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Koch, Alexander [Hrsg.]; Fuchs, Georg [Hrsg.]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0298

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V. Rudolf Bosselt

ei allen beschreibenden und be-
urteilenden Artikeln, welche die
deutsche Zeitungs-Presse über die
hiesige Künstler - Kolonie ver-
öffentlichte, war eine Erscheinung
typisch. Die Haupt-Aufmerksamkeit war
den Persönlichkeiten der »Sieben« geschenkt,
welche sich hauptsächlichst mit der Woh-
nungs- Architektur befasst hatten; Behrens,
Olbrich und P. Huber standen vor allem im
Vordergrunde. Rudolf Bosselt's feine Kunst
ward meistens nur als »vorhanden« kurz
erwähnt. Dieser Umstand, der den Künstler
angesichts des zu Tage tretenden Unver-
ständnisses eines gewissen Teiles der Tages-
Presse gar nicht besonders kränkte, ist im
Grunde verständlich, wenn man bedenkt,
dass der Schwerpunkt der ganzen Ver-
anstaltung hauptsächlich in dem architek-
tonischen Teile der Ausstellung ruhte, und
dass eine Kunst - Gattung wie die Bosselt'-
sche mit diesem nur in einem mittelbaren
Zusammenhange stand. Es kam noch hinzu,
dass die Kollektion der künstlerischen Er-
zeugnisse Bosselt's ihren Standort nicht sehr
an der Heer-Strasse des Ausstellungs-Gebietes
hatte, sodass ihnen nur zu leicht nicht die
gebührende Achtung gezollt werden konnte.

37

An uns ist es jetzt, dieses Versäumnis
der Organe der Öffentlichkeit nachzuholen,
und wir thun dies mit um so grösserer
Wärme, als die Schöpfungen Bosselt's als
Kunst-Werke an und für sich betrachtet,
sehr bedeutungsvoll sind für die Neu-Ent-
wickelung eines wichtigen Kunstzweiges.

Bosselt ist Bildner, doch, im Gegensatz
zu seinem Genossen Ludwig Habich, ist sein
Gebiet das der Klein-Plastik; sein Material
ist das Metall: Kupfer, Bronce oder noch
edlere Stoffe, wie Silber und Gold. Er er-
zeugt Plaketten, Medaillen, Prunk-Gefässe
aller Arten und Schmucksachen in den
mannigfachsten Formen. Er bewegt sich also
auf jenem eigenartigen Schaffens-Felde, das
streng genommen weder zur sogenannten
hohen Kunst noch zur eigentlichen Nutz-
Kunst zu zählen ist, sondern wie eine Art
neutraler Boden zwischen diesen beiden Ge-
bieten liegt. Dass er gegebenen Falles er-
folgreich den Boden der eigentlichen Plastik
betreten, in voller Körperlichkeit und grösseren
Dimensionen schaffen kann, beweisen die
beiden Bronce-Figuren über dem Eingangs-
Thore des Ernst-Ludwigs-Hauses und die in
Holz geschnitzte Erker-Partie mit figürlichen
Darstellungen des »kleinen Hauses Gluckert«.
 
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