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Das Gottesgericht

(Die Gpcrnlüngerin Cmmij Deltinn verweigerte die Bezahlung eines Wechleks. den fic unter diesem Bühnennamen einem Schneidermeister in Prag
über 4000 Kronen ausgestellt hat: Ne berust Nch daraus, dah ihr bürgerlicher Name Emilie Kittel Ist. und bas Gbergericht Vrag hat den Wechsel

daraulhin snr migiltig erklärt.)

K. K. Oberrichter:

Dich ruf' ich, Schneider Telramund!

Tu mir den Grund der Klage kund.
Schneider:

Emmy. die Jungfrau, die als „Elsa" dir
Gewiß bekannt ist, mich um Hilfe rief.

Als einst es stand um ihre Kasse schief,

Und schrieb mir gegen Gold, das ich ihr zahlte,
Als „Emmy Destinn" diesen Wechselbrief.

Doch als nun des Verfalltags Sonne strahlte
Und mir die Welt in Rosenfarben malte.

Als ich ihr nahte mit dem Wechselschein —

Da wollte sie es nicht gewesen sein!

Es faßte mich Entsetzen vor der Magd,

Und ungesäumt Hab' ich sie drum verklagt.

O Richter, hilf mir, der so arg bedrängt,

Den um viertausend Kronen sie gekränkt!

Chor der Zuhörer:

Ha, schweres Geld heischt Telramund!

Kam Emmy also auf den Hund?

Richter:

Rust die Beklagte her!

Chor:

Sie naht, geschmückt mit aller Anmut Zier!
Wer schmähte sie um einen Wisch Papier?

R ichrer:

Bist du es, Emmy von Destinn?

Emmy:

Emilie Kittel nur.

R i ch t e r:

So frag' ich weiter:

2st, Emmy, dir der Wechsel hier bekannt,

Den du dem Schneider gabst?

Emmy:

Mein armer Schneider!
Chor:

Wie wunderbar! Braucht sie den Psychiater?
Richter:

Sprich offen, Emmy, wie zu deinem Vater!

E m in y:

Geldklamm, in knappen Tagen,

Stellt' ich den Wechsel aus;

Run tät man mich verklagen,

Doch mach' ich mir nichts draus.

Kein Wechsel ist mir heilig,

Signiert „Emmy Destinn",

Ich streit' ihn ab, dieweil ich
Nur Milchen Kittel bin.

Schneider:

O wehe mir! Durch solche Mittel
Willst siegen du, Emilie Kittel?

Chor.:

Verloren ist verloren, hin ist hin,

Dein Geld ist weggeschmissen;

Wie kann die Kittel wissen,

Was pumpte die Destinn?

Richter:

Ja. sie hat Recht. Hier wird dir nie Gewinn.
Geh' auf die Bühne, such' dir die Destinn!

Sie wird, da sie dort manche Krone trägt,

Dir deine Kronen zahlen unentwegt
In Vühnengold; doch gegen Mile Kittel,

Die hier steht, hilft dir Richter nicht noch Büttel.

Denn ihren Namen hat. sie nicht gesetzt

Auf deinen Schein. — Drum sei er nun zerfetzt!

(Er zerreißt den Wechsel.)
Emmy:

Sieh, Schneider, laß dir sagen:

Nie sollst du mich verklagen!

Dein Tun war wenig zart,

Hat weder Nam' noch Art.

(Sie geht trällernd ab).

Richter:

Da geht sie hin — und singt noch mehr!

Ganz die Destinn — so hold und hehr!

Chor:

Schneider, Schneider, meck, meck, meck,

Geld und Wechsel sind nun weg —

Trink 'nen Kognak auf den Schreck! —


w. Der britische Botschafter.in Washington, VryccL, hat
kürzlich beim Bankett der St. George - Gesellschaft im
Waldorf-Astoria-Hotel gesagt, Großbritannien und die Ver-
einigten Staaten seien „die Angeln des Weltfriedens". Man
weiß, daß der Name England auf die Angeln zurück-
zuführen ist; was die Angeln anbetrifft, so hat also die Sache
etwas für sich. Den Weltfrieden aber als Tor in diesen Angeln
sich vorzustellen, das erscheint schon weniger leicht; man muß ein
Tor sein, um es zu glauben und könnte dann leicht zwischen Tor
und Angeln geraten. Vielleicht hat Bryce die Äußerung
aber auch anders gemeint. Er hat am Ende ganz ehrlich
sagen wollen, daß die beiden Nationen, und besonders die
britische, Angeln seien, deren Köder der bekannte „Welt-
friede" bilde. Das wäre ein Wort, das sich hören ließe.
Aber wer beißt an?

Hl. I. Im Prozeß gegen John Marlitt bekundete ein Zeuge,
der Angeklagte sei kein eigentlicher Betrüger, sondern er
sei nur furchtbar übers Ohr gehauen worden.

„Ja, aber leider über das Ohr", seufzten Marlitts
Gläubiger, „welches wir ihm für seine Pläne geliehen hatten."

Goldgruben

O Es hat sich eine englische Gesellschaft gebildet, die in
dem See Euatavita in der Cordillere von Bogota Gold
sucht, das einst von den Inkas dort versenkt sein soll. Jetzt
ist ein Streit darüber ausgebrochen, was mit den Kunst-
schätzen geschehen wird, die dort gehoben werden sollen.

Damit die Verwertung der gehobenen Schätze durch
diesen Streit nicht aufgehalten wird, will man ihn ver-
nünftigerweise vorher entscheiden lassen. Deshalb ist ein
Prozeß zwischen der englischen Gesellschaft, den Eigentümern
des Sees und der Negierung von Columbien angestrengt
worden, da alle drei Eigentumsansprüche an den Funden
erheben. Der Prozeß dauerte fünf Jahre und verursachte
86 000 Pesos Kosten.

Die Gesellschaft aber war schon nach zwei Jahren
pleite und löste sich auf, weil sie kein Gold gefunden hatte.
Jetzt wird ein neuer Prozeß zwischen den Eigentümern des
Sees und der Negierung darüber ausgefochten werden, wer
von ihnen die Kosten zu bezahlen hat, die von der Ge-
sellschaft nicht beizutreiben sind. So ist also in dem See
von Euatavita doch Gold gefunden worden, — Zwar nicht
von der englischen Gesellschaft, aber von den columbischen
Advokaten.
 
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