Müller. Kennste den Unterschied zwischen Hansi früher und
jetzt?
Schulze. Nee!
Müller. Na, früher is er über die erlaubte Irenze je-
jangen und tat sich fürchterlich dicke. Un nu, wie
se ihn bei die Hammelbeine kriegen wollten, is er
über die verbotene Irenze jejangen un hat sich
dünne jemacht. m.
Müller. Willem, der Eroberer, hat sich ja nu von den
Bild- und Rebellenhauer Iurschner aus Wien
die Ieschützpositionen erklären lassen.
Schultze. Ja, un der Hauptmann Fabius hat det ibel-
jenommen un is jejangen.
Müller. Un Willem hat jesagt: Fabius! — Muß weg!
Weil er nischt kann — äh!"
Schultze. Iottedoch! Det kann jut werden! Weeßte noch aus
die olle Ieschichte: Fabius un Kannä-?
Der Grunewald als Berliner Eigentum
Endlich — endlich ist Berlin in den Besitz des lang-
ersehnten Erunewalds gelangt! Die Königlichen Förster
verlassen ihre Heimstätten, ein frischer kommunaler Zug
weht durch die Föhren, und das Dezernat über den riesigen
Waldkomplex übernimmt ein Berliner Stadtrat, der mit
Holz und Bäumen umzugehen versteht. Mit bedeutsamen
Änderungen in der Namengebung wird natürlich der Anfang
gemacht: Der „Teufelssee" erhält den Namen „Wermuthsee",
die „Krumme Lanke" wird zur „Geraden Panke", „Onkel
Toms Hütte" verwandelt sich in „Michelets Ruh" und
der allzu kriegerisch klingende „Schlachtensee" wird „Ewiger
Friedensteich" getauft. Die Gestelle aber werden von
Bürgermeister Reicke so poetisch wie möglich ausgeschmückt.
Es wird da eine „Aurora-Allee" geben, einen „Mondflimmer-
Weg" und eine „Maienblütenschimmer-Promenade". In dem
romantischen Teile des Grunewalds, der um die „Saubucht"
herum liegt (später „Kristallweiher" genannt), wird sich
Dr. Reicke für seine Dichtzwecke ein eigenes Schutzgebiet an-
legen lassen, in dem er außerhalb der Dienststunden nicht
gestört werden darf. Auf seine Veranlassung erhalten auch
die künftigen Eroß-Verliner Forstbeamten als Schmuck für
ihre Dienstmütze das „Grüne Huhn".
Um den Schulkindern aber immer wieder die Groß-
tat der Groß-Verliner Kommunen, die sich in der
Erwerbung des Grunewaldes dokumentiert, vor Augen zu
führen, soll in das Klassenliederbuch der Eemeindeschulen
folgendes Waldlied aufgenommen werden:
Wer hat dich, o Grunewald,
Angekauft so hoch da droben?
Die Kommunen will ich loben,
Solang' noch mein' Stimm' erschallt! m. br.
Wiederholte Bitte
Wäre es nicht möglich, daß es den Unterzeichneten
während der heißen Sommermonate gestattet würde, im
Kostüm der Mediceischen Venus oder — wenn dieses den
Anordnungen der Sittenpolizei zuwiderlaufen sollte,
wenis ens den Mantel ablegen zu dürfen? Unsere
Stell 'g fängt bei dieser Hitze nachgerade an, unerträglich
zu werden!
Berlin, Opernplatz 35° im Schatten.
Blücher, Scharnhorst, Vülow.
In dem von dem Oberlehrer L. Jäger bearbeiteten
„Karlsruher Liederbuch" (für die Schule) ist die zweite
Strophe des Liedes „Deutschland, Deutschland über alles"
umgeändert. Statt der Worte:
„Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang"
heißt es:
„Deutsche Sitte, deutsche Treue,
Deutscher Mut und deutscher Sang."
Es leuchtet ohne weiteres ein, daß diese Fassung
wesentlich schöner und poetischer, daß Herr Oberlehrer Jäger >
ein viel größerer Poet ist -als Hoffmann v. Fallersleben. I
Wir können daher nur hoffen, daß Herr Oberlehrer |
Jäger die ganze deutsche Dichtung umarbeitet, wobei uns >
zunächst natürlich die Arbeiten sogenannter Dichter vor-
schweben, in denen die Frauen und der Wein Vorkommen.
