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Schultze: Unsre jeliebte Jermania will
sich ja nu mit Onkel Sam
verehelichen!

Müller: Det versteh ick nich!

Schultze: Paß uff, Müller: die Jermania
is jrade in Bejriff, mit ihrem
ollen Freund Uncle Sam eene
— „Morgan"atische Ehe ein*
zujehen und det bedeutet, det
et von Morgan abhängt, ob
se von Morgen ab — von
Morgan abhängt!!

Müller: Nu versteh ick dir! <>•

Müller: Hoffentlich werden beim Er-
bauen des Völkerbundpalastes
in Genf auch wir Deutsche
mitzureden haben.

Schultze: Wieso? Wir sind darin nicht
sachverständig.

Müller: Nanu!

Schultze: Wir sind in Genf doch noch
niemals erbaut worden, h.

Materialismus

(Om Stal, der die HeerciauSgabe» beschneidet, sind
30000 Mark (flt die Reichst^,S.Kiichcneinrichlnng ein.

Ach wie ist voll Widersprüche
Doch ein Parlament,

Uber Heer und Reichstagsküche
Thront es als Regent.

Braucht das Heer 3 Meter Drillich,
Protestiert man stark,

Für die Küche zahlt man willig
30000 Mark.

Deren technische Veraltung
Macht den Herren Pein,

Für des Heeres Neugestaltung
Ist die Sorge klein.

Geh' es ruhig in die Brüche,

Weil es nicht viel nützt.

Auf das Fundament der Küche
Sich der Reichstag stützt.

Ja, man lernt aus dem Getriebe
Ums Etat-Dekret,

Daß jetzt auch die Heimatliebe
Durch den Magen geht. r0derich.

Schimmernde Wehr
Nach den Angaben des Referenten
iin polnischen Sejm über den Heeres-
etat beträgt die Besoldung des polnischen
Soldaten nur acht Groschen täglich.

Wir haben ja niemals sehr hoch von
Bruder Popolski gedacht, hätten das
aber doch nicht erwartet, daß sein Heer
aus lauter „Achtgroschenjungs" besteht!

r Große Koaliiions

Die. große Koalition ist augenblicklich
die Sensation des Tages. Reichskanzler
Müller bespricht sich ohne Unterlaß, die
Parteien konferieren dauernd, Porte-
feuillekadetten melden sich schockweise,
Ansprüche werden numeriert und multi-
pliziert, Wandelgänge platzen vor Span-
nung, die Lage wird stündlich unge-
legener.

Wie immer liegt auch hier der Clou
hinter den Kulisse». Die in den Zei-
tungen berichteten Kontroversen wie
gleichzeitige, vorzeitige, nachzeitige oder
vornachzeitige Umbildung der Preußen«
regierung, wie zwei, drei, vier oder
fünf Ministersitze, wie der bayrische
Nationalwiderstand gegen die Biersteuer-
erhöhung usw. sind nur Alißerlichkeiten,
in Wahrheit ist die Sache noch viel ver-
wickelter. Wir können über diese Steine
des Anstoßes im Maulwurfsloch folgen-
des enthüllen.

Schon seit langer Zeit hatte eine
erste Partei als Bedingung der Koalition
gefordert, daß endlich das gesamte Reichs-
tagspersonal nach demokratischen Grund-
sätzen aufgeteilt werde. Die Partner
waren einverstanden. Nachdem nun durch
strengste Fragebogen vom Direktor bis
zur letzten Hilfsreinemachefrau die
politische Richtung geklärt war, wurde
unter der Hand die Kopfzahl auf die
in Betracht konimenden Fraktionen ver-
teilt. Diesbezügliche Entlassungen und
Neuengagierungen standen unmittelbar

Da erhob eine zweite Partei — der
Name tut nichts zur Sache — die Nach-
tragsforderung der regionalen Berück-
sichtigung. Für einen Bayern sei es
untragbar, wenn nicht prozentualiter so-
undso viele Landsleute im Hause fun-
gierten. Dadurch wurde das schon fertige
Berteilungssystem wieder umgeschmissen.
Immerhin war es schon fast gelungen,
eine Kombination beider Gesichtspunkte
zu finden.

