Kladderadatsch (89.1936)

den" eine besonders grobe Anzahl von so-
genannten „Schweren Jungen", zum min-
desten von „Vorbestraften" befinden, die
mit ihren „Kenntnissen" den um „Bcwäh-
rungssrist" Petitionierenden zur Seite zu
stehen gewillt sind? Unvorstellbar! Ein-
fach ausgeschlossen!

Lauenburg (Pommern). W.V.: In
Nr. 279 der „Lauenburger Zeitung" be-
findet sich folgende Anzeige: „Hiermit
nehme ich die von mir gemachte, Äußerung,
die Weinbrennerei Scharlachberg A.-G. in
Vingcn/Rhcin sei ein jüdisches Unterneh-
men und vertreibe jüdischen Cognac, mit
dem Ausdruck des Bedauerns zurück, nach-
dem ich mich Überzeugt habe, daß es sich
um ein arisches Unternehmen handelt.
Karl Katschke."

Aber lieber, guter Karl Katschke,

Was redeten Sie da für einen Quatschkc!
Das weiß doch heut jeder verständige

Was Cognac oder jüdischer — „Cohn-jak"

Am Bodensatz ist „Cohnjak" kenntlich:

Er duftet immer alttestamentlich.

Marburg. L. F.: In der Marburger
„Oberhessischen Zeitung" vom 3. Januar
1936 befindet sich ein Aufsatz „Auf der
Spur des Urmenschen": darin heißt es:
„Die Behauptung, daß der Peking-Mensch
ein Kannibale war, wird durch die Tat-
sache belebt, daß die Funde fast ausschließ-
lich aus Kinnbackenknochen, Zähnen und
Teilen des Schädels bestehen, die in den
meisten Fällen zerschmettert oder zer-
brochen worden sind, bevor die Versteige-
rung einsetzte." Diese wissenschaftliche An-
nahme hat durchaus eine solide fundierte
Begründung: denn noch heute werden bei
den leider noch am Oberen Kongo hausen-
den Kannibalen, ehe ein unglücklicher Mis-
sionar oder europäischer Weinreisender
aufgefressen wird, die besten Stücke, unter
anderm auch die sehr geschätzten Mark-
knochen an den meistbietenden Kannibalen
versteigert: eine Tatsache, die natürlich auf

den darob entsetzten Kulturmenschen ge-
radezu — versteinernd zu wirken vermag.

Hannover. F. E.: Im „Hannoverschen
Anzeiger" vom 21. März 1935 befindet sich
folgende Anzeige: „Jung. Beamter sucht
zum 1. Apr. sonn., ruh. mbl. Z. nahe Gosc-
riede, evtl, mit Toreinfahrt. Angeb. mit
Preis iittl. S. 1067 an den ,H. Anz.'" „Die
hier gewünschte,Toreinfahrt'", meinte unser
Biermörder lächelnd, „gibt netten Ber-
mutungen in bezug auf die Eigenarten des
Inserenten Raum. Wahrscheinlich gehört

er zu den sogenannten ,Hartsäufern' und
ist jeden Abend so absolut duhn, daß er sich
mit einem Handwagen oder einer Schub-
karre zu den heimischen Penaten fahren
lassen muß: allerdings gestaltet sich nach-
her der Transport über die Treppen noch
sehr schwierig."

Würzburg. I)r. K.Z.: Auf dem uns ohne
nähere Angabe übersandten Ausschnitt
einer Berliner Zeitung befindet sich ein
Aussatz mit der Überschrift „Mars in Erd-
nähe!" Darin heißt es bei der Schilderung
der Obersläche des Planeten: „Da diese
Risse durch einen leicht erklärlichen Vor-
gang eine Anreicherung des Eises mit
Fremdstoffen veranlaßten, bildeten sich an
den Eiskanten breite vegetarische Strei-
fen." Dann lesen wir weiter: „Allgemein
ist man jedoch heute der Ansicht, daß die
sogennanten .Marskanäle' nur in unserer
Einbildung vorhanden sind, und man es
hier nur mit vegetarischen Landstrichen
und sonstigen mit Wüstenslächen, Gebirgen
oder mit Pflanzenwuchs bedeckten Flecken

zu tun habe." — Unsinn! Die Bewohner
des „roten" kriegerischen „Mars" sind sicher
alles andere wie Vegetarier: und wenn sie
wirklich, wofür ja die grünlich schimmern-
den Flecken eine Vermutung zulassen, hier
und da einige Morgen Land mit Kopfsalat
bebaut haben mögen, so futtern sie diesen
eben nur als angenehme Zugabe für ihre
Marskalbshaxen und Schweinekarbonaden.
Dieser Ansicht ist übrigens auch Schia-
parelli.

Wildeshausen, vr. I.: Auf der letzten
Seite der „Wildeshauser Zeitung" vom
l l. Dezember 1935 erfährt der Leser eine
hübsche Weihnachtsüberraschung: dort

empsehlen sich sämtliche Handwerker der
Stadt durch sinnige und anmutige Vers-
lein; so sagen z. V. die Sattler und Pol-
sterer recht einladend:

Bist du frei der Alltagssessel,

Setze dich in einen Sessel.

Und ungefähr so ähnlich meinen es auch
die Klempner:

Solch ein Weihnachtssest wird nett
Durch ein sanftes — Spülklosett.

Jedoch am meisten zu Herzen gehend, so
meint wenigstens Biermörder, ist doch der
Vers der Kornbrenner:

Höre, Freund, und merke dir:

Alter Korn macht viel Pläsier!

Dagegen muß leider die Muse der wohl-
anständigen Dichtung bei dem Vers, den
die Schmiede und Stellmacher geleistet
haben, schamhaft ihr Haupt verhüllen, denn
er lautet ehrlich und grob:

Ohne Stellmacher und Schmied
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