Das Familienleben.
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ser. Die Braut begiebt sich zu Pferde nach ihrer neuen Wohnung,
begleitet von allen ihren Anverwandten, welche Geschenke von Zucker-
werk und Eingemachtem tragen. Darauf beginnt sie eine poetische
Anflehung, um von dem Propheten flecken- und maaslose Ertheilung
jeglicher Dinge zu erlangen, welche ihr Freude machen können. Im
Hause beginnen nun Feierlichkeiten, welche drei Tage auch bei dem
Aermsten währen; bei Reichen und Vornehmen dauern sie 30 bis
40 Tage. Es ist aber vorgekommen, daß prunksüchtige Leute ihr
ganzes Vermögen bei dieser Gelegenheit verschwendet haben. Zehn
Tage nach der Hochzeit müssen die Neuvermählten einen Besuch bei
den Eltern der jungen Frau abstatten, von denen sie dann einige
Geschenke erhalten*).
In dieser Weise finden die Ehebündnisse im ganzen Orient
statt. Sie werden überall gerichtlich vor dem Kadi geschlossen, die
Morgengabe, als Ausstattung für den Todesfall des Mannes oder
den Fall der Ehescheidung bestimmt und somit die Zukunft der Frau
sicher gestellt. Aber auch der Vater giebt, wenn er es sonst im Stande
ist, seiner Tochter eine Summe Geldes mit, welches ihr Eigenthnm
bleibt. Ein armer Vater kann von seinem Schwiegersohn leicht be-
friedigt werden. Der Vater giebt natürlich seine Tochter lieber
einem reichen und vornehmen Mann als einem armen und geringen.
Oft giebt aber auch ein reicher Mann seine Tochter einem Armen,
ja er schenkt diesem eine gewisse Summe, damit er seiner Braut die
in dem Ehecontracte bestimmte Morgengabe in Gegenwart des Kadi
u. a. Zeugen übergeben kann, allein der Bräutigam muß sich dann
bequemen, seiner Frau aus den Fall, daß er sie verstoßen sollte, eine
so große Summe auszusetzen, daß sie sicher ist, er werde an keine
Veränderung denken. Da die Frau nicht verpflichtet ist, dem Manne
das ihr eigenthümlich zustehende Vermögen in die Hände zu geben,
so ist dieser sehr oft von ihr abhängig. Uebrigens hat die Frau
das Recht, auf Scheidung anzutragen, wenn der Mann sich un-
gebührlich gegen sie beweist. Desgleichen kommt es vor, daß der
Mann die Frau verstößt, wenn er ihrer überdrüssig ist. Allein es
wird für einen Ehrenmann als sehr unanständig gehalten, wenn er
seine Frau ohne wichtige Ursachen verstößt. Reiche Männer nehmen
sich wohl eine Frau aus niederen, Stande, heirathen dann die vom
Gesetz gestatteten drei Nebenfrauen und kaufen sich nebenbei mehrere
Sklaven und Sklavinnen*). Der Muselmann hat das Recht, vier
Frauen zu haben. Allein, es sind doch im Verhältniß nur sehr
wenige, welche Gebrauch davon machen. Viele finden, daß sie mit
*) Fowler, drei Jahre in Persien II. 45. ff. Zaubert S. 300. Taver-
nier I. 282. Dazu Olivier I. 154.
**) Niebuhr, Beschr. von Arabien S. 74. Dazu Döbels Wande-
rungen II. 173,
V», 8
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ser. Die Braut begiebt sich zu Pferde nach ihrer neuen Wohnung,
begleitet von allen ihren Anverwandten, welche Geschenke von Zucker-
werk und Eingemachtem tragen. Darauf beginnt sie eine poetische
Anflehung, um von dem Propheten flecken- und maaslose Ertheilung
jeglicher Dinge zu erlangen, welche ihr Freude machen können. Im
Hause beginnen nun Feierlichkeiten, welche drei Tage auch bei dem
Aermsten währen; bei Reichen und Vornehmen dauern sie 30 bis
40 Tage. Es ist aber vorgekommen, daß prunksüchtige Leute ihr
ganzes Vermögen bei dieser Gelegenheit verschwendet haben. Zehn
Tage nach der Hochzeit müssen die Neuvermählten einen Besuch bei
den Eltern der jungen Frau abstatten, von denen sie dann einige
Geschenke erhalten*).
In dieser Weise finden die Ehebündnisse im ganzen Orient
statt. Sie werden überall gerichtlich vor dem Kadi geschlossen, die
Morgengabe, als Ausstattung für den Todesfall des Mannes oder
den Fall der Ehescheidung bestimmt und somit die Zukunft der Frau
sicher gestellt. Aber auch der Vater giebt, wenn er es sonst im Stande
ist, seiner Tochter eine Summe Geldes mit, welches ihr Eigenthnm
bleibt. Ein armer Vater kann von seinem Schwiegersohn leicht be-
friedigt werden. Der Vater giebt natürlich seine Tochter lieber
einem reichen und vornehmen Mann als einem armen und geringen.
Oft giebt aber auch ein reicher Mann seine Tochter einem Armen,
ja er schenkt diesem eine gewisse Summe, damit er seiner Braut die
in dem Ehecontracte bestimmte Morgengabe in Gegenwart des Kadi
u. a. Zeugen übergeben kann, allein der Bräutigam muß sich dann
bequemen, seiner Frau aus den Fall, daß er sie verstoßen sollte, eine
so große Summe auszusetzen, daß sie sicher ist, er werde an keine
Veränderung denken. Da die Frau nicht verpflichtet ist, dem Manne
das ihr eigenthümlich zustehende Vermögen in die Hände zu geben,
so ist dieser sehr oft von ihr abhängig. Uebrigens hat die Frau
das Recht, auf Scheidung anzutragen, wenn der Mann sich un-
gebührlich gegen sie beweist. Desgleichen kommt es vor, daß der
Mann die Frau verstößt, wenn er ihrer überdrüssig ist. Allein es
wird für einen Ehrenmann als sehr unanständig gehalten, wenn er
seine Frau ohne wichtige Ursachen verstößt. Reiche Männer nehmen
sich wohl eine Frau aus niederen, Stande, heirathen dann die vom
Gesetz gestatteten drei Nebenfrauen und kaufen sich nebenbei mehrere
Sklaven und Sklavinnen*). Der Muselmann hat das Recht, vier
Frauen zu haben. Allein, es sind doch im Verhältniß nur sehr
wenige, welche Gebrauch davon machen. Viele finden, daß sie mit
*) Fowler, drei Jahre in Persien II. 45. ff. Zaubert S. 300. Taver-
nier I. 282. Dazu Olivier I. 154.
**) Niebuhr, Beschr. von Arabien S. 74. Dazu Döbels Wande-
rungen II. 173,
V», 8