Nunmehr erhob aber eine dritte
Partei — der Name tut nichts zur

Äildungs-Gnihüllung

Sache — flammenden Protest gegen
die öde Herrschaft der Zahl und des
Zufalls der Geburt. Bei aller Hoch-
achtung vor der Respek- und Reprä-
sentabilität eines Portiers etwa müsse
doch ein gelernter Bibliothekar bzw.
Stenograph höher eingeschätzt werde».
Nach langen Verhandlungen wurde ein
ganz geheimer Wertungsschlüssel gefun-
den, von dem wir nur so viel verraten, daß
der Saaldiener die Einheit darstellt.
Ein Portier hat die Quote 1,75, ein
Stenograph 2,33, ein Oberkellner im
Restaurant 1,67 usw.

Nunmehr war die Koalition so gut
wie fertig, wenn nicht eine vierte Partei
die Begrenzung auf das Reichstags-
personal für idiotisch erklärt und die
sofortige Ordnung sämtlicher Staats-
beamten nach denselben Grundsätzen
verlangt hätte. Angesichts dieser gigan-
tischen Aufgabe erklärte die verärgerte
dritte Partei — der Name tut nichts
zur Sache, aber wohl der Arger! —-
daß sie sich nicht länger an der Nase
herumführen ließe und hiermit die Ver-
handlungen abbreche. Woraufhin die
erste Partei den ganzen Wertindex als
haarsträubend undemokratisch verwarf,
während die zweite Partei die regionale
Zuverlässigkeit bis auf die Großeltern
gesichert wissen wollte. Sondierungen bei
der dritten Partei ergaben prinzipielle
Unnachgiebigkeit, aber die praktische Zu-
gänglichkeit, diesen Zusatzforderungen bei-
zustimmen, wenn die Wertziffer X Dienst-
alter + Staatszugehörigkeit : Steuer-
durchschnitt der letzten drei Jahre als
Norm gewählt werde.

So liegen die Verhältnisse augen-
blicklich. Unsere Enthüllungen werden
sicher dazu beitragen, den Kredit des
Parlamentarismus wieder in schwindel-
hafte Höhe zu treiben, denn kann es
wohl ein grandioseres Beispiel für die
Fürsorglichkeit, Selbstlosigkeit, Gründ-
lichkeit, Gewissenhaftigkeit und Ge-
rechtigkeit unserer Parteien geben als
diese Verhandlungen?? p-

Immer rüstig!

Ein modernes Pazifisten-Quartett.

(Nach der Me,adle: ,Im TOblcit Keller sitz' ich hier.-)

I.

„In Angst und Schrecken sitz' ich hier
Auf feuchten Unterhosen!

Der Deutsche will ans Leder mir,

Dem friedlichen Franzosen!

Zu neuem Überfall bereit,

Bedroht er Land und Küste . . .!

Mon Dieu! Ich brauche Sicherheit
Und — rüste, rüste, rüste!"

II.

„Auf hohem Pferde sitz' ich hier.

Doch ist mir gar nicht munter!

Es fällt John Bull von solchem Tier
Als Seemann leicht hinunter!

Der Dankee brummt, daß er mich nun
In Frankreichs Arme» wüßte . . .!

0 damned! Was soll ich Armer tun?
Ich — rüste, rüste, rüste!"

IN.

„Auf meinem Geldsack sitz' ich hier
Und lasse „reparieren"!

Die Genfer Brüder können mir —
Durchaus nicht imponieren!

Sie denken wohl, daß Onkel Sam
Nur immer pumpen niüßte . . .?!
Allright! Jetzt halt ich alle stramm
Und — rüste, rüste, rüste!"

IV.

„In Dreck und Dalles sitz' ich hier
Bis über beide Ohren!

Die ganze Welt in Wut und Gier
Ist gegen mich verschworen!

Statt rosiger Silberstreisen schaut
Mein Blick nur Haßgelüste . . -!
Drum wehre ich mich meiner Haut
Und — rüste, rüste, rüste — ab!"
 
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