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Kladderadatsch — 73.1920

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Hefte 40-44, Oktober 1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.2300#0554
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Berlin, den 3, Oktober 1020


Wochenkalender

Montag, den 4. Oktober

Sie haben gearbeitet — Element!

Taß man das Futter zur Stell' schafft,
Und haben verdient neunhundert Perzent,
Tic Leut' von der Herings-ttcsellschast.

Dienstag, den 5. Oktober
In Holland hat cs sich nicht gelohnt,

Ta war der Hering zu billig!,

TaS deutsche Volk, der Milch entwöhnt,
Braucht auch nicht Hcringsniillich.

Mittwoch, den 6. Oktober
Tic Herinos-Gcsellschast bestellte mit Fleiß
Slaatswcisheit als Nahrungewächler:

In Norwegen zahlt.sic den höheren Preis,
Dafür ist der Hering auch schlechter.

Wochenkalender

Donnerstag, den 7. Oktober
Beim Himmel! Was brauch, der deutsche Man»
So schrecklich üppige Nahrung!

Viel wichtiger ist, wie man fülle» kann,

Die eigene Tasch' durch den Harung.

Freitag, den 8. Oktober
Neunhundert Perzent! Daß Molt fic erhalt'!
Und dazu in Tcutschland das Hungirn!

So werden die teueren Preise bezahlt,

Zahlt sie der Deutsche euch ungern.

Sonnabend, den 9. Oktober
Es ist ja mit aiiderm nicht anders bestellt
Im deutschen Lande seit Jahren:

Wer weiß, wieviel von dem deutschen Eicld
Die Herings-Straße gefahren!


Das ,Rote^ Hauö

Im Roten Hause am Strand der Spree,
Da herrscht, dem genius loci
Getreu, die rote U. S. P. D.,

Und Stadtrat wird jeder Sozi.

Vorzeit galt das auch als Ehrenamt -
Doch heute? Au Backe, das wäre!

Man ist dem Stamme Nimm entstammt -
Was koof ich mir for die Ehre?

,^>aS entspricht nicht der Würde deS Hauses"

kn öligen Zwischenrufe tri Uuadhiuglgm In:;' und schür,' ecrtjl.

Der schwarze Adler ward arg gerupft
Indessen der rote — wie heißt er? -
Der Doktor Adler kommt angehupst
Als des Verkehres Meister.
l.lnd huldigend breitet vor sein Gebein,

Die Gilde den blumigen Teppich
Dem Schulrat Kerlöw Löwenstein -
Du hast 'ne Ahnung! - nebbich!

O Mensch, bezähme Gram und Pein
Und zügle deine Schwermut:

Als Oberbürgermeister ein-
Zieht wieder der biedre Mermuth.
Einst Exzellenz im Zollernstaat,
Schien dies alsbald ihm sengerig;
Vor lauter Scham ward in der Tat
Er rot und unabhängerig.

Warum nicht? Man hat den Wolf vorzeit
Bestellt zum Wächter der Hürde;

Der vr. Weyl im Krönungskleid
Er „wahrt des Hauses Würde".

Juchhei! Da nimmtmankcinBlattvordenMund,
Es riecht nach Fusel und Kümmel,

Und „Rindvieh" schallt es und „Schweinehund"
Und „Blöde Bande" und „Lümmel".

Am Strand der Spree im Roten Haus,

Da wird gebrüllt und geschrieen,

Da ist zur höchsten Höh' des Radaus
Die köstliche Freiheit gediehen.

Da ballt man die Fäuste zu wüstem Gekcil
Im Sturm des Redegebrauses,

Und droben thront der - vr. Weyl

Und „wahrt die Würde des Hauses"! «'"»w
 
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