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Klemm, Gustav Friedrich
Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit: nach den beßten Quellen bearbeitet und mit xylographischen Abbildungen der verschiedenen Nationalphysiognomien, Geräthe, Waffen, Trachten, Kunstproducte u.s.w. versehen (Band 7): Das Morgenland — Leipzig: Teubner, 1849

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https://doi.org/10.11588/diglit.63451#0531
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Die Geschichte.

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bildeten. Setz nun der Vuddhaisuins jünger als die Bramalehre
oder älter, in beiden Fällen konnte er die Bramalehre nicht über-
wältigen , denn das Volk hängt noch jetzt, trotz aller von Außen
gekommenen Einflüsse mit inniger Festigkeit an seinen Bramanen
— wie denn ja auch die Buddhabekenner mit blinder Ergebung
ihrer Priesterschaft göttliche Verehrung darbringen. Derartige Ein-
flüsse von Außen waren die Heereszüge, welche Ramses der Dritte
im 14. Jahrh. vor Ehr. G. (s. C.-G. V. 465.), Semiramis, und
Alexander nach Indien unternahmen, die aber durchaus keine we-
sentliche Veränderung herbeiführten. Ebenso wenig hatten die Kriege,
welche die inländischen Herrscher unter sich kämpften, eine Abän-
derung der Verfassung, Gesetzgebung und Religion zur Folge. Da-
her kommt es denn auch, daß sich die geschichtlichen Wissenschaften
in Indien so wenig entwickelt und daß sie kaum etwas Anderes her-
vorgebracht haben als das Epos und Geschlechtsregister.
Indien trat erst ein in den großen Culturkreis des eigentlichen
Orients, nachdem es von den Mongolen erobert und nachdem auch
hier der Islam zur Oberherrschaft gelangte.
Im eigentlichen Morgenlande, in Westasien dagegen finden wir
andere historische Erscheinungen, die auch sehr früh schon von ein-
heimischen Schriftstellern ausgezeichnet wurden, obschon diese Nach-
richten nicht bis in das Zeitalter hinaufreichen, wo die activen Volks-
stämme die passiven überfielen und unterjochten. Die älteste west-
asiatische Geschichte zeigt uns kein passives Urvolk, ja die Erinne-
rung an dasselbe lebt nicht einmal mehr in den alten Sagen fort.
Es muß also in einer Zeit, welche über jegliche Sage hinausreicht,
entweder die Vernichtung oder, was wahrscheinlicher ist, die Ver-
mischung der passiven Rasse mit der activen Statt gefunden haben.
Wir finden seit uralter Zeit siegreiche Stamme unter der Leitung
ausgezeichneter Persönlichkeiten als Eroberer, wie uns die Sage Nim-
rod als Gründer des babylonischen Reiches (2656 — 2016) nennt.
Wir finden nun sehr bald große Städte als die Sammelpunkte des
Verkehrs der Völker und in diesen eine bald in Verweichlichung
und Ueppigkeit übergehende Cultur, deren Träger die Priesterschaft
und der Hof war, während die Unterworfenen den Anbau des Lan-
des zur Ernährung der Herrscher besorgen mußten. Es dauerte
die Herrschaft der Eroberer so lange, bis sie der Kriege entwöhnt
einem andern mächtigen und kühnen Eroberer unterlagen, die später
ein gleiches Schicksal hatten.
Und so ist denn die Geschichte des Orients eine Aufein-
anderfolge der Reiche. Das Reich des Nimrod und Belus,
dessen Mittelpunkt Babylon, war die Wiege des Sternendienstes,
den die Chaldäer leiteten. Es ging später (2016 v. Chr. G.) in
dem von Ninus begründeten assyrischen Reiche auf. Dieser neue
 
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