Si parla tedesco
Kladderadatsch: „Sich da, der italienische Ministerpräsident spricht deutsch
in 3\om — ach, wenn das doch auch mal ein Deutscher in Genf täte!"
Vieldeutiges Raunen ging durch die
Runde, als der Chef der Verschwöter-
Lande noch einmal in jede Zimmerecke,
schließlich sogar in die Kommode und die
StarLuhr spähte, um einen dort etwa
verborgenen Verräter unschädlich zu
machen.
.Legalität unser Programm!" rief er
dann. „Legal in jeder Situation! Wenn
wir eine Niederlage erleiden, bleiben wir
legal, und ist unser Untergang unab-
wendbar, so halten wir doch an der Lega-
lität fest. Nur eine Ausnahme lasse ich
zu. Ja, eine Ausnahme verlang' ich."
Die Gefolgschaft lauschte gespannt.
„Für den Fall unseres Sieges, der
uns die Macht von selber in die Hand
gibt, schreibe ich hierdurch Illegalität
„Aber das ist doch meschugge!" entfuhr
es einem der Getreuen. „Nach dem
Wahltriumph sind wir von Gesetz wegen
die Herren. Da brauchen wir doch keine
Gewalt anzuwenden, keine Ungesetzlich-
keit!"
Verächtlich maß ihn der Führer. „Was
verstehst du schon von einer modernen
Verschwörung!"
„Das sag' ich aber sofort Severing!"
flüsterte der Spion unterm Tisch. Dort
hatte das Adlerauge des Chefs keinen
Polizeikundschaster vermutet. —
Oie Verschwörung
Der Minister des Innern strich lieb-
kosend über den Haarschopf des Boten.
„Äußerst wahrscheinlich, was Sie da Mit-
teilen!" bemerkte er dann. „Napoleon I.
hat nach seinem Siege über die Russen
und nach der Einnahme von Moskau die
Stadt in Brand gesteckt. Genau ebenso
verfahren die Nazi, zerstören ihren Ge-
winn mit eigener Hand." Er winkte den
befreundeten Polizeipräsidenten heran.
„Unsere Taktik ergibt sich also von selber.
Jede Million Stimmen, die die Haken-
kreuzlcr erobern, macht sie einem Putsch
geneigter."
„Ahem!" erlaubte sich der Polizei-
präsident zu unterbrechen. „Sie müßten
wirklich ganz gottverlassen sein! Wie
darf man ihnen solche Sinnlosigkeit Zu-
trauen!"
„Du kennst eben die modernen Ver-
schwörungen nicht!" belehrte ihn sein
Vorgesetzter. „Alles ist ganz klar: die
Hochverräter fürchten sich vor den
Schwierigkeiten und Verantwortlichkeiten
der Regierung. Und nun sie mit Ent-
setzen erkennen,' daß ihnen die Regic-
rungsgewalt möglicherweise zufällt, wol-
len sie dieser ihnen unangenehmen Tat-
sache durch bewaffneten Aufruhr aus-
weichen. Lieber lassen sie sich nicder-
knallen oder einsperren, als daß sie legal
die ihnen zuteil gewordene Macht über-
nehmen."
„Jawoll!" bestätigte der Bote. „Wört-
lich so hat Hitler die Geschichte entwickelt,
als ich unterm Tisch zuhörte."
Der Minister nickte gedankenvoll. „Die
Macht der Verschwörer ist groß. Zeigt
das Wahlglück sich ihnen hold, steigt also
ihre Verzweiflung auf den Höhepunkt,
dann vergessen sie in ihrer verzweifelten
Angst alle Legalität, übrigens", unter-
brach er sich, ,chie Uhr schlägt gerade acht,
da müssen sofort die wegweisenden
Zahlen eintreffcn."
Er trat an den Fernsprecher. Seine
Züge erhellten sich. „Der Wahlsieg ge-
hört uns. „Hitlers Niederlage, so meldet
man mir, unterliegt keinem Zweifel."
„Dann werde ich", erbot sich der Po-
lizeipräsident, „in Anbetracht der zu-
sammenge'zogenen SA-Masien und der
bei ihrer Enttäuschung möglichen Er-
regtheit —"
„Unverzüglich allen Schupos Urlaub
erteilen!" vollendete der Minister den
Satz. „Jetzt ist kein Ausbruch mehr zu
befürchten. Ich und meine Informatoren
stehen dafür ein. Ja, man muß halt mit
der Psychologie uiid Technik moderner
Verschwörungen und Illegalitäten ver-
traut sein." Ilmon d«i Jünz-ik.
