a PETER PAUL RUBENS.
Waehrend er die Sprachen und Wissenschaften, worin er in den Schu-
len Unterricht erhielt, mit unbegreifflicher Leichtigkeit umfassete, setzte
seine Fertigkeit, alles was ihm vorkam, nachzuzeichnen, jedermann in
Erstaunen. Vergebens gab ihn seine Mutter, um ihn auf die Bahn eines
sicheren Glückes zu bringen, der Graefinn Lalain zum Pagen. Ihm behagte
die Lebensart der jungen Leute am Hofe, und überhaupt ein Leben ohne
Thaetigkeit nicht.
Der Verhast des groessten Theils des Vermoegens, den seine Mutter durch
den Krieg erlitten hatte, kam ihm zu Hatten, und er erhielt endlich der-
selbigen Einwilligung, lieh ganz der Malerey widmen zu dürfen, wozu ihm
wohl den ersten Keim sein Vater, der seinen Geschmack für Künste auf
Reisen besonders durch Italien gebildet hatte, mag eingepssanzt haben.
Erwaehnt man seiner Lehrer, des Adam van Oort, bey dem er ungefehr
zwey, und des Odavius van Veen, bey dem er vier Jahre lernte, so geschieht
es gewoehnlich, um ihr Zeugniss von den Faehigkeiten dieses seltenen Jüng-
lings anzusühren; aber wer sah je ein Gemaelde von Rubens , und fragt
nach dem Zeugnisse von Maennern, die er so weit hinter sseh liess, obsehon
der lezte damals der Apelles der Flandrischen Schule genennt wurde? Ich
würde sie blos um der Ehre willen, Lehrer eines so erstaunenswürdigen
Künstlers gewesen zu seyn, nennen , wenn nicht ein besonderer Umstand
hiebey selbst diesen Ruhm verdunkelte. Ich finde in der Lehre und dem
Beyspiele dieser Künstler den Grund der Unvollkommenheiten, die dem
Lehrling anhiengen, und von denen sseh der grosse Rubens nie mehr gaenz-
lich loswinden konnte. Der Mann hoert niemals vollkommen auf zu seyn,
was der Jüngling war. Die ersten Eindrücke der Seele verlieren sich sa
wenig ganz, als die erste Form des Koerpers.
Rubens war nun einmal durch den Geschmack der niederlaendischen.
Schule gebildet, und blieb ihm in seinen meisten Werken treu; wenigstens
wird sich kaum ein Gemaelde von seiner Erfindung vorfinden, das vollkom-
men rein von den Spuren dieses Geschmackes waere. Der vieljaehrige An-
blick der schoenen Gemaelde der vortrefllichsten Italiaenischen Meister konnte
ihm nur einen schwachen Entschluss einssoessen, seinen Figuren, wo es
schicklich gewesen waere, die edelsten Formen zu geben. Er schien sogar
manchmal diesen Geschmack zu vertheidigen, indem er sich auf seine Beob-
achtungen der Natur bezog, die unendlich mannigfaltig waere, indess das zu
genaue Nachahmen der Antiken den Figuren ein Ansehen gebe, als wenn sie
von Marmor waeren: — die Natur bringe nicht zwey Koepfe oder Figuren
hervor, die einander vollkommen aehnlich saehen; die Abwechslung gehe
bey ihr ins Unendliche; die Nachahmer der Antiken begiengen oft den
Fehler der Wiederhohlung; man musse mehr der Natur als den Antiken
folgen. Wenn dies wirklich die Sprache des Rubens war, wie es seine
Lebensehreiber von ihm erzaehlen , und wie es seine Werke selbst wahr-
Waehrend er die Sprachen und Wissenschaften, worin er in den Schu-
len Unterricht erhielt, mit unbegreifflicher Leichtigkeit umfassete, setzte
seine Fertigkeit, alles was ihm vorkam, nachzuzeichnen, jedermann in
Erstaunen. Vergebens gab ihn seine Mutter, um ihn auf die Bahn eines
sicheren Glückes zu bringen, der Graefinn Lalain zum Pagen. Ihm behagte
die Lebensart der jungen Leute am Hofe, und überhaupt ein Leben ohne
Thaetigkeit nicht.
Der Verhast des groessten Theils des Vermoegens, den seine Mutter durch
den Krieg erlitten hatte, kam ihm zu Hatten, und er erhielt endlich der-
selbigen Einwilligung, lieh ganz der Malerey widmen zu dürfen, wozu ihm
wohl den ersten Keim sein Vater, der seinen Geschmack für Künste auf
Reisen besonders durch Italien gebildet hatte, mag eingepssanzt haben.
Erwaehnt man seiner Lehrer, des Adam van Oort, bey dem er ungefehr
zwey, und des Odavius van Veen, bey dem er vier Jahre lernte, so geschieht
es gewoehnlich, um ihr Zeugniss von den Faehigkeiten dieses seltenen Jüng-
lings anzusühren; aber wer sah je ein Gemaelde von Rubens , und fragt
nach dem Zeugnisse von Maennern, die er so weit hinter sseh liess, obsehon
der lezte damals der Apelles der Flandrischen Schule genennt wurde? Ich
würde sie blos um der Ehre willen, Lehrer eines so erstaunenswürdigen
Künstlers gewesen zu seyn, nennen , wenn nicht ein besonderer Umstand
hiebey selbst diesen Ruhm verdunkelte. Ich finde in der Lehre und dem
Beyspiele dieser Künstler den Grund der Unvollkommenheiten, die dem
Lehrling anhiengen, und von denen sseh der grosse Rubens nie mehr gaenz-
lich loswinden konnte. Der Mann hoert niemals vollkommen auf zu seyn,
was der Jüngling war. Die ersten Eindrücke der Seele verlieren sich sa
wenig ganz, als die erste Form des Koerpers.
Rubens war nun einmal durch den Geschmack der niederlaendischen.
Schule gebildet, und blieb ihm in seinen meisten Werken treu; wenigstens
wird sich kaum ein Gemaelde von seiner Erfindung vorfinden, das vollkom-
men rein von den Spuren dieses Geschmackes waere. Der vieljaehrige An-
blick der schoenen Gemaelde der vortrefllichsten Italiaenischen Meister konnte
ihm nur einen schwachen Entschluss einssoessen, seinen Figuren, wo es
schicklich gewesen waere, die edelsten Formen zu geben. Er schien sogar
manchmal diesen Geschmack zu vertheidigen, indem er sich auf seine Beob-
achtungen der Natur bezog, die unendlich mannigfaltig waere, indess das zu
genaue Nachahmen der Antiken den Figuren ein Ansehen gebe, als wenn sie
von Marmor waeren: — die Natur bringe nicht zwey Koepfe oder Figuren
hervor, die einander vollkommen aehnlich saehen; die Abwechslung gehe
bey ihr ins Unendliche; die Nachahmer der Antiken begiengen oft den
Fehler der Wiederhohlung; man musse mehr der Natur als den Antiken
folgen. Wenn dies wirklich die Sprache des Rubens war, wie es seine
Lebensehreiber von ihm erzaehlen , und wie es seine Werke selbst wahr-