Wie reizend würde sich des kürzlich verstorbenen Rodenberg
Gedicht in neuer Fassung ausnehmen:
„Die reinen Sitten stehn im Leben
Wie Rosen in dem dunkeln Laub,"
wie entzückend das bekannte Wort des p. p. Goethe:
„Willst du genau erfahren, was sich ziemt,
So frag' nur immer bei der Sitte an,"
wogegen entschieden nichts einzuwenden wäre. Auch Schillers
„Ehret die Sitten, sie flechten und weben — Himmlische
Rosen ins irdische Leben" könnte so nur gewinnen, und die ganze
Frauenfrage wäre als Sittenfrage sogleich erledigt. Und -
nun erst der Wein! Alle Wetter noch einmal! „Ein echter I
deutscher Mann mag keinen Franzen leiden, — Doch seinen I
Mut, den hat er gern!" Das wäre doch noch was! Oder: D
„Der Mut erfreut des Menschen Herz" usw. usw. Das
deutsche Nationallied aber müßte dann sinngemäß auf den
Befreier aus langer Schmach gemünzt werden, der sich
über alles hermacht, und lauten:
„Jäger, Jäger über alles,
Über alles in der Welt!"
Vor allem aber müßte seinetwegen, der weder Frauen noch
Weine gelten läßt, das Lutherwort also umgeprägt werden:
„Wer nicht liebt Mut, Sitte und Gesang,
Der bleibt ein Narr sein Leben lang!"
Denn was würde man sonst wohl von dem deutschen
Dichter und Oberlehrer L. Jäger denken? — Entsetzlich!
Zukunftsbild nach 30 Jahren
(Der Kronprinz ist noch immer nicht
General geworden, sondern Soll die Führung des
1. Garderegiinenis als Gbertt übernehmen.)
Der 60 jährige Kronprinz: „Daß Papa aber immer
noch keine Maßregeln gegen die — Überalterung des
Offizierkorps ergreift!" ___
Vr ants. örtlicher Redakteur: Paul Warncke in Charlottenburg. — Verlag von A. Hofmann & Comp., Berlin SW. 68. — Druck von Hempel & Co. G. m. b. H., Berlin.
Hierzu drei Beilagen
usrhvsq nk m usurq *102
jetzt?
Schulze. Nee!
Müller. Na, früher is er über die erlaubte Irenze je-
jangen und tat sich fürchterlich dicke. Un nu, wie
se ihn bei die Hammelbeine kriegen wollten, is er
über die verbotene Irenze jejangen un hat sich
dünne jemacht. m.
Müller. Willem, der Eroberer, hat sich ja nu von den
Bild- und Rebellenhauer Iurschner aus Wien
die Ieschützpositionen erklären lassen.
Schultze. Ja, un der Hauptmann Fabius hat det ibel-
jenommen un is jejangen.
Müller. Un Willem hat jesagt: Fabius! — Muß weg!
Weil er nischt kann — äh!"
Schultze. Iottedoch! Det kann jut werden! Weeßte noch aus
die olle Ieschichte: Fabius un Kannä-?
Der Grunewald als Berliner Eigentum
Endlich — endlich ist Berlin in den Besitz des lang-
ersehnten Erunewalds gelangt! Die Königlichen Förster
verlassen ihre Heimstätten, ein frischer kommunaler Zug
weht durch die Föhren, und das Dezernat über den riesigen
Waldkomplex übernimmt ein Berliner Stadtrat, der mit
Holz und Bäumen umzugehen versteht. Mit bedeutsamen
Änderungen in der Namengebung wird natürlich der Anfang
gemacht: Der „Teufelssee" erhält den Namen „Wermuthsee",
die „Krumme Lanke" wird zur „Geraden Panke", „Onkel
Toms Hütte" verwandelt sich in „Michelets Ruh" und
der allzu kriegerisch klingende „Schlachtensee" wird „Ewiger
Friedensteich" getauft. Die Gestelle aber werden von
Bürgermeister Reicke so poetisch wie möglich ausgeschmückt.
Es wird da eine „Aurora-Allee" geben, einen „Mondflimmer-
Weg" und eine „Maienblütenschimmer-Promenade". In dem
romantischen Teile des Grunewalds, der um die „Saubucht"
herum liegt (später „Kristallweiher" genannt), wird sich
Dr. Reicke für seine Dichtzwecke ein eigenes Schutzgebiet an-
legen lassen, in dem er außerhalb der Dienststunden nicht
gestört werden darf. Auf seine Veranlassung erhalten auch
die künftigen Eroß-Verliner Forstbeamten als Schmuck für
ihre Dienstmütze das „Grüne Huhn".
