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Alle Rechte für sämtliche Artikel und Illustrationen Vorbehalten. Nachdrucke au» dem Kladderadatsch stnd nur mit ausdrücklicher Genehmigung
der Verlagshandlung gestattet.

Adventswochensang

Der „Ewige Friede", uns verheißen
So manches Mal, ist Dunst und Grans;
Wie sehr die Berge immer kreißen,
Geboren wird nicht mal 'ne Maus-
Sie prügeln sich im fernen Osten,

Sie ärgern sich bald hier, bald dort,

Und keine von des Tages Posten
Bringt heutzutag ein tröstlich Wort.

Den Wolga-Deutschen geht es trüber,
Soweit sie noch nicht ausgeschifft,

Und die Polaken sind uns über,

Was Schweinewirtschast anbetrifft.

Es lastet Druck auf allen Sinnen,

Man weiß nicht ein, man weiß nicht aus:
Und so wie draußen steht cs drinnen
In unserem eigenen, werten Haus.

Und doch, und doch, bald scheucht von dannen
Die ganze schäbige Politik
Der Duft der grünen Weihnachtstannen,
Der Weihnacht selige Musik.

Und alles Schwere drückt gelinder,

Da uns ein lichter Stern entbrennt:
Schon zog er ein, der Heilverkündcr,

Der Tag der Hoffnung, der Advent!

Kladderadatsch.

Ein hübsches Thema

(Nach der Milleilung einer Düsseldorfer Zeitung, der wir die Verantwortung für die Nachricht überlassen müsten, wurde in der Obersekunda eine»
Düsseldorfer Realgymnasium» solgende» Aussahthema gegeben: „Welche Gründe hindern einen Staatsbürger, sich In da« Volksbegehren einzutragen?"
Ein Schüler, der fragte, ob er auch Gründe f ü r da» Volksbegehren anführen dürfe, erhielt die Antwort, da» gehöre nicht zum Thema.)

Nachdem es im republikanischen Orden
Gewisser Herren Mode geworden,

Den männlichen Busen voll Äberzeugung
Teils aus Bedürfnis und teils aus Neigung,
Die Politik mit Genuß und Behagen
In die pp. Penne hineinzutragen,

Ist nunmehr ein neuer Anlauf genommen
And die Höhe des Anentwegten erklommen,
Indem, abweichend vom früheren Schema.

Ein Weiser gestellt das Aufsatzthema
(Zn Obersekunda: „Welche Gründe
Hindern Staatsbürger, sich" (wie ick det finde!)
„Ins Volksbegehren" (Man soll doch nicht sagen,
Was eine Sache ist!) „einzutragen?"

Da wehrte sich manch ein Schüler dagegen,

Der noch nicht genügend klütrig im Brägen,
And fragte bescheiden: „Erlauben Sie mir
Vielleicht zu sagen, warum ich dafür
And nicht dagegen?" — Da fuhr der Profesier
Empor: „Das wird ja hier immer besser!

Wie können Sie mir meine Kreise stören
Mit Dingen, die nicht zum Thema gehören?"
Na und so weiter und so weiter!

Als ich es gelesen, da ward mir heiter
Der graue Himmel. Ich sah als Schemen
Noch manche andere Aufsatzthemen,

Bei denen die Mühen sich sehr vermindern:

Zum Beispiel: „Welche Gründe verhindern
Lehrer zuweilen, jungen Gesellen
Nicht blöde Aufsatzthemen zu stellen?"

And siehe, bei diesem wie jenem Thema
Löst gleichermaßen leicht das Problem«

Der eine Satz, ganz kurz und barsch:

Der brennende Wunsch, als Genießer und Schlecker
Den Herren Severing, Braun und Becker
Nach dem neuesten republikanischen Marsch,

Weil der Mut des Tapferen rauh und harsch.

Zu kriechen — da es des Glückes Keim —

Auf den so köstlich befördernden Leim,

Zu jeder Zeit und jeder Stunde
Ihnen zu reden nach dem Munde.

Nicht wahr: O selige Zeit der Kleber,

Der Beber und Streber! —

Doch, liebe Iungens, in deren Schädeln
Noch nicht die hündischen Ängste wedeln:

Noch knappere Antwort ist zu finden
Auf jene erste Frage nach Gründen,

And zwar eine feine.

Der ganze Aufsatz bester Sorte
Erschöpft sich leicht in dem einen Worte:

Keine!
 
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