DOI Heft:
Hefte 31-35, August 1920
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.2300#0482
Das Wunderbarste
r. s. Unser Nciseberichterstattcr schreibt »ns: „Dian erlebt
henizntagc viel auf Steifen, natürlich meist Unangenehmes.
Das Wunderbarste aber war für mich doch die tschecho-
slowakische Völkerwanderung, die alle deutsche» Bahnhöfe
verstopfte und gewissermaßen z» „Knotenpnnklcn" machte.
Man weiß ja schon ans der letzten Zeit des Krieges,
tvclchen »»erwarteten Reichtum an dieser liebenswürdigen
Spezies von Slawen die Welt birgt, indes eine solche
Ubciflntmig ging dvch über alle Begriffe. Es war schon
mehr die reine „Masscntschechose", und wenn ich nicht
wüßte — man hat es mir ja stündlich cingepaukt —, daß
die Welt englisch wird, so würde ich annchmcn, sie werde
tschechoslowakisch. Früher, in meiner Jugend, sah man
die Slotvakcn mir vereinzelt, mit Besen und Mausefallen
handelnd, jehi treten sie konipagnieweisc ans, und ihr normaler
Zustand scheint die Kriegsgefangenschaft zu sein, und zwar
eine bis an die Zähne bewaffnete. Wie ungewöhnlich'
Auch ihre Sprache muß sich sehr verändert haben,
denn manchmal klang sie mir täuschend wie französisch oder
englisch. Oder hat man in der Slowakei immer schon
„Sacre nom de Dieu!“ und „Goddam!“ geflucht? Selbst
die Hautfarbe hat nicht standgchaltcn: in einem Babnznge
z. B. tvarcn alle Tschechoslowakei! tiefbraun in einem anderen
gelb oder bronzcfarbcn, in einem dritten gar kohlschwarz.
Was dvch die Gefangenschaft alles zuwege bringt — sogar
»völliges Kraushaar und dicke Wulstlippen! In einem sog.
Lazarettzuge liefen höchst merkwürdige Gestalte» herum, die
mir als „Krankenschwestern" bezeichnet wurden. „Seit
wann tragen denn die Kiankcnschwestcrn Bärte?", fragte ich
den martialisch dreinblickenden „Oberarzt". „Seit die Frauen
ihre Gleichstellung mit den Männern durchgesetzt haben",
erwiderte er kurz und hantierte dabei mit „Bestecken und
Klyslicrspritzcn", die eher wie Seitengewehre und Hand-
granaten aussahcn.
Kurzum, cs war eine eigenartige Wanderung nach dem
Osten, der man auch eine gewisse Großzügigkeit nicht ab-
sprechen konnte; den» sic bewegte sich in sehr langen Zügen.
Aber meine landläufigen Begriffe von slowakischem Handels-
betrieb ivarf sic völlig über den Haufen. Oder war das Ganze
am Ende doch nur für uns eine riesengroße Mausefalle?"
UxiCL
Coräe&j&xx
CwassErreiDlnunn, Filierpressen, Ärmaiuren, Pumpen
Ä. L. G. DEHNE,
Maschinenfabrik, Halle S.
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tkf^thtoElggi«
X>indowep - Straß e 24-
r. s. Unser Nciseberichterstattcr schreibt »ns: „Dian erlebt
henizntagc viel auf Steifen, natürlich meist Unangenehmes.
Das Wunderbarste aber war für mich doch die tschecho-
slowakische Völkerwanderung, die alle deutsche» Bahnhöfe
verstopfte und gewissermaßen z» „Knotenpnnklcn" machte.
Man weiß ja schon ans der letzten Zeit des Krieges,
tvclchen »»erwarteten Reichtum an dieser liebenswürdigen
Spezies von Slawen die Welt birgt, indes eine solche
Ubciflntmig ging dvch über alle Begriffe. Es war schon
mehr die reine „Masscntschechose", und wenn ich nicht
wüßte — man hat es mir ja stündlich cingepaukt —, daß
die Welt englisch wird, so würde ich annchmcn, sie werde
tschechoslowakisch. Früher, in meiner Jugend, sah man
die Slotvakcn mir vereinzelt, mit Besen und Mausefallen
handelnd, jehi treten sie konipagnieweisc ans, und ihr normaler
Zustand scheint die Kriegsgefangenschaft zu sein, und zwar
eine bis an die Zähne bewaffnete. Wie ungewöhnlich'
Auch ihre Sprache muß sich sehr verändert haben,
denn manchmal klang sie mir täuschend wie französisch oder
englisch. Oder hat man in der Slowakei immer schon
„Sacre nom de Dieu!“ und „Goddam!“ geflucht? Selbst
die Hautfarbe hat nicht standgchaltcn: in einem Babnznge
z. B. tvarcn alle Tschechoslowakei! tiefbraun in einem anderen
gelb oder bronzcfarbcn, in einem dritten gar kohlschwarz.
Was dvch die Gefangenschaft alles zuwege bringt — sogar
»völliges Kraushaar und dicke Wulstlippen! In einem sog.
Lazarettzuge liefen höchst merkwürdige Gestalte» herum, die
mir als „Krankenschwestern" bezeichnet wurden. „Seit
wann tragen denn die Kiankcnschwestcrn Bärte?", fragte ich
den martialisch dreinblickenden „Oberarzt". „Seit die Frauen
ihre Gleichstellung mit den Männern durchgesetzt haben",
erwiderte er kurz und hantierte dabei mit „Bestecken und
Klyslicrspritzcn", die eher wie Seitengewehre und Hand-
granaten aussahcn.
Kurzum, cs war eine eigenartige Wanderung nach dem
Osten, der man auch eine gewisse Großzügigkeit nicht ab-
sprechen konnte; den» sic bewegte sich in sehr langen Zügen.
Aber meine landläufigen Begriffe von slowakischem Handels-
betrieb ivarf sic völlig über den Haufen. Oder war das Ganze
am Ende doch nur für uns eine riesengroße Mausefalle?"
UxiCL
Coräe&j&xx
CwassErreiDlnunn, Filierpressen, Ärmaiuren, Pumpen
Ä. L. G. DEHNE,
Maschinenfabrik, Halle S.
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