Kladderadatsch: „Sich da, der italienische Ministerpräsident spricht deutsch
in 3\om — ach, wenn das doch auch mal ein Deutscher in Genf täte!"
Vieldeutiges Raunen ging durch die
Runde, als der Chef der Verschwöter-
Lande noch einmal in jede Zimmerecke,
schließlich sogar in die Kommode und die
StarLuhr spähte, um einen dort etwa
verborgenen Verräter unschädlich zu
machen.
.Legalität unser Programm!" rief er
dann. „Legal in jeder Situation! Wenn
wir eine Niederlage erleiden, bleiben wir
legal, und ist unser Untergang unab-
wendbar, so halten wir doch an der Lega-
lität fest. Nur eine Ausnahme lasse ich
zu. Ja, eine Ausnahme verlang' ich."
Die Gefolgschaft lauschte gespannt.
„Für den Fall unseres Sieges, der
uns die Macht von selber in die Hand
gibt, schreibe ich hierdurch Illegalität
„Aber das ist doch meschugge!" entfuhr
es einem der Getreuen. „Nach dem
Wahltriumph sind wir von Gesetz wegen
die Herren. Da brauchen wir doch keine
Gewalt anzuwenden, keine Ungesetzlich-
keit!"
Verächtlich maß ihn der Führer. „Was
verstehst du schon von einer modernen
Verschwörung!"
„Das sag' ich aber sofort Severing!"
flüsterte der Spion unterm Tisch. Dort
hatte das Adlerauge des Chefs keinen
Polizeikundschaster vermutet. —
Oie Verschwörung
Der Minister des Innern strich lieb-
kosend über den Haarschopf des Boten.
„Äußerst wahrscheinlich, was Sie da Mit-
teilen!" bemerkte er dann. „Napoleon I.
hat nach seinem Siege über die Russen
und nach der Einnahme von Moskau die
Stadt in Brand gesteckt. Genau ebenso
verfahren die Nazi, zerstören ihren Ge-
winn mit eigener Hand." Er winkte den
befreundeten Polizeipräsidenten heran.
„Unsere Taktik ergibt sich also von selber.
Jede Million Stimmen, die die Haken-
kreuzlcr erobern, macht sie einem Putsch
geneigter."
„Ahem!" erlaubte sich der Polizei-
präsident zu unterbrechen. „Sie müßten
wirklich ganz gottverlassen sein! Wie
darf man ihnen solche Sinnlosigkeit Zu-
trauen!"
„Du kennst eben die modernen Ver-
schwörungen nicht!" belehrte ihn sein
Vorgesetzter. „Alles ist ganz klar: die
Hochverräter fürchten sich vor den
Schwierigkeiten und Verantwortlichkeiten
der Regierung. Und nun sie mit Ent-
setzen erkennen,' daß ihnen die Regic-
rungsgewalt möglicherweise zufällt, wol-
len sie dieser ihnen unangenehmen Tat-
sache durch bewaffneten Aufruhr aus-
weichen. Lieber lassen sie sich nicder-
knallen oder einsperren, als daß sie legal
die ihnen zuteil gewordene Macht über-
nehmen."
„Jawoll!" bestätigte der Bote. „Wört-
lich so hat Hitler die Geschichte entwickelt,
als ich unterm Tisch zuhörte."
Der Minister nickte gedankenvoll. „Die
Macht der Verschwörer ist groß. Zeigt
das Wahlglück sich ihnen hold, steigt also
ihre Verzweiflung auf den Höhepunkt,
dann vergessen sie in ihrer verzweifelten
Angst alle Legalität, übrigens", unter-
brach er sich, ,chie Uhr schlägt gerade acht,
da müssen sofort die wegweisenden
Zahlen eintreffcn."
Er trat an den Fernsprecher. Seine
Züge erhellten sich. „Der Wahlsieg ge-
hört uns. „Hitlers Niederlage, so meldet
man mir, unterliegt keinem Zweifel."
„Dann werde ich", erbot sich der Po-
lizeipräsident, „in Anbetracht der zu-
sammenge'zogenen SA-Masien und der
bei ihrer Enttäuschung möglichen Er-
regtheit —"
„Unverzüglich allen Schupos Urlaub
erteilen!" vollendete der Minister den
Satz. „Jetzt ist kein Ausbruch mehr zu
befürchten. Ich und meine Informatoren
stehen dafür ein. Ja, man muß halt mit
der Psychologie uiid Technik moderner
Verschwörungen und Illegalitäten ver-
traut sein." Ilmon d«i Jünz-ik.