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angeboren. In seiner Spätzeit war er dann besonders als Landschaftier
tätig und hat als Schöpfer der heroischen Landschaft, als Gestalter
eines neuen, nicht im Naturbild begründeten Motives einen etwas zwei-
schneidigen Ruhm erlangt. In seinen Bahnen sind dann die Caspar
Dughet, Poussins Schwager (1615—75), und Frangois Millet (1642 bis
1679) gewandelt; ersterer suchte auch Stimmungsmotive zu seinem oft
rein dekorativen, landschaftlichen Aufbau zu bringen.
Mehr bildmäßig und auf die Stimmungsschönheit der atmosphärischen
Erscheinung, die Verklärtheit im Sonnenglanz hinstrebend, sind die Werke
des Claude Gelee gen. Lorrain (1600—82). Der feine Stimmungsgehalt
seiner Sonnenuntergänge und anderer mit dunkler großer Baumkulissen-
staffage gegenüber dem strahlenden Sonnenglanz des italienischen Himmels
aufgebauter Landschaften erhöht sie zu ganz besonderem Werte in der
französischen Malerei (Abb. 286). Dieser Claude hat zu seiner Zeit auf die
Holländer gewirkt, er bestimmt am Ende des 18. Jahrhunderts Turners
Weise und steht als Bindeglied zwischen der romanischen, aufbauend-stili-
sierenden Art und der germanischen Stimmungsweise. Er war eine einfache
Natur und jedem gelehrten, antiquarischen Interesse für Antike oder
Renaissance durchaus fern. Seine Landschaftsbilder, denen gewisse Gleich-
mäßigkeit im Aufbau und Mangel an wechselnder Phantasie anhaften,
sind doch letzten Endes keine im Sinne Poussins komponierte Bilder, son-
dern aus dem großen Natüreindruck mit unbezwinglicher Unmittelbarkeit
gewachsene Stücke. Er, nicht der Hofmaler Charles Lebrun (1619—90)
mit seinen zum Teil schwülstig-barocken, zum Teil steif-gesuchten ver-
standesmäßigen Historienbildern in Versailles ist der fruchtbare Meister
der Zukunft geworden. Ferner malen in Lebruns gesuchter, kalter
Manier neben dem oberflächlich-affektierten B. Mignard (1600—95) die
Historienmaler Coypel und de Troy, die Altarbildmaler Juvenet,
de la Fosse und Le Moyne. Dann aber tritt bei den Malern der
besseren Gesellschaft, den Porträtisten Rigaud und Largilliere, ferner
bei Watteau u. a. der vlämische Einfluß hervor. Da sie das 17. mit
dem 19. Jahrhundert verbinden, will ich später (Bd. III) von ihnen reden.
2g. Die individuelle Vielfältigkeit der Schulen
und Künstler im deutschen Rokoko.
Frankreich gebührt der Ruhm, für das, was dem romanischen Barock
als endliches Ideal vorschwebte, für die Verschmelzung der drei Künste,
der Architektur, Plastik und Malerei, die edelste Fassung, die klassische
Formel gefunden zu haben. Was Italien mit der ganzen leidenschaft-
angeboren. In seiner Spätzeit war er dann besonders als Landschaftier
tätig und hat als Schöpfer der heroischen Landschaft, als Gestalter
eines neuen, nicht im Naturbild begründeten Motives einen etwas zwei-
schneidigen Ruhm erlangt. In seinen Bahnen sind dann die Caspar
Dughet, Poussins Schwager (1615—75), und Frangois Millet (1642 bis
1679) gewandelt; ersterer suchte auch Stimmungsmotive zu seinem oft
rein dekorativen, landschaftlichen Aufbau zu bringen.
Mehr bildmäßig und auf die Stimmungsschönheit der atmosphärischen
Erscheinung, die Verklärtheit im Sonnenglanz hinstrebend, sind die Werke
des Claude Gelee gen. Lorrain (1600—82). Der feine Stimmungsgehalt
seiner Sonnenuntergänge und anderer mit dunkler großer Baumkulissen-
staffage gegenüber dem strahlenden Sonnenglanz des italienischen Himmels
aufgebauter Landschaften erhöht sie zu ganz besonderem Werte in der
französischen Malerei (Abb. 286). Dieser Claude hat zu seiner Zeit auf die
Holländer gewirkt, er bestimmt am Ende des 18. Jahrhunderts Turners
Weise und steht als Bindeglied zwischen der romanischen, aufbauend-stili-
sierenden Art und der germanischen Stimmungsweise. Er war eine einfache
Natur und jedem gelehrten, antiquarischen Interesse für Antike oder
Renaissance durchaus fern. Seine Landschaftsbilder, denen gewisse Gleich-
mäßigkeit im Aufbau und Mangel an wechselnder Phantasie anhaften,
sind doch letzten Endes keine im Sinne Poussins komponierte Bilder, son-
dern aus dem großen Natüreindruck mit unbezwinglicher Unmittelbarkeit
gewachsene Stücke. Er, nicht der Hofmaler Charles Lebrun (1619—90)
mit seinen zum Teil schwülstig-barocken, zum Teil steif-gesuchten ver-
standesmäßigen Historienbildern in Versailles ist der fruchtbare Meister
der Zukunft geworden. Ferner malen in Lebruns gesuchter, kalter
Manier neben dem oberflächlich-affektierten B. Mignard (1600—95) die
Historienmaler Coypel und de Troy, die Altarbildmaler Juvenet,
de la Fosse und Le Moyne. Dann aber tritt bei den Malern der
besseren Gesellschaft, den Porträtisten Rigaud und Largilliere, ferner
bei Watteau u. a. der vlämische Einfluß hervor. Da sie das 17. mit
dem 19. Jahrhundert verbinden, will ich später (Bd. III) von ihnen reden.
2g. Die individuelle Vielfältigkeit der Schulen
und Künstler im deutschen Rokoko.
Frankreich gebührt der Ruhm, für das, was dem romanischen Barock
als endliches Ideal vorschwebte, für die Verschmelzung der drei Künste,
der Architektur, Plastik und Malerei, die edelste Fassung, die klassische
Formel gefunden zu haben. Was Italien mit der ganzen leidenschaft-