der Schiller an?
Die Leute mögen feiern bcu Mann,
So viel sie wollen, bald ist vorbei
Dies greuliche Sch illerfest ge schrei.
Bald wird es wieder still und stiller
Von Friedrich Schiller.
Schiller
vom reinvernünftigen Standpunkt aus betrachtet.
Schiller, sagt man, sind zu seiner Lebenszeit nicht genug Ehrungen
erwiesen worden, aber womit denn sollte er geehrt werden?
Geldgeschenke konnte man ihm nicht machen, weil er, wie die meisten
Dichter, den Mammon verachtete. Außerdem wußte er mit dem Gelde
nicht umzugehen.
Geadelt wurde er, aber der Adel blieb bei ihn: nicht sitzen. Wer
redet überhaupt noch von- einem Herrn v. Schiller?
Da er dem ärztlichen Stande angehörte, wäre am Ende der Titel
Obermedizinalrat für ihn passend gewesen, aber dazu waren doch
seine Leistungen auf dem Gebiet der Heilkunde nicht gehaltvoll genug.
Leute, die innner den Kopf voller Verse haben, werden nie geschickt
operieren.
Bei der „Vossischen Zeitung" konnte er nicht angestellt werden, weil
er für Ideale schwärmte. Eine reiche Partie hätte er wahrscheinlich
machen können, aber er versäumte die Gelegenheit dazu. Kurz, er war
ein Mensch, dem auf leine Weise zu helfen war.
Menne Damen und Hörren! Dör große Düchter, dön wir heute
feuern, üjt so bökannt, daß üch müch kurz fassen kann. Schüllerlöben
soll loben! Ümmör dörjönüge wölcher.
Herenfahrt
Frisch am ersten Morgen des Maien
Nahm ich den Wanderstab zur Hand;
Rüstig schritt ich schon aus im Freien,
Eh noch die Sonne am Himmel stand.
Bald den Straßen Berlins entronnen
Wandert' ich draußen ohne Beschwer.
Als ich den Grunewald fast gewonnen,
Kam ein Herein hinter mir her.
Ja. eine Here war es, doch grauste
Nicht mir. vor ihr, ich kenne sie gut.
Als sie an mir vorübersauste.
Schwang ich mit fröhlichem Gruß den Hut.
Und sie lachte und ries: „Wo waren
Sie so lange? Nur frisch heran!
Schon mit Meyers vorausgefahren
Ist mit dem Flaschenkorbe mein Mann.
Kommen Sie nach, hier gilt kein Besinnen!
Heut ist die Sau bucht unser Ziel."
Rief sie und stchr mit Gestank von hinnen,
Denn sie saß ja im Automobil.
Wenn solche Köpfe feiern!
Festsitzung im Staatsministerium
Ministerpräsident: Meine Herren! Es gilt Schiller zu feiern,
der da sagte: „Hier sind wir versammelt zu löblichem Tun"! (Zwischen-
ruf aus Pods Nachbarschaft: „Ist ja von Heine!") Also wie sein
Freund Heine sagte. Wie ehren wir den Dichter am besten? Ich
bitte um Vorschläge.
Kriegsminister. Wäre es nicht angebracht, ein Jägerbataillon
nach ihm zu benennen? Das Interesse, das er für die reitenden
Holkischen Jäger bewiesen hat ... .
Ministerpräsident. Schön, schön, wir werden sehen.
Moeller. Könnte nicht vielleicht die Büste des Mohren, der seine
Schuldigkeit getan hat und gehen kann, mit der entsprechenden Unter-
schrist in dem Arbeitszimmer eines jeden von uns aufgestellt werden?
Die Königliche Porzellan-Manufaktur wird gewiß gern ....
Ministerpräsident. Davon später.
v. Budde. Ich bin für Einführung eines Schillerpreises, und
zwar soll der erhöhte Preis für die Eisenbahnfahrkarten, der vom
9. d. M. ab die Reform der Personentarise einzuleiten hätte, so genannt
werden. Das wird die Reform populär machen.
Frhr. v. Rheinbaben. So sympathisch mir vom Standpunkt der
Finanzverwaltung dieser Vorschlag ist, halte ich doch eine allgemeine
Schillerlotterie für angebrachter. Wodurch könnte man den Reichs-
gedanken mehr festigen. (Pod: Durch Nieten!)
Studt. Mir will scheinen, als ob hier fiskalische Erwägungen
zu sehr mitsprechen. Es fehlt Schiller immer noch an Denkmälern;
es gibt eine große Zahl von Städten, in denen kaum eine Gipsbüste
des Dichterheros vorhanden ist. Berlin z. V. hat nur eins. Wie war'
cs nun, wenn man in: Tiergarten eine ganze Allee mit lauter Stand-
bildern Schillers schmückte: Schiller als Karlsschüler, Schiller als
Regimentsmcdikus, Schiller neben Laura am Klavier, beim Dichten
seiner verschiedenen Dramen, als Professor in Karlsbad auf einem
Esel reitend, faule Äpfel in seinem Tischkasten legend, kurz in allen
möglichen Phasen seines ruhmreichen Lebens! Mit Leichtigkeit könnten
hier 60—80 notleidende Bildhauer Beschäftigung finden, und die Reichs-
Hauptstadt wäre um ein Schaustück ersten Ranges bereichert.
Einmütig wurde dieser Vorschlag angenonunen und die Sonne
Horners, siehe sie lächelt.
Zum Schillertag
von Amandus Wünsche
Die Blüten duften und die Vöglein trillern,
Die ganze Welt sieht heut man prächtig schillern.
Schillerfeier bei Schultzes
Das Fest begann um die Zweitfrühstückszeit mit der Verteilung
belegter Schillerschrippen. Dann Aufstellung der Schillerbüste,
die ihren Ehrenplatz zwischen den Büsten Müllers und Schultzes
erhielt. Hierauf rezitierte die 16jährige Else Schultze die „Kindes-
mörderin", wodurch das dabei anwesende Dienstmädchen Minna
wiederholt zu Tränen gerührt wurde.
Beim Mittag Verteilung von Schillerapfelsinen, am Abend
Schillerskat, an dem Müller und Neumann teilnahmen. Dabei
kam es leider zu einem Zerwürfnis zwischen den Freunden, in Folge
dessen die drei Büsten entzweigingcn. Nachher Versöhnung und Ab-
singen von „Freude, schöner Götterfunken!"