Um den Schulkindern aber immer wieder die Groß-
tat der Groß-Verliner Kommunen, die sich in der
Erwerbung des Grunewaldes dokumentiert, vor Augen zu
führen, soll in das Klassenliederbuch der Eemeindeschulen
folgendes Waldlied aufgenommen werden:
Wer hat dich, o Grunewald,
Angekauft so hoch da droben?
Die Kommunen will ich loben,
Solang' noch mein' Stimm' erschallt! m. br.
Wiederholte Bitte
Wäre es nicht möglich, daß es den Unterzeichneten
während der heißen Sommermonate gestattet würde, im
Kostüm der Mediceischen Venus oder — wenn dieses den
Anordnungen der Sittenpolizei zuwiderlaufen sollte,
wenis ens den Mantel ablegen zu dürfen? Unsere
Stell 'g fängt bei dieser Hitze nachgerade an, unerträglich
zu werden!
Berlin, Opernplatz 35° im Schatten.
Blücher, Scharnhorst, Vülow.
In dem von dem Oberlehrer L. Jäger bearbeiteten
„Karlsruher Liederbuch" (für die Schule) ist die zweite
Strophe des Liedes „Deutschland, Deutschland über alles"
umgeändert. Statt der Worte:
„Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang"
heißt es:
„Deutsche Sitte, deutsche Treue,
Deutscher Mut und deutscher Sang."
Es leuchtet ohne weiteres ein, daß diese Fassung
wesentlich schöner und poetischer, daß Herr Oberlehrer Jäger >
ein viel größerer Poet ist -als Hoffmann v. Fallersleben. I
Wir können daher nur hoffen, daß Herr Oberlehrer |
Jäger die ganze deutsche Dichtung umarbeitet, wobei uns >
zunächst natürlich die Arbeiten sogenannter Dichter vor-
schweben, in denen die Frauen und der Wein Vorkommen.
Wie reizend würde sich des kürzlich verstorbenen Rodenberg
Gedicht in neuer Fassung ausnehmen:
„Die reinen Sitten stehn im Leben
Wie Rosen in dem dunkeln Laub,"
wie entzückend das bekannte Wort des p. p. Goethe:
„Willst du genau erfahren, was sich ziemt,
So frag' nur immer bei der Sitte an,"
wogegen entschieden nichts einzuwenden wäre. Auch Schillers
„Ehret die Sitten, sie flechten und weben — Himmlische
Rosen ins irdische Leben" könnte so nur gewinnen, und die ganze
Frauenfrage wäre als Sittenfrage sogleich erledigt. Und -
nun erst der Wein! Alle Wetter noch einmal! „Ein echter I
deutscher Mann mag keinen Franzen leiden, — Doch seinen I
Mut, den hat er gern!" Das wäre doch noch was! Oder: D
„Der Mut erfreut des Menschen Herz" usw. usw. Das
deutsche Nationallied aber müßte dann sinngemäß auf den
Befreier aus langer Schmach gemünzt werden, der sich
über alles hermacht, und lauten:
„Jäger, Jäger über alles,
Über alles in der Welt!"
Vor allem aber müßte seinetwegen, der weder Frauen noch
Weine gelten läßt, das Lutherwort also umgeprägt werden:
„Wer nicht liebt Mut, Sitte und Gesang,
Der bleibt ein Narr sein Leben lang!"
Denn was würde man sonst wohl von dem deutschen
Dichter und Oberlehrer L. Jäger denken? — Entsetzlich!
Zukunftsbild nach 30 Jahren
(Der Kronprinz ist noch immer nicht
General geworden, sondern Soll die Führung des
1. Garderegiinenis als Gbertt übernehmen.)
Der 60 jährige Kronprinz: „Daß Papa aber immer
noch keine Maßregeln gegen die — Überalterung des
Offizierkorps ergreift!" ___
Vr ants. örtlicher Redakteur: Paul Warncke in Charlottenburg. — Verlag von A. Hofmann & Comp., Berlin SW. 68. — Druck von Hempel & Co. G. m. b. H., Berlin.
Hierzu drei Beilagen
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